Entertainerin Gayle Tufts bringt den Broadway nach Bremen

Auf einer Bühne stehen als Kellner verkleidete Schauspieler um eine elegant gekleidete Frau herum

Diese deutschamerikanische Entertainerin spielt im Theater Bremen

Bild: Theater Bremen/ Jörg Landsberg

Im Theater Bremen läuft ab heute das Broadway-Musical "Hello Dolly". Für die Hauptrolle steht die Entertainerin Gayle Tufts auf der Bühne.

Schwarze und weiße Schuhe auf der Bühne – so beginnt das Bühnenbild von "Hello Dolly". Schlagartig fängt die Musik im Hintergrund an und zwei Schuhpaare fangen an, sich wie von Geisterhand zu bewegen. Nähern sich an, stoßen sich ab und tanzen ein paar Schritte zusammen. Bis plötzlich von den Seiten kreischende und feiernde Hochzeitspaare hereinströmen und stimmungsvoll die hereintretende Dolly (Gayle Tufts) besingen: "Geh zu Dolly!" Denn schnell wird klar: Sie alle haben durch Dolly den passenden Partner finden können.

Die Liebe? Für Dolly nur ein Geschäft. Seit dem Tod ihres Mannes werden die großen Gefühle bei der Ehe für sie zur Nebensache. Dafür ist sie stadtbekannt, auch hoffnungslose Fälle unter die Haube zu bringen. Doch natürlich laufen die Vermittlungen dann doch nicht ganz so wie erwartet.

Geschichte basiert auf Broadway-Musical

Die Geschichte des Broadway-Musicals "Hello Dolly" ist einigen bekannt – auch wegen der berühmten Verfilmung mit Barbra Streisand von 1969. Eigentlich spielt die Handlung im Jahr 1890, in dem die Heiratsvermittlerin Dolly Levi dem reichen Klienten Horace Vandergelder die ebenfalls verwitwete Hutmacherin Irene Molley vermitteln will. Dolly möchte allerdings den griesgrämigen aber vermögenden Mann auch gerne für sich selbst haben und schmiedet einen Plan.

In diese Fußstapfen tritt nun die Entertainerin Gayle Tufts, auch, wenn sie es selbst nicht so bezeichnen würde. Ebenso wenig sieht sie Konkurrenz bei anderen inspirierenden Dolly-Darstellerinnen: "Ich sehe uns weniger im Vergleich, viel mehr als eingeschworene Dolly-Sisterhood-Gang."

Die Wahl-Berlinerin ist seit den 1980ern in Deutschland und ist hier vor allem durch ihre Auftritte im Quatsch Comedy Club und verschiedene Bühnenshows bekannt, mit denen sie durch das Land tourte. Außerdem hat sie fünf Bücher geschrieben und ist immer wieder als Moderatorin auf diversen Events zu sehen.

Für Gayle Tufts war "Hello Dolly" wegweisend

Das Stück verlange der Entertainerin allerdings auch einiges ab. "Die Rolle ist ein Marathon", berichtet Tufts, "unter Musical-Aspekten sogar ein Ironman." Schließlich sei die geschäftstüchtige Heiratsvermittlerin bei fast jeder Szene auf der Bühne und würde die ersten 20 Minuten sogar ununterbrochen reden, singen und tanzen.

Keine leichte Aufgabe, auch wenn die gebürtige Amerikanerin bereits einiges an Theatererfahrung vorweisen kann. Die Idee kam dennoch von ihr: Vor zweieinhalb Jahren habe der Regisseur Frank Hilbrich sie für eine Operetten-Inszenierung in Graz angefragt. Diese fand zwar wegen Corona nicht statt, der Kontakt blieb aber bestehen. Frank Hilbrich, der nun als neuer Hausregisseur beim Theater Bremen engagiert wurde, hat dann nach einigen Gesprächen mit Tufts "Hello Dolly" auf den Spielplan gesetzt.

Story wird mit Selbstironie ins Heute übertragen

Gayle Tufts ist seit langem Fan des komödiantischen Musicals. Und es war ein wichtiger Wegweiser in ihrer Karriere. Schon mit 16 hatte sie die Dolly in ihrer High School gespielt: "Die ganze Schule war involviert, inklusive Football-Team – mehr als 250 Darstellende. Ich wurde zur besten Darstellerin in Massachusetts und dann sogar in Neuengland gewählt. So bekam ich mein Voll-Stipendium für die Uni in New York– die sich meine Eltern sonst nie hätten leisten können," erzählt die Entertainerin. Nun, mit 62 Jahren, wagt sie es also erneut.

Ganz losgelöst von Gayle Tufts wird die Rolle der Dolly übrigens nicht. So bietet sie Paaren auf der Bühne mit einem verschmitzten Blick "Denglisch"-Kurse an und singt auch konsequent in einer Mischung aus Englisch und Deutsch. "What most Americans speak for the erste zehn bis fünfzehn Jahre that we wohn here in Deutschland", wie es die Comedian bereits in den 90ern im Quatsch Comedy Club verkündete und seitdem zu ihrem Markenzeichen machte. Auch die restliche Story wird hier und da mit einer Portion Selbstironie in die moderne Zeit übertragen.

Hoffnung in der Dauerkrise – und Ohrwürmer

Auf der Bühne sieht man inzwischen die Bremer Philharmoniker – auf einem Podest im Hintergrund. Auch sie sind bei der Inszenierung mit dabei und liefern die stimmungsvolle Musik. Davor die singenden Darstellerinnen und Darsteller, die sich an den Ehen freuen, die Dolly ihnen ermöglicht hat.

Was uns Dolly geben kann? Ein bisschen Aufmunterung vielleicht, in Zeiten der Dauerkrise. Ein bisschen Hoffnung im kalten Winter und jede Menge stimmungsvolle Ohrwürmer.

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Bild: Radio Bremen

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Autorin

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 21. Oktober 2022, 18:05 Uhr