"Man kommt in einen Flow": Diese Bremerin läuft den Appalachian Trail

Mount Katahdin Frau auf Gipfel

"Man kommt in einen Flow": Diese Bremerin läuft den Appalachian Trail

Bild: Privat

3.500 Kilometer ist der Appalachian Trail in den USA lang. Die 21-jährige Paula Korn ist eine der wenigen, die ihn komplett gelaufen ist. Bremen Zwei hat sie davon erzählt.

Paula Korn aus Bremen ist mit 21 Jahren einen der längsten Wanderwege der Welt gewandert – den Appalachian Trail im Osten der USA, der durch 14 Bundesstaaten führt und 3.500 Kilometer lang ist.

Jetzt packt sie ihren Rucksack aus: "Ich hatte zwei Paar Socken zum Wechseln dabei, ein Paar Schuhe, zwei Paar Unterwäsche, einen Pyjama, ein Zelt, Isomatte und viele Süßigkeiten", sagt die 21-Jährige. Insgesamt zehn Kilogramm hatte Paula Korn dabei – damit sie nicht zu viel tragen musste, ging es beim Packen um jedes einzelne Gramm.

So hat sie zum Beispiel den Stiel ihrer Zahnbürste abgesäbelt – macht ein halbes Gramm – oder das Band ihrer Stirnlampe gegen ein Gummiband ausgetauscht. Alles, damit ihr Rucksack nur ein bisschen leichter wird.

"Als wir in einem klimatisierten Raum in der Stadt waren, dachte ich: 'Ich will nie wieder da raus.' Doch sobald du angefangen hast, dich zu bewegen und angefangen hast, unter den Bäumen zu sein und eine leichte Brise gespürt hast und einfach weitergemacht hast, hast du gemerkt: Okay, so schlimm ist es gar nicht."

Treffen in Trailstädten

Seit Paula mit 16 Jahren ein Referat über den berühmten Fernwanderweg an der Ostküste gehalten hat, will sie dorthin. Und sie hat sich auch seitdem vorbereitet: Mit YouTube-Videos und Büchern, aber auch, indem sie wandern und zelten war. In Schweden und im Harz – oft allein. Auf dem Trail in Amerika war sie dann selten allein.

Alle machen das Gleiche und haben das gleiche Ziel und da ist es auch super einfach, neue Freunde zu finden.

Paula Korn
Mount Katahdin Wanderung
Neue Freunde zu finden war für Paula während der Wanderung nicht schwer. Bild: Privat

"Dann kommst du an die Shelters, wo die Leute übernachten, oder auch an eine Camp-Stelle", erzählt die junge Frau. "Und da sind dann alle." An sogenannten "Bottlenecks" – in Trailstädten zum Beispiel – sammelten sich viele Leute dort, wo alle Lebensmittel kauften. "Da ist dann meistens richtig gute Stimmung. Alle machen das Gleiche und haben das gleiche Ziel und das ist es auch super einfach, neue Freunde zu finden."

Nie ans Aufgeben gedacht

Mount Katahdin Wanderung See
Besonders die Natur war atemberaubend. Bild: Privat

Wenn die 21-Jährige von ihren Erlebnissen erzählt, strahlen ihre Augen dabei. Die Geschichten, die sie in dem knappen halben Jahr erlebt hat, könnten ein ganzes Buch füllen. Wandern auf Berge, durch Bäche, durch Schluchten, durch viel unwegsames Gelände. Zelten am See, atemberaubende Aussichten, Tiere in freier Wildbahn und immer wieder: einfach nur laufen.

Nur 20 Prozent derjenigen, die auf dem Trail starten, halten es durch, die 3.500 Kilometer bis zum Schluss zu laufen. Ans Aufgeben hat Paula nie gedacht, wie sie sagt. "Ich hatte immer genug Gründe weiterzumachen und das war es wert. Man wächst über sich hinaus, wenn man trotzdem weitergeht."

Gefahr durch Bären

Es habe aber auch gefährliche Momente gegeben: Einmal ist ein Blitz neben ihr eingeschlagen, den Strom habe sie noch lange danach in ihrem Arm gemerkt. Und ihr sind diverse Schwarzbären begegnet. Vor denen wird auf dem Weg immer wieder gewarnt, weil die Bären aggressiv werden können. Deshalb habe sie ihr Essen immer nachts in einer Tüte in den Baum gehängt, damit die Bären nichts riechen oder klauen.

Du verbrennst deutlich mehr Kalorien am Tag, als du essen kannst, deswegen isst du so viel wie du kannst und kümmerst dich gar nicht genau darum, was du isst.

Paula Korn

Apropos Essen: Auch das ist eine Herausforderung auf dem Wanderweg. Erst hat Paula noch auf ihrem Gaskocher gekocht. Doch irgendwann hat sie sich vor allem von Süßigkeiten ernährt, sagt sie: "Couscous, Riegel, Schokolade, Gummibärchen... die habe ich am liebsten gegessen. Du verbrennst deutlich mehr Kalorien am Tag, als du essen kannst, deswegen isst du so viel wie du kannst und kümmerst dich gar nicht genau darum, was du isst."

Von Bremen wieder auf einen Trail?

Mount Katahdin Wanderung
Jeden Tag dem Ziel ein bisschen näher kommen, hat Paula motiviert. Bild: Privat

Und geht es direkt wieder auf eine Wanderung? Für einen Moment wird die 21-Jährige ganz still, seufzt tief und sagt: "Ich könnte mir vorstellen, sofort wieder auf den nächsten Trail zu gehen, weil es so schön ist, ein klar definiertes Ziel zu haben und das dann zu schaffen. Du siehst jeden Tag genau, welchen Fortschritt du gemacht hast zu diesem Ziel. Und dann dabei so eine schöne Community zu haben, so nette Menschen kennenzulernen und so viel Freundlichkeit zu bekommen."

Autorin

  • Kirsten Rautenberg
    Kirsten Rautenberg

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Mittag, 26. Oktober 2022, 13:40 Uhr