Polizei Bremen warnt vor Europol-Betrugsmasche – so läuft sie ab

Auch in Bremen nutzen Kriminelle diese Masche immer häufiger: Anrufer geben sich als Europol-Ermittler aus. Sie wollen ihre Opfer zu Überweisungen bewegen – der Schaden ist hoch.

Er habe sich nichts Böses gedacht, als er den Anruf von einem Apparat mit Bonner Vorwahl (0228) am 13. Juni entgegen genommen habe, sagt Martin (Name von der Redaktion geändert). "Es ertönte eine computerbasierte Stimme und sagte etwas wichtig Erscheinendes, ich meine: "Europol", sagt der 34-jährige Student aus Oldenburg. Zur Erklärung: Europol ist das Europäische Polizeiamt und hilft bei der Bekämpfung schwerer, internationaler Kriminalität. Die Stimme am Telefon habe ihn nun aufgefordert, für weitere Infos die Eins zu drücken, blickt Martin zurück.

Er folgt der Aufforderung des Anrufers. Ein Mann mit Akzent stellt sich auf Englisch vor. Er rufe vom Federal Police Department aus an, das in Verbindung zu Europol stehe. Gegen ihn, Martin, werde ermittelt, behauptet der Mann. Daher müsse er seine Identität überprüfen. Martin nennt dem Anrufer seinen vollständigen Namen, sein Geburtsdatum, seine Anschrift und die Personalausweis-Nummer. Jetzt erst gibt sich der vermeintliche Ermittler zufrieden und erklärt Martin, worum es angeblich geht.

Verdacht der Geldwäsche und des Drogenhandels

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Er, Martin, zumindest aber jemand, der sich für ihn ausgegeben habe, habe zwei Wohnungen in Berlin gemietet, in denen Drogen gefunden worden seien: 22 Kilo Kokain. Auch hätten Ermittler mehrere Bankkonten mit zusammen 200.000 Euro entdeckt, die ebenfalls auf ihn, Martin, liefen. Von diesen Konten aus seien Überweisungen nach Kolumbien und Mexiko getätigt worden. Er, Martin, werde nun des Drogenhandels und der Geldwäsche beschuldigt.

"Mein Stresslevel stieg. Aber ich war mir keiner Schuld bewusst und blieb deswegen ruhig", erinnert sich Martin an das Gespräch, in dessen weiteren Verlauf ihn der Anrufer mit einer Adresse in Berlin und mit einigen Banken konfrontierte, vorgeblich um zu klären, ob Martin die Adresse kenne und ob er bei einer der Banken einen Account habe. Schließlich nennt der Anrufer eine Bank, bei der Martin tatsächlich ein Konto hat. Martin verrät ihm, wie viel Geld auf dem Konto liegt und wir groß sein Kreditrahmen ist. Der vermeintlichen Ermittler der sich schließlich Steven Brown nennt, kündigt Martin einen zweiten Anruf an, den eines "Kollegen von Europol".

Anruf aus "Den Haag"

Europol-Gebäude in Den Haag
Zwar sitzt Europol tatsächlich in diese Gebäude in Den Haag. Dass sie von hier aus anrufen, täuschen Betrüger jedoch nur vor. Bild: dpa | Peter Dejong

Martin erhält diesen zweiten Anruf der Anzeige seines Telefons zufolge aus Den Haag. Ein Jonas Irgendwas meldet sich, angeblich aus dem Hauptquartier Europols. Den Nachnamen kann Martin nicht genau verstehen. Trotzdem identifiziert er sich gegenüber dem Anrufer mit einer Case-ID, die ihm "Steven Brown" zuvor genannt hatte. Jonas erklärt Martin, was angeblich geschehen sei: Seine Daten seien offenbar missbraucht worden. Die Anschuldigungen des Drogenhandels und der Geldwäsche aber stünden weiter im Raum. Daher werde "die Regierung" morgen seine, Martins Bankkonten stilllegen. Glücklicherweise aber könne er "helfen", "das Geld in Sicherheit bringen", frohlockt Jonas. Er schlägt Martin vor, dass dieser sein Geld hierzu in einer Blitzaktion auf ein anderes Konto überweisen möge.

"Das hat mich sehr stutzig gemacht", erinnert sich Martin. Doch der Anrufer zeigt sich verständnisvoll, schlägt Martin vor, seine Telefonnummer über Google zu überprüfen. Tatsächlich erweist sich die Nummer des Anrufers als "echte" Europol-Nummer. Auch findet Martin einen JonasIrgendwas auf einer Europol-Seite. Erst später begreift er, dass die Trickbetrüger einfach authentische Daten abgekupfert hatten.

Thailändische Wärung verstärkt schlechtes Bauchgefühl

Jonas fordert Martin dazu auf, die Fernwartungssoftware "Anydesk" auf sein Handy herunter zu laden. Martin folgt der Aufforderung, teilt Jonas zudem einen Code mit, der es dem falschen Europol-Ermittler gestattet, aus der Ferne auf sein Handy zuzugreifen. Jetzt fordert Jonas Martin auch noch dazu auf, die App des Online-Geldtransfer-Services "Wise" zu installieren. Auch das macht Martin mit. Sogar, als Jonas Martin dazu auffordert, Geld von seinem Konto auf ein anderes zu überweisen, ist Martin zunächst noch dabei.

Erst, als Jonas Martin auffordert, das Geld in Thailändischen Baht an einen Empfänger mit osteuropäischem Namen zu überweisen, setzt sich das ungute Bauchgefühl bei Martin durch. Hinzu kommt, dass er parallel, während des Gesprächs mit Jonas immer mehr im Internet über die Europol-Betrugsmasche herausgefunden hat. Im letzten Moment, unter den Fluchen seines Anrufs, beendet Martin das Gespräch und legt auf. Er ist noch einmal davon gekommen.

Das rät die Polizei

Im Gespräch mit buten un binnen betont Martin, wie "täuschend echt" ihm die Anrufer erschienen seien. Gerade dass die Telefonnummern, die er auf seinem Display gesehen habe, "echt" gewesen seien, habe ihn fast dazu bewogen, den Betrügern Geld zu überweisen. Die Polizei Bremen weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Täter bei ihren Anrufen ein spezielles technisches Verfahren nutzten, wodurch ihre Opfer eine tatsächliche Telefonnummer von Europol, Interpol oder der Polizei zu sehen bekämen. Dabei säßen die Anrufer in Wahrheit an einem ganz anderen Ort, meist im Ausland.

Wichtig ist der Polizei Bremen der Hinweis, dass die Polizei niemals irgendwen telefonisch darum bitten werde, Geld zu überweisen. Gleiches gelte für das Bundeskriminalamt, Europol oder Interpol. "Nach derzeitigem Stand ist bei der alleinigen Annahme des Telefonates kein Schaden zu befürchten", stellt ein Sprecher allerdings auch klar. Man solle jedoch im Falle eins Anrufs auf keinen Fall persönliche Daten preisgeben.

Wer sich im Eifer des Gefechts doch dazu habe hinreißen lassen, aufgrund des Anrufs Geld zu überweisen oder persönliche Daten heraus zu geben, solle Anzeige erstatten, rät die Polizei.

Wie der Kriminaldauerdienst in Bremen Verbrechen auf den Grund geht

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 2. Juli 2022, 11 Uhr