Interview

Bremerhavener Kickbox-Weltmeister: "Bin dem Genickbruch dankbar"

Bremerhavener Kickbox-Weltmeister: "Bin dem Genickbruch dankbar"

Bild: Radio Bremen

So eben sprang Pascal Schroth dem Tod noch von der Schippe. Im Sportblitz spricht er über die Folgen seiner schweren Verletzung, seinen WM-Titel und sein Leben in Thailand.

Wenn einer hart im Nehmen ist, dann Kickboxer Pascal Schroth. Vor vier Jahren ist der Bremerhavener dem Tod von der Schippe gesprungen: Bei einem Kampf brach ihm sein Kontrahent mit einem regelwidrigen Wurf einen Halswirbel – und das gleich doppelt.

Comeback nach knapp einjähriger Verletzungspause

Thai-Boxer Pascal Schroth
Nach seiner Verletzung musste Pascal Schroth längere Zeit ein Korsett mit Halskrause tragen. Bild: Radio Bremen

Ein Vierteljahr lang war Schroth, der unter dem Kampfnamen "The German" antritt, in ein schweres Korsett und eine Halskrause eingepfercht. Obwohl ihm mancher Arzt riet, mit dem Kickboxen aufzuhören, ließ sich der 29-Jährige nicht unterkriegen. Schritt für Schritt kämpfte sich der zweifache Vater an sein Comeback heran, bis er – ein Jahr nach seiner Verletzung – wieder im Ring stand. Und das mit Erfolg: Inzwischen ist Schroth Weltmeister und hat seinen Titel bereits zweimal erfolgreich verteidigt.

Aktuell ist der Kickboxer, der mit seiner Familie in Thailand lebt und dort ein Star ist, auf Heimaturlaub. Mit dem Sportblitz sprach er über die Folgen seiner schweren Verletzung, Ellbogenschläge und sein Leben in Thailand.

Herr Schroth, Sie haben vor drei Wochen mit einem Sieg nach nur 35 Sekunden ihren WM-Titel verteidigt. Was ist ihnen lieber: ein schneller K.o.-Erfolg oder ein Gewinn nach einem langen Fight?

Ehrlich gesagt hatte ich schon vor, über eine längere Distanz zu gehen. Ich hatte eine sehr lange Kampfpause hinter mir und war auf fünf Runden vorbereitet. Zwar wollte ich nicht die volle Distanz gehen, aber ich hätte schon gerne mehr Ringluft geschnuppert. Ich hab jedoch die Möglichkeit gesehen und wäre ja schon blöd, hätte ich das nicht ausgenutzt.

Welchen Stellenwert hat der WM-Gürtel, den Sie jetzt in München verteidigt haben, für Sie?

Dieser WM-Titel ist etwas ganz Besonders für mich. Ich bin um die halbe Welt geflogen und habe meine Frau und meine Kinder in Thailand gelassen, um ihn zu verteidigen. Ich kam nicht zum Spaß hierher und habe mit dem Kampf ein klares Statement gesetzt.

Vor vier Jahre haben Sie sich das Genick gebrochen. Wie haben Sie diesen Vorfall erlebt?

Ich bin aufgewachsen mit dem Gedankengang, dass man verstirbt, wenn man sich das Genick bricht. Meine Großmutter ist durch einen Genickbruch verstorben, nachdem sie eine Treppe heruntergefallen ist. Als mir dann gesagt wurde, mein Genick sei gebrochen, wollte ich das nicht wahrhaben.

Ich wusste zwar, dass ich stärker zurückkommen werde, hatte aber auch Glück, denn es waren zwei gerade Brüche. Hätte sich mein Knochen nur einen Millimeter nach links oder rechts bewegt, wäre ich heute paralysiert oder sogar tot. Ich blicke aber nicht negativ in die Vergangenheit.

Inwiefern hat sich Ihr Leben nach der Verletzung verändert?

Der Unfall hat mich zu der Person gemacht, die ich heute bin. Heute bin ich physisch, mental und spirituell stärker als je zuvor. Daher bin ich der ganzen Geschichte auch dankbar. Ich wünsche auch meinem Gegner, der mir das angetan hat, nichts Schlechtes. Ich denke, dass jeder das bekommen wird, was er verdient.

Zudem bin ich viel dankbarer geworden. Nach dem Unfall habe ich zu meiner Frau gesagt, dass ich Dinge, die ich noch erleben möchte, nicht mehr auf die lange Bahn schieben will. Danach haben wir uns entschieden, Kinder in die Welt zu setzen.

Generell gefragt: Was ist der Unterschied zwischen Kickboxen hier und in Thailand?

In Thailand boxe ich Thai und da gilt ein anderes Regelwerk. Es gibt Ellbogenstöße, die Tritte können gefangen werden, ich kann schmeißen. In Deutschland kämpfe ich nach Kickbox-Regeln, also ohne Trittfänge oder Ellbogenstöße. Ich habe aber Herzblut in beiden Disziplinen.

Und wo liegen die Unterschiede abseits des Rings?

In Thailand ist Kickboxen Nationalsport. Wenn ich in Thailand kämpfe, schreit das Publikum bei jedem Schlag und jedem Tritt. Das deutsche Publikum hält sich im Vergleich dazu eher etwas bedeckt.

Sie leben seit acht Jahren in Thailand, warum ist es Ihnen trotzdem wichtig, nach Deutschland zu kommen?

Mein Kampfname ist "The German". Ich bin hier aufgewachsen, großgeworden und repräsentiere Deutschland auf den größten Bühnen der Welt. Und wenn ich auf deutschem Boden kämpfe und mich dem deutschen Publikum zeige, kombiniere ich das dann mit einem Familienbesuch – so wie jetzt auch.

(Die Fragen stellte Niko Schleicher. Aufgeschrieben von Helge Hommers.)

Bremerhavener Pascal Schroth verteidigt WM-Titel im Kickboxen

Bild: Radio Bremen

Autor

  • Niko Schleicher
    Niko Schleicher

Dieses Thema im Programm: Sportblitz, 21. Juli 2022, 18:06 Uhr