Werders neues Tischtennis-Ass: Mit Milli Vanilli gegen das Heimweh

Werders Neuer Pletea: "Tischtennis-Bundesliga war immer mein Traum"

Bild: Gumzmedia | Andreas Gumz

Cristian Pletea kam mit 17 Jahren alleine aus Rumänien nach Deutschland. Bei Werder hofft der 22-Jährige auf den Neustart – und erklärt seinen speziellen Musikgeschmack.

Die Autofahrten dauern oft eine gefühlte Ewigkeit. Einmal quer durch Deutschland und wieder zurück nach Bremen muss Werder-Coach Cristian Tamas seine Mannschaft bei jedem Auswärtsspiel in der Tischtennis-Bundesliga chauffieren. Oft bis in die frühen Morgenstunden dauern die Fahrten nach den langen Spieltagen in der Halle. Und so überlässt Tamas seinen Spielern im Auto die Musikauswahl, um wach zu bleiben.

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    Obwohl viele Bundesliga-Klubs aufgerüstet haben, ist Cristian Tamas mit deinem Neuen Cristian Pletea dennoch sehr zufrieden. Auf den 22-Jährigen wartet dennoch viel Arbeit.

Am vergangenen Sonntag ging wieder so eine Ochsentour aus Bayern zurück, doch den Neuen im Team, Cristian Pletea, ließen Mattias Falck und Co. noch nicht an die Playlist. Dabei hatte der 22-jährige Rumäne gegen Bad Königshofen sein Debüt im Doppel gefeiert und mit Kirill Gerassimenko sogar den entscheidenden Punkt zum 3:2-Sieg geholt. Keine Chance, Pletea war als Auto-DJ raus.

"Was zum Teufel ist das denn?"

"Ich kenne das schon, mein Musikgeschmack ist eben etwas anders", erzählt Pletea und lacht. Ungewöhnlich wohl eher für einen, der im Jahr 2000 geboren wurde. Denn der Rumäne hat ein Faible für die Musik 1980er und frühen 1990er Jahre. Bryan Adams, Guns 'N Roses – und Milli Vanilli.

"Eine Freundin hat bei mir Zuhause mal mein Youtube geöffnet und nur 80er Songs gesehen. Sie fragte bloß: 'Was zum Teufel ist das denn? Von denen habe ich ja noch nie gehört!'", erzählt Pletea.

Meine Freunde in meinem Alter verstehen das nicht ganz. Aber für mich ist das immer noch die beste Musik. Die Texte bedeuten etwas, nicht wie bei der heutigen Musik. Ich sage ihnen dann: 'Probiert nur einen Song aus' – und dann gefällt ihnen die Musik doch.

Werder-Profi Cristian Pletea

Mit 17 Jahren alleine nach Deutschland

Heute hört Pletea die Songs vor allem, um zu entspannen. Aber zu seiner Anfangszeit in Deutschland war die Musik auch so etwas wie eine warme Decke, in die er sich einhüllen konnte. Im Alter von 17 Jahren war er von Bukarest nach Saarbrücken gezogen, allein, ohne seine Familie.

Er spielte beim 1. FC Saarbrücken in der Champions League und später der Bundesliga, doch es lief nicht rund. Er verlor viel, war auf sich gestellt. "Da waren sehr schwere Momente dabei und ich hatte auch Heimweh", erzählt Pletea. Die Pop-Ballade "Girl, I'm gonna miss you" von Milli Vanilli ist sein Lieblingssong, er lief schon damals oft bei ihm.

Ich habe in meiner Wohnung dann einen Song angehört und alles vergessen. Oder ich konnte meine Gefühle rauslassen und weinen, ohne dass es jemand sieht. Durch die Musik kann ich mich irgendwie ausdrücken.

Werder-Profi Cristian Pletea

"Ich möchte einen Neustart versuchen"

In der großen Trainingsgruppe in Saarbrücken um die Stars Patrick Franziska und Darko Jorgic war Pletea nur einer von vielen. Niemand kümmerte sich so um ihn, wie er es gebraucht hätte. Er fühlte sich nie, als würde er richtig dazu gehören.

Auch die Zeit, als er zu Konkurrent Grenzau ausgeliehen war, änderte daran nichts. "Ich hatte vorher schon guten Kontakt zu Cristian Tamas, wir sprechen beide die selbe Sprache", erzählt er, "ich habe ihm gesagt, dass ich etwas ändern und einen Neustart versuchen möchte."

Coach Tamas nimmt ihn unter seine Fittiche

Tamas holte ihn in diesem Sommer zu Werder und macht sich nun daran, Pleteas Potenzial herauszukitzeln. Sie reden viel und Pletea lässt sich auf die Änderungen ein, die der Coach an seinem Spiel vornehmen will. "Mental muss ich noch stärker werden", sagt der junge Rumäne, "damit ich mehr Selbstvertrauen in mein Spiel bekomme. Und ich muss auch noch aggressiver spielen."

Im Moment steht er auf Platz 133 der Tischtennis-Weltrangliste, dort soll es Schritt für Schritt nach oben gehen. In Bremen und bei Werder ist Pletea längst angekommen, fühlt sich schon Zuhause. Seine Teamkollegen haben es ihm leicht gemacht, sich einzufinden.

Vorfreude aufs erste Werder-Heimspiel

"Wir sind hier alle gleich im Team, unterstützen uns gegenseitig und sie geben mir viele Tipps", sagt Pletea. Den Doppel-Weltmeister und Vizeweltmeister von 2019 Mattias Falck kannte er bisher nur von der anderen Seite des Netzes und den Niederlagen gegen ihn. Pletea wusste zunächst nicht, was er von Werders Anführer erwarten konnte.

Ich habe riesigen Respekt vor Mattias. Er ist ein großer Spieler, hat so viel gewonnen, aber ist immer bescheiden geblieben. Er hat überhaupt keine Star-Allüren.

Werder-Profi Cristian Pletea

An diesem Sonntag ab 16 Uhr steht für Pletea gegen Post SV Mühlhausen sein erstes Heimspiel mit Werder an. Die Vorfreude ist groß, auch wenn er wohlmöglich gar nicht zum Einsatz kommt. Doch Geduld hat er und schon jetzt das Gefühl, dass die kurze Zeit in Bremen bereits gefruchtet hat.

"Ich habe mich schon verbessert", sagt Pletea, "ich bin jetzt auf dem richtigen Weg." Und vielleicht hat ja wenigstens der DJ in der Werder-Halle ein Einsehen und spielt für Pletea zur Begrüßung "Paradise City" von Guns 'N Roses. Es würde passen.

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Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 25. August 2022, 18:06 Uhr