Interview

Warum tut sich Bremen so schwer mit der Verkehrswende?

Warum tut sich Bremen so schwer mit der Verkehrswende?

Bild: Radio Bremen

Selbst in der Fahrradstadt Bremen hat das Auto einen großen Stellenwert. 71 Prozent sagen, das Auto erfülle am besten die eigenen Mobilitätsanforderungen. Warum?

Fahrrad? Auto? Fähre? Vielleicht sogar eine Seilbahn? Das Thema Mobilität spaltet in Bremen besonders die Gesellschaft. Dabei könnte Bremen Vorreiter bei der Verkehrswende sein. Carsten-Wilm Müller ist Professor an der Hochschule, geht bald in Rente, hatte schon immer Ideen für die Innenstadt und gibt einen Überblick.

Herr Müller, woran hapert es denn bei der Umsetzung der Verkehrswende in Bremen?

Wir müssen die Menschen überzeugen. Überzeugen, dass sie was Gutes für andere und für sich tun. Und nicht mit der Brechstange. Das funktioniert nicht.

Das heißt: Haben wir in erster Linie ein Kommunikationsproblem? Die Politik schafft es nicht, die Menschen mitzunehmen? Oder ist das Angebot jenseits des Autos auch einfach nicht gut?

Doch, die Politik hätte Argumente. Aber die Kommunikation war nicht optimal. Was schwierig ist, ist, die Menschen mitzunehmen, nach dem, was wir gerade erleben. Auch zum Beispiel nach Corona oder der Krise in der Ukraine. Die Menschen sind einfach veränderungsmüde.

Es hätte nach dem Verkehrsentwicklungsplan 2014 deutlich schneller etwas passieren müssen, um zu zeigen: Wir haben hier einen Pfad, hier geht´s weiter. Nur: Das ist nicht passiert. Und als dann was passiert ist, war es eine solche Druckwelle, dass man die Menschen kaum noch mitnehmen konnte. Deswegen funktioniert das nicht.

Das Thema ist ja ganz schön festgefahren, das haben wir im Wahlkampf gesehen. Die Brötchentaste zum Beispiel: Senatorin Maike Schaefer (Grüne) musste wahrscheinlich auch deshalb zurücktreten. Kann man das ganze denn noch mal wieder neu aufrollen oder ist da nicht mehr viel möglich?

Doch, natürlich. Die Menschen müssen ja verstehen, dass wir das alle zusammen machen müssen und dass wir da möglichst viele Menschen mitnehmen müssen. Weil immer, wenn man das gegen den Willen der Menschen macht, die es nicht einsehen. Dann wissen wir ja, was passiert. Gerade politisch. Jetzt müsste eine neue Kommunikationskampagne anlaufen.

Kommunikation ist das Eine – aber infrastrukturell kann man doch sicher auch noch was anpacken. Das Angebot erweitern. Oder? Sie forschen ja schon länger an der Idee einer Seilbahn für Bremen. Fänden Sie das weiterhin gut?

Unbedingt! Seilbahnen werden zu mindestens 75 Prozent gefördert vom Bund, wenn sie 30 Millionen Fördervolumen haben. Das ist auch beim Bund angekommen. Die Hersteller suchen nach Anwendungsfällen, da ihnen die Gletscher wegschmelzen. Und eine Stadt wie Bremen, die so viel mit Fluss zu tun hat, wo es teure Brücken braucht, die wäre ideal dafür geeignet.

Woran scheitert das denn? Fehlt da die Fantasie? Fehlt das Geld?

Ich hab so den Eindruck: Die Ideen sind ein bisschen weniger geworden. Es ist eher versucht worden, das politisch zu lösen. Und das scheint mir nicht das richtige zu sein. Diese Idee darf gern wieder belebt werden. Es lohnt sich, darüber nachzudenken. Bremen ist doch bekannt dafür, dass es Ideen hat statt Ideologien. Dieses kleine Bremen kann viel mehr – wenn es will.

Die Fragen stellte Felix Krömer, Sven Kuhnen hat das Interview aufbereitet.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen mit sportblitz, 18. Juni 2023, 19:30 Uhr