Allein gegen das Meer: Weltumsegler zwischen Sturm und Flaute

Bild: DPA | Pierre Bouras

Boris Herrmann schlägt sich bei der Vendee Globe mehr als beachtlich. Doch die Mischung aus Abenteuer und Wettkampf bringt den Skipper aus Oldenburg an seine Grenzen.

Nach zwei Wochen auf hoher See schnappte sich Boris Herrmann einen Handspiegel. "Zum ersten Mal im Rennen hatte ich ein wenig Zeit für normale Sachen wie Rasieren", sagte der gebürtige Oldenburger, bei der Weltumseglung Vendee Globe steckte er in einer Flaute. Nach donnernden Stürmen und höchst herausfordernden Tagen und Nächten ein willkommener Zustand der Entspannung, könnte man meinen. Nicht für Herrmann. 

"Ich wünschte, es wäre nicht so und ich hätte mehr Wind", sagte der 39 Jahre alte Familienvater, der als erster deutscher Skipper bei der wohl härtesten Regatta der Welt teilnimmt. Wenn seine 18 Meter lange Hightech-Yacht "Seaexplorer" nur langsam über das Meer gleitet, macht sich in Herrmann eine gewisse Unruhe breit. Das Rennen ist auch für die Psyche eine permanente Herausforderung – wie der Abenteurer am Dienstag einmal mehr feststellte.

"Ein großartiger Test für mentale Stärke"

Segler Boris Herrmann bekommt bei einem Mannöver auf seiner Yacht eine Dusche ab.
Allein gegen die Elemente: Zimperlich darf man auf der Vandee Globe nicht sein. Bild: DPA | Pierre Bouras

"Ich fühle mich heute Morgen müde. Vielleicht habe ich nicht genug gegessen. Versuchte zu schlafen und konnte nicht", schrieb er von Bord: "Was für ein großartiger Test für mentale Stärke." So es die Bedingungen zulassen, kann er in schwierigen Momenten Kraft von der Familie übertragen bekommen. Kurze Telefonate mit seiner Frau Birte und seiner im Juni geborenen Tochter Marie-Louise verleihen ihm neue Energie.

Nach knapp 20 Prozent des am 8. November gestarteten Rennens kann Herrmann insgesamt hochzufrieden sein. Er liegt im vorderen Drittel des Feldes mit noch 32 Teilnehmern, und sein Boot ist bislang unversehrt geblieben. Das ist alles andere als selbstverständlich. "Einige meiner Kollegen hat es auf dieser Regatta schon derbe getroffen", stellte Herrmann jüngst fest. Nach einem Mastbruch und einem gerissenen Großsegel klingelte Dienstag früh wieder einmal der Alarm bei der Rennleitung.

Mit nur einem Fehler kann alles vorbei sein

Segler Boris Herrmann auf seiner Yacht auf dem Meer aus der Vogelperspektive.
In 70 Tagen möchte Skipper Boris Herrmann in seiner Yacht "Seaexplorer" die Welt umsegeln. Bild: DPA | Pierre Bouras

Der Franzose Sebastien Destremau meldete einen erheblichen Kielschaden, er ist unverletzt, sein Boot treibt aber südlich der Kapverden, und er muss schauen, wie er es wieder flott kriegt. Zuvor hatte der Waliser Alex Thomson, als einer der Favoriten ins Rennen gegangen, spektakulär auf hoher See Tag und Nacht seine "Hugo Boss" repariert. Er sägte, klebte, montierte Carbonplatten – und ist nun wohl wieder gerüstet für schwere Herausforderungen.

Die werden sicher kommen. Die Flotte nimmt im Südatlantik Anlauf auf die Passage des Kap der Guten Hoffnung, sie wird sich die sogenannten "Roaring Fourties", die "donnernden" Vierziger-Breitengrade, zu Nutze machen. Erst zwischen Mitte und Ende Januar werden die besten Segler wieder zurück in Les Sables-d'Olonne an der französischen Atlantikküste erwartet.

Dieser Oldenburger segelt allein im High-Speed-Boot um die Welt

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Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 24. November 2020, 18:06 Uhr

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