Nach Eklat in Bremerhaven: Was hilft gegen die Gewalt im Hobbyfußball?

Gewalt im Bremer Fußball: An jedem Spieltag eine Schlägerei

Bild: Imago | Funke Foto Services

Ein Spieler der TSV Wulsdorf hat zuletzt dem Schiedsrichter ins Gesicht geschlagen. Vorfälle wie dieser häufen sich. Der Deutsche Fußball-Bund nimmt die Vereine in die Pflicht.

Der Schock sitzt bei Lutz Stürcken auch Tage danach noch tief. Eigentlich wollte sich seine TSV Wulsdorf am vergangenen Sonntag in der Landesliga mit der ATS Buntentor nur um drei Punkte duellieren. Ein ganz normales Fußballspiel, wie es an jedem Wochenende zigfach im Land Bremen stattfindet. Doch die Partie auf der Bezirkssportanlage in Bremerhaven-Wulsdorf endete im Eklat. Ein Spieler der TSV schlug nach einem Platzverweis dem Schiedsrichter in der Halbzeitpause ins Gesicht. Dem Unparteiischen blutete im Anschluss die Nase. Die logische Folge: Spielabbruch.

"Es fielen die Worte: 'Du kommst hier nicht lebend vom Platz!'", berichtet ein Zeuge. "Dann hat er zugeschlagen. Mit der Faust ins Gesicht. Nach dem Spielabbruch ist er nochmal von hinten auf den Schiedsrichter und hat ihm die Beine weggetreten."

Es kommt immer häufiger zu Gewalttaten auf den Sportplätzen

Stürcken, Fußball-Abteilungsleiter bei den Wulsdorfern, kann über das Verhalten des Spielers nur den Kopf schütteln. "Die Spieler haben ihn ja weggehalten. Er hatte noch zwei, drei Minuten Zeit und hätte noch denken können: 'Was mache ich hier eigentlich?'", sagt er im Gespräch mit buten un binnen. "Aber so wie es aussah, wollte er ihn unbedingt hauen."

Lutz Stürcken im Interview.
Die TSV Wulsdorf um Abteilungsleiter Lutz Stürcken hat reagiert. Der Klub plant fortan ohne den Spieler, der bei der Partie gegen Buntentor den Schiedsrichter geschlagen hat. Bild: Radio Bremen

Das Verhalten hat Konsequenzen: Der 25-jährige Spieler hat bei der TSV keine Zukunft mehr. Ihm droht zudem eine drei- bis sechsmonatige Sperre. Auch eine Anzeige wegen Körperverletzung wurde gegen ihn erstattet. Doch Vorfälle wie der in Wulsdorf sind längst keine Seltenheit mehr. Immer häufiger kommt es zu Gewalttaten bei den Hobbykickern. Allein im Land Bremen hat der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in der vergangenen Saison 49 solcher Vorfälle registriert. Hinzu kommt die Dunkelziffer.

Der DFB verweist auf die Arbeit in den Vereinen

Ronny Zimmermann, Vizepräsident des DFB, sieht hier die Vereine klar in der Pflicht. Seiner Auffassung nach müssten diese sich mehr engagieren, um solche Vorfälle schon im Vorfeld zu verhindern. "Bestraft wird", berichtet er. "Aber wenn du bestrafst, gibt es schon ein Opfer." Der Schwerpunkt müsse vor Ort darauf gelegt werden, dass solche Fälle gar nicht passieren.

Jeder Verein kennt seine Pappenheimer. Jeder Verein weiß, welcher Spieler schnell an die rote Linie gerät, wenn etwas nicht so läuft, wie er es will. Jeder Verein kennt auch die drei Zuschauer, die nach dem zweiten Bier Dinge tun, die man nicht tun sollte. Dann muss man halt auf die zugehen.

Ronny Zimmermann im Porträt.
Ronny Zimmermann, Vizepräsident des DFB

Sollten Täter selbst einmal Schiedsrichter sein?

Haben die Hobbykicker ihre Aggressionen nicht im Griff, müssen sie mit langen Strafen rechnen. Julian Karker hält dies jedoch nicht für das richtige Mittel. Er stand als Schiedsrichter selbst elf Jahre lang auf den Amateurplätzen und weiß, wie es dort zugeht. Aus den Sperren, glaubt er, würden die Täter nichts lernen.

Stattdessen schlägt er eine andere Variante vor: Wer auf dem Platz zu Gewalt greift, sollte die Rollen tauschen müssen und nach einem Lehrgang für fünf Spiele selbst als Schiedsrichter Erfahrungen sammeln.

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen mit sportblitz, 29. Oktober 2023,