Interview

Wo lauern die Gefahren im Watt? Ein Wattführer klärt auf

Zwei Mädchen sind Barfuß im Wattenmeer unterwegs und genießen das Wetter.
Wer Wattwandern geht, sollte sich vorher über das Wetter und die Tide informieren (Archiv). Bild: dpa | Lars Klemmer

Immer wieder müssen Menschen aus dem Watt gerettet werden, weil sie die Gefahren falsch einschätzen. Worauf muss man also achten? Wattführer Georg Wölk verrät es.

Im Urlaub durch das Watt zu spazieren gehört wohl zum Standardprogramm für alle, die an die Nordsee reisen. Doch das Watt birgt auch Gefahren: Immer wieder wird über Menschen berichtet, die in Seenot gerettet werden müssen, weil sie zum Beispiel die Tide unterschätzt haben. Wattführer Georg Wölk erklärt, was Urlauberinnen und Urlauber vor einer Wanderung wissen und bedenken sollten.

Herr Wölk, immer wieder müssen Menschen aus dem Watt gerettet werden. Ist das Watt ein gefährlicher Ort?

In dem Sinne ist es kein gefährlicher Ort, wenn man bestimmte Sachen berücksichtigt: Man sollte sich über das Wetter informieren, vor allem auch darüber wie das Wetter in den kommenden Stunden wird. Ganz wichtig ist die Frage: Wie ist die Tide? Ist das Wasser ablaufend oder auflaufend und an welchem Zeitpunkt der Tide befindet man sich gerade?

Und man sollte sich auch richtig für das Wetter kleiden: Besonders eine Kaltfront kann schnell gefährlich werden, wenn man zum Beispiel nur im Badeanzug oder der Badehose unterwegs ist. Es kann schnell passieren, dass man friert und sich auspowert. Auch das kann gefährlich werden.

Was wäre denn eine angemessene Kleidung und Vorbereitung im Watt?

Wer raus in Watt geht, sollte sich auf jeden Fall gut eincremen und dabei auch hohen Sonnenschutzfaktor benutzen.

Viele gehen ins Watt, genießen den kühlen Wind – und in Wirklichkeit verbrennt man gerade.

Georg Wölk, Wattführer an der Wurster Nordseeküste

Am besten nimmt man immer ein T-Shirt mit ins Watt, für den Fall dass es zu sonnig oder doch zu kühl wird. Im Frühjahr oder Herbst, wo es vielleicht am Strand noch um die 20 Grad ist, kann es im Watt bei Wind schon deutlich kälter sein. Die gefühlte Temperatur ist nämlich immer niedriger, je stärker der Wind weht.

Welche Gefahren lauern noch im Watt?

Es gibt Stellen im Schlick, die weicher sind als andere. In der vergangenen Zeit sind einige Menschen auch in diesen Schlicklöchern eingesackt. Man sollte also wissen, wie das Watt in welcher Region beschaffen ist. Bei Schlickwatt kann man sehr stark, teilweise bis zum Knie oder in die Hüfte, einsacken und muss sich erstmal befreien.

Und wie erkennt man das Schlickwatt?

Als Wattführer hat man da einen Blick für: Man sieht, ob das Watt trocken ist, oder ob da zum Beispiel viel Wasser drauf steht. Wenn das Watt feuchter aussieht und die Oberfläche glänzt, handelt es sich wahrscheinlich nicht um Sandwatt, auf dem man gehen kann, sondern um Schlickwatt oder Mischwatt.

Falls man doch einmal im Schlickwatt einsacken sollte, heißt es: Ruhe bewahren! Die meisten versuchen sich nach vorne zu lehnen und raus zu kommen. Das ist aber der falsche Weg. Wer eingesunken ist, sollten sich auf den Rücken lehnen und versuchen, die Beine hoch zu bekommen. Wenn man dann frei ist, kann man sich vorsichtig aus dem Schlickwatt herausrobben.

Es kommen ja auch viele Tagesbesucher zu Gast, die unsicher sind, wie weit sie vielleicht ins Watt gehen können. Was würden Sie da raten?

Wichtig ist: Man sollte nie so weit gehen, dass man das Land nicht mehr sehen kann. Wichtig könnte aber auch die Info sein: Wie hoch ist das Watt an den Stellen, die ich betrete? Und gibt es hinter mir noch tiefere Stellen wie Priele, die als erstes geflutet werden.

Wenn man weiter und länger ins Watt geht, sollte man sich auf Wattführer verlassen. Wir bieten zum Beispiel Wanderungen an, die teilweise bis zu vier Stunden dauern. Es ist ein großer Fehler, wenn man denkt: Nach Neuwerk sind es nur 10 Kilometer, ich gehe da mal alleine rüber. Das sollte man wirklich nur mit einem Wattführer machen.

Es kann immer passieren, dass man gerade unterwegs ist – und urplötzlich kommt der Seenebel auf. Das kann ganz mies werden, wenn man nicht mehr weiß, in welche Richtung man geht.

Georg Wölk, Wattführer an der Wurster Nordseeküste

Wann sollten Urlauber besser nicht ins Watt gehen?

Man sollte auf keinen Fall ins Watt, wenn Gewitter, Sturm oder sonst eine wetterbedingte Gefahr vorhergesagt wird. Auch wir Wattführer schauen vor jeder Wanderung immer, wie das Wetter und die Vorhersage ist und was die Tide macht.

Wenn man im Watt ist und plötzlich direkt über einem ein Gewitter aufzieht, sollte man die Nerven bewahren und sich da, wo man ist, möglichst klein machen und abwarten, bis das Gewitter weiter zieht. Wenn die Tide dann auch noch aufläuft, kann das natürlich richtig brenzlig werden. In so einer Situation müsste man dann wirklich abwägen, wie man sich am besten rettet.

Und was, wenn man im Watt ist und plötzlich einen großen Priel hinter sich hat, der in der Flut mit Wasser vollläuft?

Das Watt ist natürlich ein richtig guter Ort, um dem Alltag zu entfliehen und die Gedanken schweifen zu lassen. Aber wenn dann plötzlich die Flut kommt und man vom Wasser eingekesselt wird, ist das wirklich eine ganz miese Situation. Deshalb sollte man sich wirklich vorher schlau machen und schauen: Wie ist das mit der Tide? Alleine sollten Wattwanderer keine größeren Priele durchqueren. Wenn man nicht kundig ist, sollte man das wirklich sein lassen!

Autor