Interview

Bremer Mediziner erklärt: Das bringt Eisbaden für die Gesundheit

Männer im kalten Wasser des Stadtwaldsees
Jährlich findet Anfang Januar das Eisbaden am Unisee statt.

Diese Bremerinnen und Bremer baden bei Eiseskälte im Werdersee

Bild: Radio Bremen | Britta Pia Lumma

Bei eiskalten Temperaturen ins Wasser steigen? Bremerinnen und Bremer hatten in den vergangenen Tagen mehr als genug Gelegenheit dazu. Gute Gründe dafür gibt es.

Dass es in Bremen, Bremerhaven und dem Umland einige gute Stellen zum Baden im Freien gibt, ist wohl unbestritten – die meisten Menschen in der Region haben sich diese aber wohl für warme Sommertage abgespeichert. Allerdings gibt es auch bei uns in der Region Fans des sogenannten Eis- oder Winterbadens, die auch bei Temperaturen um 0 Grad ins Wasser steigen: Zum Beispiel geht eine feste Gruppe eines Bremer Fitnessstudios einmal in der Woche in den Werdersee, und auch bei den Triathlöwen Bremen gibt es Eisbader.

Ob das Ganze medizinisch sinnvoll ist, weiß Frank Wösten. Er ist Leiter der Zentralen Notaufnahme im Klinikum Bremen-Nord.

Herr Wösten, sind Sie jemand, der bei eiskaltem Wetter auch ins Wasser steigt?

Ins Wasser nicht, aber ich dusche gerne Wechselduschen: also kalt und warm im Wechsel. Das mach ich schon länger. Eisbaden habe ich einmal gemacht: Neujahr vor einem Jahr, ich glaube es war auf Baltrum, da sind wir Neujahr langsam ins Wasser gegangen. Kann ich nur empfehlen.

Dr. Frank Wösten, Leiter der Zentralen Notaufnahme am Klinikum Bremen-Nord.
Frank Wösten leitet die Notaufnahme am Klinikum Bremen-Nord – und war auch schon einmal Eisbaden. Bild: Gesundheit Nord

Wenn Sie es empfehlen können, dann hat das wahrscheinlich auch einen Sinn. Wie ist Ihre medizinische Sicht aufs Eisbaden?

Also erstens: Das macht wach. Das ist an so einem Neujahrstag gar nicht mal so schlecht gewesen. Zweitens hat es gesundheitliche Aspekte: Eisbaden erzeugt einen, ich nenne es mal, künstlichen Schock. In dem Moment, in dem ich langsam in kaltes Wasser gehe und das nicht zu lange dauert, konzentriert sich der Körper darauf, dass die wichtigen Organe primär durchblutet werden: der Körperstamm, wo unser Herz, unsere Leber, unser Darm, unsere Lunge und alle anderen lebenswichtigen Organe. Die Haut, die Peripherie – etwa Arme und Beine – werden minder durchblutet. Der Körper konzentriert sich darauf, dass er das Körperinnere warmhält. Das sollte man aber nur kurz machen, denn danach kommt ja erst das gute Gefühl: dass nämlich aus diesem Schock, den man selber nach spätestens zwei, drei Minuten wieder durchbricht, die gesamte Peripherie wieder durchblutet wird. Das sorgt für eine deutlich bessere Durchblutung der Beine und Arme und gleichzeitig eine gute Durchblutung des Körperkerns. Dadurch wird so ein künstlicher Schock wieder aufgelöst und man trainiert die gesamte Durchblutung im Körper.

Und einen mentalen Effekt hat es auch?

Ja natürlich. Beispiel Wechselduschen: Wenn ich morgens aus dem Bett steige und dann in die Dusche gehe, dann ist es natürlich nicht im Sinne des Menschen, sich einer Stresssituation auszusetzen. Das mache ich aber bewusst, weil mir das gut tut im Anschluss. Wenn ich diese Überwindung geschafft hab, sage ich danach: Wow, cool, dass du es gemacht hast. Genauso ist es ja beim Eisbaden.

Das ist ja wie im richtigen Leben: Ich habe eine Aufgabe, die ich gemeistert habe, und danach geht es meistens besser.

Frank Wösten, Leiter der Zentralen Notaufnahme am Klinikum Bremen-Nord

Wie bereitet man sich denn am besten auf Eisbaden vor? Sie haben ja gesagt, dass es eine Schocksituation ist, die sollte einen vielleicht dann aber auch nicht zu unvermittelt treffen.

Richtig. Medizinisch ist es immer wichtig, dass es nicht Leute machen oder Menschen machen, die Gefäß- oder Herzkrankheiten vorher haben – beziehungsweise dann nur nach Rücksprache mit dem jeweiligen Hausarzt. Für die, die eigentlich gesund sind, spricht da meines Erachtens nichts gegen. Aber wenn man da Zweifel hat, sollte man auf jeden Fall vorher seinen Hausarzt fragen, der weiß das am besten.

Das heißt wahrscheinlich aber: Trotzdem erst mal in kleinen Dosen damit anfangen und dann langsam steigern?

Genau. Wie immer im Leben sich darauf vorbereiten. Also nicht reinspringen oder irgendwelche Aktionen machen, sondern wirklich langsam den Körper dran gewöhnen, dass es kälter wird. Das macht man, indem man die Arme erstmal ins kalte Wasser bringt und dann langsam seinen Körper mit dem kalten Wasser einreibt. Und dann langsam, also wirklich bewusst langsam, sich diesem Kältereiz aussetzt.

Gibt es denn irgendwelche Unterschiede zwischen Eisbaden, Wechselduschen oder noch anderen Methoden – oder hat letztendlich alles denselben Effekt?

Das hat eigentlich alles denselben Effekt. Natürlich habe ich beim Wechselduschen aber die unmittelbare Möglichkeit, von kalt auf warm umzustellen. Das ist ja eher eine Willensleistung, dass ich es kalt lasse. Die Möglichkeit habe ich beim Eisbaden natürlich nicht – es ist ja selten so, dass beim Eisbaden direkt nebenan eine warme Dusche ist. Da kommt erstmal die Phase, dass ich mich abtrockne und dann wieder langsam aufwärme. Also die Steigerungen wäre: Kalt-Warm-Duschen, sich kalt abduschen und sich dann erst dem Eisbaden zu stellen. Das wäre für mich eine optimale Vorbereitung.

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, 26. Dezember 2023, 10:40 Uhr