Der neue BHC-Coach: Seine Spielerinnen haben ihn erstmal gegoogelt

Bild: Radio Bremen | Petra Philippsen

Florian Keller stammt aus einer echten Hockey-Dynastie. Doch viel mehr als seinen großen Namen kannten die jungen Bremer Bundesligistinnen nicht – jetzt wissen sie mehr.

So richtig in die Karten schauen lassen will sich Florian Keller nicht. Es ist sein erster Tag als neuer Bundesliga-Trainer des Bremer Hockey Clubs und die Mannschaftsbesprechung mit seinen Spielerinnen findet am Dienstagabend hinter verschlossenen Türen statt.

"Es ist aufregend, auf jeden Fall etwas Neues für uns", sagt Charlotte Müller hinterher: "Er wirkt sehr sympathisch – und sehr ehrgeizig." Das Kribbeln ist bei der jungen Mannschaft spürbar, viele von ihnen kannten bisher nur einen Trainer in ihrem Sportlerleben: Martin Schultze.

Drei Keller-Generationen bei Olympia

Der neue BHC-Coach Florian Keller erklärt am Rande des Trainings seines Spielerinnen etwas an der Taktiktafel.
Neuer Trainer, neue Taktik? Florian Keller erklärte in der ersten Trainingseinheit ein paar grundsätzliche Dinge zu seiner Spielidee. Bild: Radio Bremen | Petra Philippsen

Doch der ist nun neuer Sportdirektor beim Deutschen Hockey-Verband. Dass er den Klub nach Jahren als prägende Figur des Erfolgs mitten in der Saison verließ, "war doch kurz ein Schock", erzählt Geschäftsführer Sarat Maitin im Sportblitz.

Nun aber ist der Neue also da und der hat in diesem Sport einen großen Namen. Seiner ganzen Familie scheint Hockey in den Genen zu liegen, eine derartige Dynastie ist wohl einzigartig im gesamten Sport: Großvater Erwin gewann bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin die Silbermedaille, Vater Carsten holte 1972 Gold in München, Halbbruder Andreas ebenfalls Gold 1992 in Barcelona wie auch Schwester Natascha 2004 in Athen.

Keller holt 2008 Gold in Peking

Und was war mit Florian Keller? Der steuerte 2008 in Peking das vierte olympische Gold für die Familien-Vitrine bei. Da tobten die meisten seiner Bremer Spielerinnen noch im Kindergarten. Klar, wer Hockey spielt, kennt die Kellers. "Aber mir war eher seine Schwester Natascha geläufig", erzählt Johanna Mühl. Mit 425 Länderspielen ist sie Rekordnationalspielerin und "für viele Kinder ein Vorbild, zu ihr hat man in der Jugend aufgeschaut."

Bei Bruder Florian gab es aber Wissenslücken. Olympiasieger, klar, aber sonst? Da tauchte man lieber nochmal schnell in die Netzrecherche ein. Denn schließlich wollten die Bremerinnen ja wissen: Wie tickt denn der Neue? Was erwartet uns? Und da werden sie bei der Google-Suche doch auf das ein oder andere interessante Schlagwort aus der Berichterstattung gestoßen sein.

Trainingsfaul? Alles Ansichtssache

Der neue Trainer des Bremer Hockey Clubs Florian Keller lächelnd in der Trainingshalle beim Interview.
Florian Keller konnte sich mit dem strengen Leben eines Leistungssportlers nicht recht anfreunden – dennoch war er sehr erfolgreich. Bild: Radio Bremen

Riesen-Talent – aber trainingsfaul. Torschützen-König. Häufig verletzt. Oft undiszipliniert. Einsatzwille so la la. Aber mit 17 Jahren Europameister. Mit 21 hat er genug von der Nationalmannschaft. Lässt sich zum Versicherungskaufmann ausbilden. 2008 das Comeback mit Gold in Peking. Alles dabei.

"Großen Talenten wird ja oft nachgesagt, sie würden nicht so viel trainieren", sagt Keller im Sportblitz und relativiert die damaligen Schlagzeilen. Denn wenn man trotzdem gut ist mit weniger Technik-Pensum, sei das doch okay. Nur die Athletik sei im Hockey eben enorm wichtig, sagt er. Und schnell war er immer.

"Freue mich auf die Herausforderung"

"Faulheit wird nicht toleriert, davon bin ich als Trainer kein großer Fan", stellt Keller in der Halle dann aber gleich klar. Der 41-jährige Berliner hat viel vor mit dem BHC. Sich in der Bundesliga mittelfristig etablieren, langfristig oben in der Liga mitmischen. Leicht wird das nicht. Die Bremerinnen kämpfen auf dem Feld noch gegen den Abstieg.

Hier ist ein Klub entstanden mit Top-Bedingungen, einer Top-Damenmannschaft, Top-Jugendlichen. Da ist ordentlich Potential drin und das ist eine Herausforderung, auf die ich mich jetzt freue.

BHC-Trainer Florian Keller im Sportblitz

Ende November geht es erst einmal mit der Hallensaison weiter, wenig Zeit für Keller, sind mit dem neuen Team einzugrooven. Doch der Neue bringt gleich viel Schwung rein, sein Ton ist locker, aber die Ansprache klar. Er sieht sich als Trainer "zwischen Kumpel, Mentor, aber auch mit gewisser Autorität geprägt". Gemeinsam Spaß zu haben sei aber vor allem wichtig, sagt Keller. "Schließlich ist Hockey ein Hobby, für das die Spielerinnen neben Schule und Studium sehr viel Aufwand betreiben."

"Der Name Keller steht für sich"

Mit Keller und dem BHC stimmte die Chemie auf Anhieb, man wurde sich extrem schnell einig. "Das passiert wirklich selten", sagt Geschäftsführer Maitin. Man ist glücklich über den Schultze-Nachfolger. "Der Name Keller steht für sich." Dass Florian Keller nach seinem Job als Co-Trainer der Frauen-Nationalmannnschaft Lust auf die neue Aufgabe in Bremen hat, ist ihm an diesem ersten Trainingstag deutlich anzumerken.

Auch dem jungen Team kann der Wechsel einen Leistungsschub geben. Gewohntes wird aufgebrochen, jede muss sich wieder neu beweisen. Aber auch Keller muss das. Der Name allein wird auf Dauer dann nicht ausreichen.

Die Bundesliga-Spielerinnen des Bremer Hockey Clubs mit dem neuen Trainer Florian Keller beim Mannschaftsfoto.
Die Bundesliga-Mannschaft des Bremer HC mit ihrem neuen Trainer Florian Keller (links). Bild: Axel Kaste

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Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 2. November 2022, 18:06 Uhr