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Von Frittenbude zu Forschungs-Elite: 10 Fakten zum AWI in Bremerhaven

Bild: Alfred-Wegener-Institut | Stefan Hendricks

Gold, Kupfer und Erdöl: Wegen dieser Rohstoffe wurde das AWI gegründet. Was hat das Forschungs-Institut in 40 Jahren getan, wer gibt ihm seinen Namen? Ein Überblick.

40 Jahre alt wird das Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven am 15. Juli. Alles begann neben einer Frittenbude. Heute hat es eine international führende Rolle in der Polar- und Meeresforschung.

1 Darum wurde das AWI gegründet

Viele Länder wollten an die Rohstoffe in der Antarktis ran – so auch Deutschland. Neben Gold, Kupfer, Kohle und vor allem Erdöl ging es den Deutschen auch um die tierischen Schätze wie den Krill, eine Leuchtgarnele. Dafür musste Deutschland dem internationalen Antarktis-Vertrag beitreten, der 1959 von zwölf Staaten unterzeichnet wurde. Das war aber an eine Bedingung geknüpft: Deutschland musste eigenständige Polarforschung betreiben. Also gründeten die Deutschen 1980 das AWI. Ein Jahr später wurde die Georg-von Neumayer-Station in der Antarktis fertig. Die bestand aus nichts anderem als aus Containern in einer Blechröhre. Um die Station zu versorgen, musste auch ein Schiff her: Die "Polarstern" wurde im selben Jahr gebaut.

2 Darum kam das Institut nach Bremerhaven

Über den Standort des Instituts wurde erbittert gestritten. Kiel und Bremerhaven kamen in die engere Wahl. Kiel schien zunächst die besseren Karten zu haben. Die Wissenschaftliche Kommission des Wissenschaftsrats befürwortete während eines monatelangen Tauziehens stets Kiel.

Am 12. Dezember 1979 traf der damalige Kanzler Helmut Schmidt dann aber die Entscheidung für Bremerhaven. Prompt wurde vermutet, Parteipolitik habe über sachliche Gründe gesiegt. Auch der erste Direktor des AWI, Gotthilf Hempel, ist überzeugt, dass letztendlich gute Kontakte der Bremerhavener SPD dazu geführt haben, dass das AWI in Bremerhaven und nicht im von der CDU regierten Kiel gegründet wurde.

3 Die Gebäude: neben einer Frittenbude, aber ohne niedliche Robben

Blick aus der Luft auf ein braunes Backsteingebäude, das die Form eines Schiffes hat.
In diesem schiffsähnlichen Gebäude sitzt das AWI. Bild: Imago | imagebroker

Eingeklemmt zwischen Bürgertreff und Frittenbude fing alles in engen Räumen im Columbus-Center an, wie Gotthilf Hempel berichtet. Erst 1986 wurde der Hauptsitz fertig. Der erinnert an den Bug eines Schiffes. Das Heck fehlt allerdings bis heute. Das Gebäude wurde zwischen 1982 und 1986 errichtet. Die Pläne stammen vom Architekten Oswald Mathias Ungers. Hempel bedauerte damals, dass kein Robbengehege neben dem Gebäude gebaut wurde. Das sei nämlich in einem ersten Konzept vorgesehen gewesen. Heute umfasst der AWI-Campus in Bremerhaven sechs Gebäudekomplexe. Dazu kommen weitere kleinere Gebäude im Stadtgebiet.

4 Zahl der Mitarbeiter stark gestiegen

Mit rund 60 Forschern sei er damals angefangen, sagt Gotthilf Hempel. Heute beschäftigt das Alfred-Wegener-Institut mehr als 1.000 Mitarbeiter.

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Bild: Radio Bremen Quelle: Alfred-Wegener-Institut

5 Namensgeber kehrte nicht aus dem Eis zurück

Ein Mann mit einer Mütze guckt in die Kamera.
Der Namensgeber Alfred Lothar Wegener – festgehalten um 1920. Bild: dpa | Imagno

Alfred Wegener (1880-1930) war einer der bedeutendsten deutschen Polarforscher und Geowissenschaftler. Bekannt ist er vor allem für seine Theorie der Kontinentalverschiebung. Damals wurde er von vielen Kollegen verspottet, als er äußerte, die Kontinente würden sich bewegen. Erst nach seinem Tod wurde seine Theorie anerkannt und zu einer Grundlage für das heutige Modell der Plattentektonik. Wegener forschte hauptsächlich auf Grönland. Von seiner letzten Expedition 1930 kehrte er nicht mehr zurück. Es wird vermutet, dass er an Herzversagen wegen Überanstrengung gestorben ist.

6 Arktis, Antarktis und Klima

Bei der Gründung 1980 ging es noch um die Förderung von Rohstoffen in der Antarktis. Diese Überlegungen waren bald überholt. Die Bodenschätze lagen einfach zu tief, Förderung unmöglich. So konnten sich die Wissenschaftler ganz auf die reine Forschung konzentrieren. Ursprünglich war das AWI ein Institut für Polarforschung, 1986 bekam es Zuwachs: Es übernahm das Bremerhavener Institut für Meeresforschung. Ab dann nannte sich das AWI "Institut für Polar- und Meeresforschung".

Das AWI gehört zu den wenigen Einrichtungen, die sowohl in der Arktis als auch in der Antarktis forschen. Es koordiniert die deutsche Polarforschung, erforscht aber auch die Nordsee und ihre deutschen Küstenregionen. Bio-, Geo- und Klimawissenschaftler arbeiten hier eng zusammen. Nach und nach ist das Hauptziel geworden, das Klimageschehen auf der Erde zu verstehen. Dabei untersuchen die Wissenschaftler praktisch alle Bereiche des Erdsystems zwischen Atmosphäre und Meeresgrund. Viele Messdaten erheben sie über lange Zeiträume.

7 Daher kommen die Forschungsgelder

Das AWI hat einen Etat von rund 140 Millionen Euro pro Jahr. Die Finanzierung tragen bislang der Bund zu 90 Prozent sowie die Bundesländer Bremen (8 Prozent), Brandenburg und Schleswig-Holstein (je 1 Prozent). In all diesen Ländern gibt es eigene Standorte des Instituts. Ab 2021 will auch Niedersachsen die Arbeit des AWI fördern. Ab 2021 übernimmt dann Bremen 7,45 Prozent, die anderen Bundesländer tragen jeweils 0,85 Prozent der Gesamtkosten.

8 Außenstellen und internationale Partner

Neben dem Hauptsitz in Bremerhaven betreibt das AWI Außenstellen in Potsdam, auf Helgoland und auf Sylt. In Potsdam stehen geowissenschaftliche Studien am Rand der Inlandeise und in Permafrostregionen im Fokus. Außerdem untersuchen die Forscher dort atmosphärische Prozesse in den Polargebieten. Verstärkt widmen sie sich der Arktisforschung, da hier der Schlüssel zum Verständnis des Klimageschehens in Europa liegt. Auf Helgoland erforschen die Wissenschaftler Lebensgemeinschaften in der Nordsee. Auf Sylt geht es um Themen der Küstenökologie und der Küstengeologie.

Das AWI arbeitet nicht alleine, sondern kooperiert mit zahlreichen internationalen Forschungsinstituten und Universitäten. Es entsendet auch Wissenschaftler an andere Institute oder auf Forschungsschiffe. Im Gegenzug kommen regelmäßig internationale Wissenschaftler nach Bremerhaven oder nehmen an einer Expedition des AWI auf dem Forschungsschiff "Polarstern" teil. Etwa ein Viertel der Teilnehmer an Polarstern-Expeditionen sind ausländische Wissenschaftler.

9 Die Flotte

Sechs Forschungsstationen unterhält das Alfred-Wegener-Institut. Zum Teil kooperiert es dabei mit anderen Instituten. Gotthilf Hempel, der erste Direktor des AWI, fand es übrigens damals gar nicht gut, dass Männer und Frauen zusammen monatelang auf einer Station verbringen. Die Neumayer-Station III ist heute die Basis für die deutsche Antarktisforschung. In der Antarktis liegen zudem die Kohnen-Station, das Dallmann-Labor und das Drescher-Eiscamp. In der Aktis gibt es die Forschungsbasis "AWIPEV" und die Samoylov-Station.

Ein Flugzeug steht inmitten einer Schneelandschaft
"Polar 5" ist eines von zwei Forschungsflugzeugen des AWI. Bild: Alfred Wegener Institut | Stefan Hendricks

Das AWI hat fünf Forschungsschiffe, das größte und wohl bekannteste ist die "Polarstern". 1982 brach die "Polarstern" das erste Mal in die Antarktis auf. Neben der "Polarstern" gibt es heute noch die "Heincke", die "Uthörn", die "Mya II" und die "Aade und Diker". Um auch in die schwer erreichbaren Gebiete der Arktis und der Antarktis zu kommen, setzt das AWI zwei Flugzeuge ein. Aktuell sind "Polar 5" und "Polar 6" im Einsatz.

10 40 Jahre Forschung – was hat es gebracht?

Das AWI betreibt Zukunftsforschung, um internationale Abkommen umzusetzen, die in den nächsten zehn Jahren erheblich den Zustand der Meere, der Atmosphäre und des Landes verbessern sollen. Das sagt die heutige Direktorin Antje Boetius. Das AWI untersucht den Klimawandel und seine Auswirkungen auf das Leben im Meer und den Menschen. Es habe einen wesentlichen Beitrag zur kontinuierlichen Beobachtung der Polarregionen und dessen Änderungen, wie Meereisrückgang, Abschmelzen der Eisschilde und Tauen von Permafrost, beigetragen. Die Polarregionen spielen beim Klimawandel eine besondere Rolle, da sie als Frühwarnsystem für Klimaänderungen gelten. "Aber auch in der Nordsee haben wir mit unseren Langzeit-Beobachtungen der Artenvielfalt viele Grundlagen für den Meeresschutz geschaffen", so Boetius.

Das Klimageschehen der Erde zu verstehen – durch die Erforschung der Vergangenheit und die Prognose der Zukunft, ist wichtiger denn je für das Leben und die Zukunft der Menschen. Eine wichtige Aufgabe des AWI besteht darin, den Polarregionen eine Stimme zu geben, aber auch für den guten Umweltzustand der Meere und Ozeane weltweit einzutreten.

Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts

Das AWI berät Politik und Entscheidungsträger. Die Forschungserkenntnisse fließen in regionale, nationale und internationale Entscheidungen ein. Das prominenteste Beispiel in der jüngsten Geschichte ist laut Boetius das Pariser Abkommen von 2015 als erstes und rechtsverbindliches weltweites Klimaschutzübereinkommen. Aber auch in die Klimaanpassungsstrategie des Landes Bremen sind Ergebnisse des AWI eingeflossen.

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 6. Juni 2020, 19:30 Uhr

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