Auffarth verteidigt Reitsport: "Medien sind auf Schlagzeilen aus"

Auffarth frustriert über hitzige Debatte um den Reitsport

Bild: Radio Bremen

Ihr großer Sieg im Vielseitigkeitsreiten beim CHIO wurde für Sandra Auffarth getrübt. Denn der Tod eines Pferdes entfachte die Debatte ums Tierwohl erneut.

Sandra Auffarth blickt auf das vergangene Wochenende mit gemischten Gefühlen zurück. Einerseits hat die Vielseitigkeitsreiterin aus Ganderkesee mit dem Sieg beim Treffen der Weltelite, dem CHIO in Aachen, einen riesigen Erfolg erlebt.

Andererseits steht ihr Reitsport einmal mehr in der Kritik, nachdem das 17-jährige Weltmeisterpferd Allstar der Britin Rosalind Canter nach einem Unfall im Geländeritt eingeschläfert werden musste.

Wenn man das hört, dann ist man natürlich sehr betrübt und traurig. Am Ende sind die Pferde nicht unsere Sportgeräte, sondern unsere Sportpartner.

Vielseitigkeitsreiterin Sandra Auffarth bei buten un binnen

"Richtige Entscheidung das Tier zu erlösen"

Vielseitigkeitsreiterin Rosalind Canter aus Großbritannien auf dem Pferd Allstar reitet auf der Geländestrecke durch ein Wasserhindernis.
Bild: dpa | Uwe Anspach

Längst nicht der erste Todesfall im Vielseitigkeitswettbewerb, zuletzt erlitt bei den Olympischen Spielen in Tokio im vergangenen Jahr ein Pferd einen Bänderriss an einem Wasserhindernis und entfachte erneut die Tierwohl-Debatte.

Im Fall von Allstar sei die Diagnose aber eindeutig gewesen, sagt Tierarzt Heinz Jaugstetter von der Pferdeklinik Barkhof in Sottrum im Gespräch mit buten un binnen. Das Tier hatte sich an einem Hindernis im Geländeritt einen offenen Bruch im Krongelenk, direkt über dem Huf, zugezogen. Das Einschläfern sei alternativlos gewesen.

Es war die richtige Entscheidung das Tier zu erlösen. Trümmerfrakturen sind nicht operabel bei Pferden. Ein Pferd ist ein Fluchttier und das muss schmerzfrei und lahmfrei über eine Weide laufen können und das ist in so einem Fall nicht mehr möglich.

Tierarzt Heinz Jaugstetter bei buten un binnen

Debatte frustriert Auffarth

Der Tierarzt bedauert, dass dieser Unfall die Debatte nun neu entfacht, während der Reitsportverband bereits an Veränderungen und Verbesserungen arbeite. Zumal Jaugstetter betont, dass die meisten seiner Patienten in der Klinik aus dem Freizeit- und nicht dem Leistungssport stammen. Auch Auffarth ist frustriert über die Diskussionen um ihren Sport.

Es wird auf Hochtouren dran gearbeitet, alles noch besser zu machen. Aber ein kleines Restrisiko wird immer bleiben, das werden wir nie ganz abschaffen können. Genau wie im Humansport Verletzungen und Unfälle passieren. Dann dürften wir am Ende alle keinen Sport mehr betreiben.

Vielseitigkeitsreiterin Sandra Auffarth bei buten un binnen

Tierschutzverein Bremen fordert Verbesserungen

So weit will der Tierschutzverein Bremen nicht gehen. Grundsätzlich ist er nicht gegen Pferdesport, wie der Verein buten un binnen schriftlich mitteilt. Doch auch er fordert Veränderungen bei den Wettkämpfen.

Die Ereignisse beim CHIO zeigen (...), dass zum Schutz der Pferde dringend weiter nachgearbeitet werden muss: Es braucht abklappbare Hindernisse, Anforderungen (...) müssen reduziert werden beziehungsweise es muss geprüft werden, dass die Anforderungen auch der Qualität von Reitern und Pferden angemessen sind.

Tierschutzverein Bremen

"Alles, was schief läuft, ist so groß"

Zu jedem Sport gehören Unfälle dazu, sagt Auffarth. Doch wenn er für ein Tier dabei tödlich endet, ist es klar, dass die Öffentlichkeit genauer hinschaut und die Ursache hinterfragt. Auffarth ist aber genervt darüber, dass besonders in den sozialen Netzwerken und den Medien diese Unfälle übermäßig aufgebauscht würden.

Man muss so einen Fall definitiv hinterfragen und auch kritisch begutachten. Aber wenn ich mir den allgemeinen Sport angucke, ist das Gewinnen oder der Olympiasieg so klein – und alles, was schief läuft, so groß. Die Medien sind vielmehr auf Schlagzeilen und alles Negative aus und das nervt schon als Sportler.

Vielseitigkeitsreiterin Sandra Auffarth bei buten un binnen

Das Tierwohl im Pferdesport wird weiter in der Diskussion bleiben, doch diese bietet dem Sport auch die Chance, sein Bild in der Öffentlichkeit zu wandeln. Dafür müssen die angestoßenen Verbesserungen weiter vorangetrieben werden. Die französische Regierung gab dabei kürzlich mit den 46 Empfehlungen für Regeln im Reitsport einen weiteren Anstoß. Die Olympischen Spiele 2024 in Paris sollen zu "Spielen des Pferdewohls" werden. Es bleibt abzuwarten, wie man diese Empfehlungen umgesetzt.

Vielseitigkeitsreiterin Sandra Auffarth gewinnt beim CHIO in Aachen

Bild: dpa | Frank Heinen

Autorinnen und Autoren

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 4. Juli 2022, 19:30 Uhr