Alarm ohne Sirenen: Wie Bremen im Notfall die Menschen warnt

Handys piepen, Leuchtschilder flackern, Lautsprecher schlagen Alarm: Der heutige bundesweite Warntag soll die Leute auf Katastrophen vorbereiten – doch in Bremen ohne Sirenen.

Feuerwehrleute löschen einen Brand.
Bewährungsprobe: Auch die Bremer Feuerwehr informiert am Warntag über die sozialen Medien über den vermeintlichen Ernstfall. (Symbolbild) Bild: Radio Bremen | Sebastian Heidelberger

Wenn alles nach Plan läuft, geht es heute von 11 bis 11.20 Uhr Schlag auf Schlag. Zur Probe ertönen dann Warnmeldungen in den Radioprogrammen und flimmern gleichzeitig über die Bildschirme der Fernsehgeräte sowie auf digitalen Anzeige- und Werbetafeln im öffentlichen Raum. Auch Feuerwehren und Behörden unterrichten über soziale Netzwerke über die vermeintliche Katastrophe. Vor allem aber verbreitet die Notfall- Informations- und Nachrichten-App "NINA" Warnmeldungen. Möglichst alle Bürgerinnen und Bürger sollen auf diese Weise unverzüglich erfahren, was Sache ist. Und das bundesweit.

So hat es sich das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) überlegt. Unter dem Motto "Wir warnen Deutschland" wird es den Probealarm über das Modulare Warnsystem (MoWas) auslösen, und zwar von nun an an jedem zweiten Donnerstag eines jeden Septembers, ganz so, wie es die Bundesinnenministerkonferenz beschlossen hat. Doch während Köln, Düsseldorf oder Dresden sowie wenige weitere Großstädte hierzu auch auf heulende Zivilschutzsignale setzen, haben die meisten anderen Städte, darunter Bremen und Bremerhaven, ihre Sirenen längst abgeschafft.

"Nach Ende des Kalten Krieges schien die flächendeckende Alarmierung der Bevölkerung nicht mehr nötig", sagt Karen Stroink aus dem Innenressort dazu. Aus diesem Grund seien nach der Wiedervereinigung bundesweit die meisten Sirenen deinstalliert worden. Etwas anders sähe es allerdings im ländlichen Raum aus, teilweise auch im niedersächsischen Umland. Dort habe man örtlich an den Sirenen festgehalten, weil sie auch dazu dienten, die Freiwilligen Feuerwehren zu alarmieren.

"Sirenen transportieren nur ein Signal: Hallo, hier ist was"

Im Land Bremen dagegen haben die Feuerwehren die Sirenen des Landes schon vor 28 Jahren abgebaut. Ein Verlust, den Andreas Desczka, Sprecher der Feuerwehr Bremen, allerdings gut verschmerzen kann.

Mann mittleren Alters in Feuerwehr-Uniform telefoniert vor diversen Monitoren
Andreas Desczka in der Leitstelle der Feuerwehr Bremen. Dort laufen im Notfall die Fäden zusammen. Bild: Radio Bremen | Alexander Schnackenburg

"Die Sirenen transportierten nur ein Signal: Hallo, hier ist was". Um im Kriegsfall vor einem Luftangriff zu warnen, habe das ausgereicht. Um aber die Bürgerinnen und Bürger vor einer Flutkatastrophe zu warnen oder auch vor einem Chemieunfall, sei das Signal einer Sirene viel zu undifferenziert.

Es gelte in der zivilen Gefahrenabwehr, die Bevölkerung im Ernstfall nicht nur schnell, sondern auch genau zu alarmieren, damit idealerweise alle wüssten, wie sie sich zu verhalten hätten. Aus demselben Grund begrüßt Desczka, dass die Bevölkerung nun alljährlich durch den bundesweiten Warntag für Notsituationen sensibilisiert werde und beispielsweise lerne, die App "NINA" tatsächlich zu nutzen. Wie der Bund, so sieht auch Bremen in "NINA" das womöglich wichtigste Mittel zur Gefahrenkommunikation: "Es ist das schnellste Warnmittel", sagt Desczka dazu.

"Menschen müssen sich untereinander helfen"

Wobei sich das Land Bremen in Gefahrensituationen keinesfalls ausschließlich auf moderne digitale Kommunikationskanäle verlässt, wie Karen Stroink aus dem Innenressort erklärt. Sie verweist auf die in Bremen insbesondere durch Bombenentschärfungen bewährte Praxis, mit Lautsprecherwagen durch die zu evakuierenden Gebiete zu fahren und die Menschen dazu aufzufordern, ihre Gebäude zu verlassen, um sich an vorgegebenen Stellen einzufinden.

Wir werden nie flächendeckend alle Menschen erreichen können. Wir sind in jedem Fall darauf angewiesen, dass die Menschen sich untereinander helfen.

Karen Stroink, Innenressort

Stroink denkt dabei auch an ältere Bremerinnen und Bremer, die vielleicht kein Handy nutzen, und auf die etwa Nachbarn und Angehörige in Notsituationen ein Auge haben sollten.

Auch für derartige soziale Abläufe soll der bundesweite Warntag das Gespür der Menschen schärfen. "Er soll dazu beitragen, die Akzeptanz und das Wissen um die Warnung der Bevölkerung in Notlagen zu erhöhen und damit deren Selbstschutzfertigkeiten zu stärken", formuliert es das BBK auf seiner Website. Schrille Sirenen erscheinen in diesem Zusammenhang in der Tat entbehrlich.

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 10. September 2020, 19.30 Uhr

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