Nach Genickbruch: Darum hat ein Bremerhavener Thai-Boxer weitergemacht
Bei einem Kampf in China bricht sich der Bremerhavener Pascal Schroth einen Halswirbel. Der Thai-Boxer entgeht nur knapp dem Rollstuhl. Nun hat er seinen WM-Titel verteidigt.

Die Ungewissheit war das Schlimmste für Thai-Boxer Pascal Schroth als er im Oktober 2018 in einem chinesischen Krankenhaus lag. Kein Mensch redete mit ihm, er konnte seinen Kopf nicht drehen und musste stundenlang an die Decke starren. "Der Sport war immer mein Antrieb und über Nacht wurde mir alles genommen. Ich habe mich gefühlt, als wenn ich bestraft worden bin für etwas, das ich nicht gemacht habe", erinnert sich Schroth.

Vielleicht wollte ihn sein Gegner Meng Qinghao bestrafen, für einen verlorenen Kampf im Jahr zuvor. Der Bremerhavener kann sich so etwas vorstellen. Im Ring hob der Chinese seinen Kontrahenten Schroth in die Luft und warf in kopfüber zu Boden. Dieser Wurf, der in keiner Sportart legal ist, führte dazu, dass sich Schroth den fünften Halswirbel brach und das zweimal. Nur knapp ist er dabei dem Tod von der Schippe gesprungen.
"Es waren zwei gerade Brüche. Hätte sich der Knochen nur einen Millimeter bewegt, wäre der Knochen ins Rückenmark gedrungen und ich wäre entweder paralysiert gewesen oder komplett weg vom Fenster. Das hat mich ziemlich schockiert", erzählt Schroth.
Das ist mehr als ein Hobby. Der Sport ist für mich Lebensinhalt. Das ist meine Identität, und das war auch das Schlimme bei meinem Unfall, dass ich so eine Art Identitätsverlust erlitten habe. Der Sport war immer das, was mir Halt gegeben hat.
Pascal Schroth, Thai-Boxer
Drei Monate musste Schroth eine Halsstütze tragen. Immer bestand die Gefahr, dass der Knochen durch eine hektische Bewegung oder einen Sturz in Bewegung gerät. Seine Freundin Aldis, mit der er gemeinsam in Thailand lebt, hat sich in dieser Zeit rührend um ihn gekümmert. "Ich habe in dieser Zeit sehr viel über mich selber gelernt. Ich weiß die Dinge viel mehr wertzuschätzen. Dinge, die ich vorher als selbstverständlich gesehen habe", betont Schroth.

Manche Ärzte rieten dem Sportler, nie mehr zu boxen. Es bestehe das Risiko, dass er sich erneut an der Wirbelsäule verletze. Als er dennoch ankündigte, wieder in den Ring steigen zu wollen, hielten ihn viele für "völlig irre". Schroth aber konnte nicht anders: "Ich kann ohne den Sport nicht leben. Das ist mein Herzblut, das ist meine Leidenschaft, das ist einfach mein Element."
Das Stehaufmännchen nennt ihn "Der Spiegel". Die Geschichte des Thai-Boxers aus Bremerhaven ist dem Magazin in der aktuellen Ausgabe eine doppelseitige Geschichte wert. Auch seine schwierige Kindheit in Bremerhaven-Lehe wird darin thematisiert: Er wird von seinem Vater geschlagen und er selbst schlägt die Junkies, die seinen kleinen Bruder anpöbeln. Das Leben in einem der ärmsten Stadtteile Deutschlands hat Schroth geprägt, der mit 21 Jahren nach Thailand auswandert, um dort das Kämpfen zu lernen.
Ein Jahr nach seiner schweren Verletzung im Oktober 2019 gibt der Bremerhavener in München sein Comeback. Schon in der zweiten Runde schickte er seinen Gegner auf die Bretter. Er hat es geschafft, er ist wieder zurück. Nur vier Monate später kehrt er an den gleichen Ort zurück und verteidigt seinen WM-Titel – wieder braucht er nur zwei Runden.
Bremerhavener ist Weltmeister im Thai-Boxen – nach Genickbruch
Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 18. Februar 2020, 18:06 Uhr