Warum Bremen weiter auf das Gewerbegebiet "Achim-West" hofft

Bild: Google Maps

Zwischen Bremer Kreuz wird ein großes Gewerbegebiet geplant – schon seit rund 20 Jahre. Das Unternehmen Vitakraft will nicht länger warten und nun woanders investieren.

Die Städte Bremen und Achim wollen am Projekt eines gemeinsamen Gewerbegebietes am Bremer Kreuz festhalten. Daran ändert auch nichts, dass der Heimtierbedarf-Produzent Vitakraft jetzt angekündigt hat, nicht länger auf die Umsetzung von "Achim-West" warten zu wollen.

Die Firma in Bremen-Mahndorf benötigt Flächen, um ihren Betrieb zu vergrößern, und will sich jetzt anderweitig umschauen. Seit mehr als zwei Jahrzehnten versuchen Bremen und Achim, länderübergreifend ein Gewerbegebiet zu schaffen. Doch es gibt noch nicht einmal einen Planfeststellungsbeschluss.

Achim hat keine Gewerbeflächen mehr

Der Achimer Bürgermeister Rainer Ditzfeld (parteilos) bedauert es zwar, dass sich mit Vitakraft ein großer Interessent nun von den Plänen verabschieden will, weil ihm die Realisierung des Projektes zu lange dauert. Doch es gebe noch viele Unternehmen, nicht nur aus Achim, die auf das Gewerbegebiet "Achim-West" warteten. Schließlich stünden ansonsten in Achim keine Flächen mehr zur Verfügung, so Ditzfeld zu buten un binnen. Nur weil eine Firma abspringt, sieht der Chef der Bremer Nachbargemeinde das Gesamtvorhaben nicht beeinträchtigt. Schließlich hätten an dessen Realisierung Achim, Bremen und der Landkreis Verden nach wie vor ein großes Interesse.

Kann Achim ein solches Großprojekt stemmen?

Doch das Projekt war im April mal wieder ins Stocken geraten, weil CDU und Grüne im Achimer Stadtrat sich querstellten, als der Finanzausschuss Geld bereitstellen sollte, um den Businessplan für "Achim-West" auf den neuesten Stand zu bringen. Die Zahlen zu den Baukosten – geschätzte 150 Millionen Euro – seien von 2019, sagt der Achimer Christdemokrat Jürgen Striedick. Ein externes Gutachten zur Aktualisierung hätte 200.000 Euro kosten sollen. Striedick und andere fürchten, dass auch diese Schätzungen schon wieder zu alt sind, bis eine Entscheidung in Achim wirklich fällt. Dann wären "200.000 Euro Steuergelder verbrannt", so der CDU-Mann, der auch grundsätzlich Zweifel hegt, ob Achim ein solches Großprojekt stemmen kann.

Bürgermeister Ditzfeld will die Erstellung des externen Gutachtens gerne parallel zum Planfeststellungsverfahren auf den Weg bringen – um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Denn schon seit den frühen 2000er-Jahren denken Bremen und Achim gemeinsam darüber nach, wie der Verkehr rund ums Bremer Kreuz neu geordnet werden und zugleich ein Gewerbegebiet zwischen den Autobahnen 1 und 27 entstehen kann. Das Projekt ist ungewöhnlich, weil hier Gemeinden zusammen investieren wollen, obwohl sie sich eigentlich als Wettbewerber im Ringen um Firmenansiedlungen sehen.

Bagger hätten schon lange rollen sollen

Doch für die 32.000-Einwohner-Gemeinde Achim erscheint das Vorhaben zu groß. Schließlich muss auch noch eine neue Autobahnauffahrt für das Firmenareal gebaut werden. Bremen dagegen braucht dringend weitere Gewerbeflächen, weil der Platz für Unternehmen in dem kleinen Bundesland endlich ist. Die geplanten 90 Hektar kämen da gerade recht. Deswegen also die Idee, ein länderübergreifendes Modell anzufangen. Die Bagger hätten hier schon seit langem rollen sollen.

Zurzeit hängt das Vorhaben aber in der Warteschleife, weil der Landkreis Verden den Planfeststellungsbeschluss liefern muss. Das dauert. Auch deswegen, weil "momentan in allen öffentlichen Kommunalverwaltungen ein Fachkräfte- und Personalmangel herrscht, den wir nicht nur in Achim, sondern auch bei der Genehmigungsbehörde für das Planfeststellungsverfahren immer mehr zu spüren bekommen“, wie Ditzfeld mitteilt. Wann mit dem Bescheid zu rechnen ist, weiß auch der Bürgermeister nicht.

Vitakraft will nicht mehr warten

Vitakraft dauert das alles zu lange. Der Sprecher des Mahndorfer Futtermittel-Herstellers, Dieter Meyer, sagte buten un binnen: Vor drei, vier Jahren habe man noch Licht am Horizont gesehen. Derzeit aber nicht. Das Unternehmen müsse und wolle seine Expansion jetzt betreiben. So schaue man sich eben anderswo nach Flächen um. Meyer lässt aber durchblicken, dass Vitakraft weiter ein Auge auf "Achim-West" hat.

In Bremen gibt man sich demonstrativ gelassen. Dort sieht man den Ball in Achim liegen. Aus dem Wirtschaftsressort heißt es: "Verträge, die als Grundlage der Kooperation dienen, liegen ausgehandelt zur Beschlussfassung vor." Der Planfeststellungsbeschluss des Landkreises Verden werde zeitnah erwartet. Achim müsse jetzt einen positiven Ratsbeschluss vorbereiten.

Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hofft, dass bald von niedersächsischer Seite ein Signal kommt. Nun dürfe man "nicht mehr lang schnacken, sondern solle das Ganze endlich auf den Weg bringen". Kein Wunder, dass der Regierungschef die Flinte nach rund 20 Jahren Planung nicht so schnell ins Korn werfen will: Die Wirtschaftsbehörde geht davon aus, dass in "Achim-West" zwischen 3.850 und 6.240 Jobs entstehen könnten. Achim und Bremen könnten dort im Laufe der Jahre zwischen 3,4 und 6,3 Milliarden Euro an Bruttowertschöpfung erzielen. Vielleicht ist der Atem der Politik angesichts solcher Zahlen länger als bei manchen Unternehmen.

 

Autor

  • Folkert Lenz
    Folkert Lenz

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 12. Mai 2022, 19:30 Uhr