Dieser Kicker spielt für Atlas Delmenhorst – und für Afghanistan

Aus Thailand zum SV Atlas: Delmenhorster kehrt zum Heimatverein zurück

Bild: Radio Bremen

Mustafa Azadzoy hat sechs Jahre in Thailand gespielt und mit Afghanistan die Südasienmeisterschaft gewonnen. Jetzt ist er in seine Heimatstadt zurückgekehrt.

Anderthalb Wochen noch, dann geht es für Atlas Delmenhorst in der Regionalliga Nord wieder los. Am 31. Juli um 15 Uhr starten die Delmenhorster in Hildesheim in die neue Saison. Für diese hat der Klub vor allem viele junge Spieler verpflichtet. Mit Mustafa Azadzoy bringt ein Neuzugang jedoch auch jede Menge Erfahrung mit. Der 30-Jährige hat die vergangenen sechs Jahre als Profi in Thailand gespielt und lief bereits 25-mal für die afghanische Nationalmannschaft auf.

Azadzoy wurde in Kabul geboren, ist jedoch in Delmenhorst aufgewachsen. Ab dieser Saison spielt er für den SV Atlas. Für die Rückkehr in den Norden Deutschlands entschied er sich bewusst. 2016 ging er nach Thailand, um dort professionell zu spielen. Für sechs Klubs lief er dort seitdem insgesamt auf. Nicht ungewöhnlich, denn Verträge werden in Thailand zumeist nur für ein einziges Jahr abgeschlossen.

Azadzoy traf im Finale für Afghanistan

Zuvor geschafft hatte der Zehner im offensiven Mittelfeld schon den Sprung in die afghanische Nationalmannschaft. Als er einst mit dem VfB Oldenburg gegen die 2. Mannschaft des Hamburger SV spielte, sprach ihn ein Scout der Afghanen an. Im Anschluss, berichtet er, ging es dann zu einem Auswahlcamp in die USA. Von 250 Spielern schafften am Ende fünf den Sprung ins Nationalteam. Einer von ihnen war Azadzoy, der mit dem Team 2013 sogar die Südasienmeisterschaft gewann und beim 2:0 im Finale gegen Indien ein Tor erzielte. Es war der wichtigste Treffer seiner Karriere.

Das wird es auch immer bleiben. Dadurch haben wir die erste Trophäe in der Geschichte Afghanistans geholt. Und dass ich das Tor machen durfte, ist ein Riesen-Geschenk.

Mustafa Azadzoy

Für das Team spielt er auch nach der Machtübernahme der Taliban in Afghanisten weiterhin. Zuletzt kam er im Juni in den Partien gegen Hongkong (1:2), Indien (1:2) und Kambodscha (2:2) zum Einsatz. Durch die Taliban habe sich im Fußball bisher nichts geändert, berichtet Azadzoy. Er hofft, dass dies so bleibt.

Heimweh machte ihm zu schaffen

Nicht missen möchte er neben den Erlebnissen mit dem Nationalteam auch die Zeit in Thailand. Dort konnte er professionell vor teilweise 30.000 Zuschauerinnen und Zuschauern in den Stadien spielen. In Deutschland reichte es zuvor nur für die Oberliga und die Regionalliga. Von seinem Gehalt, erzählt Azadzoy, konnte er in den vergangenen Jahren gut leben und auch etwas beiseite legen. Trotzdem wollte er jetzt zurück in seine Heimat.

Ich kam im Jahr für zehn Tage nach Delmenhorst. Das war irgendwann viel zu wenig. Das Heimweh war so groß, dass ich gesagt habe: 'Das reicht.' Ich habe alles erlebt, was ich erleben wollte und all meine Träume erfüllt.

Mustafa Azadzoy während des Interviews im Büro.
Mustafa Azadzoy

Start in den Feierabendfußball

Der SV Atlas hatte dabei schon länger ein Auge auf Azadzoy geworfen. Früher war der Klub für ihn nicht interessant, da dieser in zu niedrigen Klassen gespielt hat. In der Regionalliga ist dies nun anders. Der Sportliche Leiter Bastian Fuhrken hat sogar dafür gesorgt, dass Azadzoy seine Rückennummer zehn erhält. Efkan Erdogan hat diese für ihn abgegeben. Statt Profileben heißt es jetzt jedoch für weniger Geld Feierabendfußball. Zurück in der Heimat hat Azadzoy einen Job in der Spedition seiner Brüder angenommen. Am liebsten wäre er mit einem Heimspiel gestartet, damit seine Familie und Freunde ihn endlich einmal wieder live im Stadion sehen können. Dies wird dann am zweiten Spieltag (5. August, 19 Uhr) gegen die 2. Mannschaft von Holstein Kiel möglich sein.

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Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 26. Juli 2022, 18:06 Uhr