"Kein Freund von Stillstand": Intendant verlässt Bremer Philharmoniker

Bremer Philharmoniker verabschieden ihren Intendanten nach 20 Jahren

Bild: Radio Bremen

20 Jahre war Christian Kötter-Lixfeld Intendant der Bremer Philharmoniker. Jetzt sagt er "tschüß" und wechselt nach Herford. Wird sich nach ihm auch das Orchester verändern?

Zuletzt hat Christian Kötter-Lixfeld erfolgreich den Standortwechsel der Bremer Philharmoniker ins Tabakquartier gemanagt. Nun verlässt der Volljurist und Kulturmanager die Stadt, um in Herford zum 1. November neue Aufgaben zu übernehmen – nach zwei Jahrzehnten der Intendanz und Geschäftsführung in Bremen.

"Überleg' dir das gut", haben viele gute Freunde damals gesagt, als er nach Bremen gegangen ist. Aber Christian Kötter-Lixfeld hat es sich in seinem beruflichen Leben nie leichtgemacht. Er hat nach oben gegriffen und sich einiges zugetraut, als er vor 20 Jahren den Intendantenposten der Bremer Philharmoniker übernahm, wo er den Wandel vom Staatsorchester zur Orchester-GmbH mit privater Mehrheitsbeteiligung vollzog. "Risiken haben mich nie abgehalten. Wenn ich davon überzeugt war, ich kann zu diesem Prozess was beitragen und das wird gelingen, dann habe ich das gemacht".

Das ist eigentlich die Kernarbeit gewesen: Das Unerwartete managen!

Christian Kötter-Lixfeld über die Aufgabe eines Intendanten

Vier Jahre lang hatte der damals 34-Jährige schon Erfahrungen im Kulturmanagement der Kammerakademie in Neuss gesammelt. Als 2002 das Angebot aus Bremen kam, zögerte er nicht lange. Seine Frau spielte bereits als Solo-Flötistin in Oldenburg – beide zog es in den Norden. Heute führt Kötter-Lixfeld über 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und bei ihm laufen die Fäden zusammen: Finanzbuchhaltung, Personalverwaltung, Pressearbeit, Marketing, Technik, Disposition, Programmentwicklung, Künstlerbüro. Trotzdem: So richtig beschreiben kann er einen typischen Arbeitstag nicht. Oft muss er Dinge regeln, von denen er vorher nichts geahnt hatte. "Das ist eigentlich die Kernarbeit gewesen bei mir: Das Unerwartete managen."

Wir sind ein sehr emotionaler Betrieb. Das ist unsere DNA – nur so funktionieren wir.

Christian Kötter-Lixfeld über die Bremer Philharmoniker

Studiert hat Christian Kötter-Lixfeld, der selbst Cello spielt, Rechtswissenschaften in Düsseldorf und Hamm. "Die Musik gibt mir ganz viel", sagt er, aber durch seine juristische Ausbildung kann er Sachverhalte auch ganz nüchtern und abstrakt denken – losgelöst von Personen, Emotionen oder Ereignissen. Und dennoch lehrt ihn das Tagesgeschäft mit dem Orchester manchmal, dass er eine andere Lösung finden muss als das sachlich Offensichtliche: "Wir sind ein sehr emotionaler Betrieb. Das ist unsere DNA – nur so funktionieren wir. Die Emotionalität ist unser Tagesgeschäft. Das ist die Bühne. Wenn der Vorhang aufgeht, voll emotional zu sein, alles zu geben, alles aus sich herauszuholen. Und dazu gehört auch das Büro."

Zum Abschied ein neuer Konzertsaal

Die programmatische und inhaltliche Ausrichtung der Philharmoniker ist Kernarbeit und liebste Aufgabe zugleich: "Was wollen wir als Bremer Philharmoniker sagen? Das ist eigentlich eines der spannendsten Themen, die meine tägliche Arbeit prägen", blickt er zurück. Christian Kötter-Lixfeld hat den Umzug des Ensembles ins Tabakquartier nach Woltmershausen umgesetzt, wo ein eigener Proben- und Konzertsaal helfen soll, neue Formen der Präsentation von Musik auszuprobieren.

Ich gehöre schon eher in die Reptilien-Abteilung der deutschen Orchesterwelt.

Christian Kötter-Lixfeld über seine lange Amtszeit

Zum 1. November 2022 verlässt der 54-Jährige Bremen und wird Geschäftsführer der Kultur Herford GmbH. Gedanken an diesen Moment schiebt er im Moment noch ganz weit nach hinten. "Ich weiß noch nicht, wie ich mit diesem Thema Abschied umgehe. Ich merke allerdings, dass mich diese Zeit hier in Bremen schon sehr geprägt hat", sagt er. Zwanzig intensive Jahre hat er in der Hansestadt verbracht – eine lange Zeitspanne für einen Orchester-Intendanten. "Das ist sehr außergewöhnlich. Ich gehöre schon eher in die Reptilien-Abteilung der deutschen Orchesterwelt", schmunzelt er und sucht schon den Inventaraufkleber an seinem Revers. "Bremen wird immer eine Station für mich bleiben. Ich habe hier so viele Bekanntschaften, Freundschaften, Vorgänge, die mir ans Herz gewachsen sind – und mir liegt auch natürlich was daran, wie meine Nachfolge aussieht."

Gegenwärtig lässt sich hierüber allenfalls spekulieren. Kötter-Lixfeld erwartet für die Suche nach seinem Nachfolger oder seiner Nachfolgerin einen "nüchternen Prozess", wie er sagt. Es werde erst eine Ausschreibung geben. Dann werde sich eine Findungskommission bilden. Auch hält Kötter-Lixfeld für denkbar, dass die Aufgaben und Zuständigkeiten bei den Bremer Philharmonikern im Zuge der Intendanten-Suche neu verteilt werden. Es wäre wohl in seinem Sinne: "Ich bin kein Freund von Stillstand", sagt der scheidende Intendant.

Porträt von Christian Kötter-Lixfeld

"Ich gehöre schon in die Reptilien-Abteilung der Orchesterwelt" – Christian Kötter-Lixfeld

Bild: Capar Sessler

Autorinnen

  • Dr. Nicole Nelhiebel
    Nicole Nelhiebel Leiterin Musikredaktion
  • Maria Klindworth
    Maria Klindworth Assistentin

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Gesprächszeit, 7. September 2022, 18:05 Uhr