Fragen & Antworten

5 Jahre nach Volksentscheid: Was wird aus der Bremer Galopprennbahn?

Gelände und angrenzende Wohnhäuser der ehemaligen Galopprennbahn in Bremen.

5 Jahre nach Volksentscheid: Was wird aus der Bremer Galopprennbahn?

Bild: Radio Bremen | Mario Neumann

Bei der Bürgerschaftswahl 2019 konnten die Menschen abstimmen, ob die Bremer Galopprennbahn bebaut werden soll. 56 Prozent waren dagegen. Was tut sich seitdem dort?

Worum ging es in dem Volksentscheid noch?

Abgestimmt wurde mit Ja oder Nein und zwar über den Gesetzentwurf der Bürgerinitiative. Ziel dieses Gesetzentwurfs war unter anderem, "Bremer Bürgerinnen und Bürger vor gesundheitlichen Einschränkungen zu schützen", die durch die Bebauung des Rennbahngeländes bewirkt werden können. Das bedeutet: Wer mit "Ja" stimmt, lehnt die Bebauung ab.

Und um den Willen zu bekunden, dass die geplanten Wohnungen bitte gebaut werden sollen, war ein "Nein" nötig. Das wurde vorher auch in sämtlichen Medien berichtet. Allerdings waren dann viele überrascht, dass sich die knappe Mehrheit der Beteiligten, nämlich 56 Prozent, durch ihr "Ja" zum Ortsgesetzentwurf  der Bebauung ein "Nein" verpasst haben.

Das war eine heftige Klatsche für den damals rot-grün geführten Bremer Senat, die von vielen Menschen bedauert wurde und es bleibt bis heute die Frage, ob die Abstimmung eventuell von etlichen Menschen falsch verstanden worden sein könnte.

Was waren die Bebauungspläne für die Galopprennbahn?

Da ist schon viel Gerungen und Verhandelt worden, sagt Jens Dennhardt. Er ist für die SPD im Beirat Hemelingen und aktuell Sprecher des Regionalausschusses zum ehemaligen Galopprennbahngelände:  
"Ich war damals sehr stolz auf das, was die Beiräte damals auch schon in Kooperation mit dem Rathaus und der zuständigen Behörde ausgehandelt hatten, wie die Planungen ursprünglich aussehen sollten. Da sollte keineswegs eine zu verdichtete Bebauung stattfinden oder so, sondern da war auch ganz viel Naherholung und Grün vorgesehen."

Dennhardt sagt, die ursprünglich angedachte Bebauung erinnere ihn an die Gartenstadt Vahr. Da sind die meisten Gebäude dreigeschossig. Die Hälfte der Fläche wäre ein Park geworden. Auch Hemelingens Ortsamtsleiter Jörn Hermening sagt, 1.000 Wohnungen würden sicher maßgeblich dabei helfen, das Bremer Wohnungsmarktproblem zu lösen.

Das ist aber nicht möglich, weil es eben jetzt dieses Ortsgesetz gibt, dass dort nicht gebaut werden darf – und es ist auch politischer Wille aller Parteien, dass der Volksentscheid respektiert wird, sagt Ortsamtsleiter Hermening.

Was für Vorhaben gab es bis jetzt auf der Galopprennbahn und was ist draus geworden?

Aktuell gibt es rund zehn Zwischennutzungsprojekte, die größtenteils auch langfristig dort beheimatet sein sollen. Darunter die Draußen-Schule der Oberschule Sebaldsbrück, eine Fahrrad-Cross-Strecke, auf der es kürzlich auch ein Event mit namhaften Größen aus dem Radsport gab, und einen Bereich, in dem Bogenschießen möglich ist.

Welche Pläne gibt es für die Zukunft?

Es gab einen Wettbewerb dazu, wie die Fläche für Erholung, Freizeit Sport und Kultur – wie es im Ortsgesetz heißt – gestaltet werden könnte. Daraus ist im Juni 2022 ein Sieger hervorgegangen, aber ein entsprechender Bebauungsplan steht noch aus.

Ein erster Weg quer über das Gelände ist allerdings schon fertig. Auf weitere Anfragen des Ortsamts an die entsprechenden Ressorts gab es allerdings ernüchternde Antworten – es fehlt das Geld, die Pläne umzusetzen. Zumindest im Haushalt 24/25.

Wie kann es sein, dass so eine große Fläche mitten in der Stadt einfach brach liegt?

Tut sie ja nicht, sagen Daniel Schnier und Julian Essig von der Zwischenzeitzentrale, die sich um eine sinnvolle Nutzung der Fläche kümmert. Rettungshundestaffeln, Robotertests, Pferdesportveranstaltungen. Die Galopprennbahn ist das Tempelhofer Feld Bremen, ist Schnier überzeugt.

Auch wenn es herausfordernd ist, 30 Hektar zu bewirtschaften, sagt Julian Essig von der Bremer Zwischenzeitzentrale: Aus seiner Sicht muss niemand warten, bis ein Hebel umgelegt, ein Band durchschnitten oder ein Weg neu angelegt wurde. Auch aktuell können noch Anträge auf eine Zwischennutzung der Galopprennbahn gestellt werden – und zwar hier.

Wie soll die Galopprennbahn in fünf Jahren aussehen?

Modern, gepflegt, mit neuen Gebäuden für Kultur und Sport, mit Wegen, Wasser und Sinnesgarten – ohne Platz zum Golf spielen und ohne der Möglichkeit, dort Pferderennen zu veranstalten, so zumindest geht es aus dem Siegerentwurf des Architekturbüros West8 hervor.

Fünf Jahre nach dem Volksentscheid kristallisiert sich folgendes Dilemma heraus: Weder der Bremer Senat, noch die Bürgerinitiative haben ihr Ziel erreicht. Der Senat kann dort keine 1.000 Wohnungen bauen. Es sei denn, das Ortsgesetz würde beispielsweise durch eine Bürgerschaftsentscheidung mit notwendigen Mehrheitsverhältnissen entsprechend geändert oder eine andere Bürgerinitiative pro Wohnbebauung würde einen zweiten Volksentscheid zur Galopprennbahn herbeiführen und für sich entschieden bekommen. Beides nur theoretische Optionen.

Die Bürgerinitiative gegen die Bebauung hat trotz ihres Erfolgs vor fünf Jahren die Fläche nach aktuellem Stand nicht auch für Pferderennsport erhalten können. Denn durch den im Juni 2023 eröffneten Weg ist die Bahn nicht mehr nutzbar. Andreas Sponbiel sagt dazu auf Nachfrage von buten un binnen: "Die Querung der ehemaligen Bahn könnte immer noch so gestaltet werden, dass keine Sportart für eine künftige Nutzung ausgeschlossen wird. Außerdem sind wir sehr gespannt auf den Bebauungsplan für die Freizeitfläche. Unser Kampf ist noch nicht zu Ende."

Ab durch den Matsch: Radcross-Wettkampf auf der Bremer Galopprennbahn

Bild: Radio Bremen

Autor

  • Zu sehen ist ein Porträtfoto von Mario Neumann. Blaue Augen, relativ kurze, dunkelblonde Haare. Er hat die Arme verschränkt und lächelt.
    Mario Neumann Autor

Quelle: buten un binnen.

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Nachmittag, 26. Mai 2024, 15:38 Uhr