Infografik
Wildwechsel auch in Bremen: Diese 3 Dinge sollten Sie unbedingt wissen
Die Tage werden kürzer, die Gefahr größer, dass einem Rehe und anderes Wild vors Auto laufen. Wie man eine Kollision vermeidet und sich im Fall der Fälle verhält.
Laut Tierfund-Kataster hat sich in den letzten vier Jahrzehnten das Verkehrsaufkommen verdreifacht und die Zahl der Wildunfälle auf Deutschlands Straßen mindestens verfünffacht. Demnach passiert etwa alle 2,5 Minuten ein Unfall mit zumeist Rehen, aber auch Füchsen, Wildschweinen und anderen großen Säugetieren. Daneben muss man sich als Autofahrer aber auch darauf gefasst machen, dass kleinere Tieren zur Gefahr werden können wie Marder, Kaninchen oder aber auch Bussarden oder Kraniche.
1 Das sind die Hotspots für Wildunfälle
Typische Wildunfallschwerpunkte finden sich auf Straßen, die entweder durch Wälder führen oder eine Abgrenzung zwischen Wald und offenem Gelände bilden, so die Landesjägerschaft Bremen. Besonders im April und Mai sowie von Oktober bis Dezember gebe es viele Unfälle mit Wild, wobei bei Wildschweinen die Brunftzeit inzwischen ganzjährig ist. Oftmals passieren Unfälle in der Dämmerung, wenn sich viele Tiere auf Futtersuche begeben.
Wer sich im Stadtgebiet von Bremen und Bremerhaven vor Wildwechsel in Sicherheit wähnt, lebt möglicherweise gefährlich. Hier ist zwar im Vergleich zum ländlich geprägten Umland wenig Wild unterwegs, aber auch hier lauern durchaus trügerische Gefahren: "Durch die zunehmende Bebauung in Bremen wurden viele Flächen versiegelt, die früher dem Wild gehörten", erklärt Bremens Stadtjäger Harro Tempelmann. "Und diese Flächen nutzt das Wild immer noch." In Bremen sollten Autofahrer vor allem auf dem Autobahnzubringer Horn-Lehe und Am Lehester Deich vorsichtig fahren. Beide Straßen grenzen ans Naturschutzgebiet Hollerland. Außerdem warnen Jäger vor häufigem Wildwechsel auf der Senator-Apelt-Straße am Neustädter Hafen.
Alle Versuche mit Reflektoren, akustischen Vergrämungsanlagen oder gar Duftstoffen, das Wild von der Straße fern zu halten, scheitern meist früher oder später, weil sich die Tiere daran gewöhnen. Genauso wie sich die Menschen an Warnschilder gewöhnen und sie oft nicht beachten.
2 So vermeiden Sie Unfälle bei Wildwechsel

Die sicherste Methode, Wildunfälle zu vermeiden, ist recht banal: Vorausschauend und langsam fahren sowie bremsbereit sein. Jäger Karsten Münzer aus Verden rät, Warnhinweise ernst zu nehmen und den Seitenstreifen im Blick zu behalten. Und sich nicht von nachfolgenden Verkehrsteilnehmern bedrängen zu lassen. Sobald man in den Dunkelheit ein Tier am Straßenrand entdeckt: Abbremsen, Fernlicht aus und hupen, um das Tier zu verscheuchen.
Rehe meiden in der Regel Scheinwerferlicht. Und werden genau deshalb auch zur Gefahr für Autofahrer, so Bremens Stadtjäger Harro Tempelmann. Denn kaum sind sie quasi im toten Winkel des Lichtkegels, laufen sie los. Weshalb auch er rät: Wer am Augenblitzen am Straßenrand erkennt, dass sich dort Wild aufhält, das droht, die Straße zu queren, kann versuchen, es mit der Hupe zu verjagen. Man sollte nie denken, dass das Tier am Straßenrand "nur herumsteht", so Tempelmann.
Gerade Rehe registrieren den Scheinwerferkegel und gehen einen Schritt zurück. Wenn sie selbst aber wieder im Dunklen sind, dann springen sie oft doch los und direkt ins Auto.
Harro Tempelmann, Bremer Stadtjäger
Sich auf das Sicherheitssystem des Fahrzeugs zu verlassen, trügt. Einen Wildunfall kann bislang kein Notbremsassistent verhindern. Nur wenn vor mir plötzlich jemand wegen eines Wildwechsels scharf bremst, kann so eine Bremsautomatik eine Hilfe sein.
Nils Linge vom ADAC in Bremen rät: Im Fall des Falles bremsen und das Lenkrad festhalten. Seine Erfahrung von Sicherheitstrainings ist, dass viele, wenn es ein Hindernis gibt, unkontrolliert lenken. Für viele ist es zwar eine furchtbare Vorstellung, aber manchmal ist es sicherer, kontrolliert zusammenzustoßen, als unkontrolliert auszuweichen, so Nils Matthiesen von der Bremer Polizei. Riskante Ausweichmanöver könnten den Autofahrer selbst sowie den Gegenverkehr gefährden.
3 Das müssen Sie im Fall der Fälle tun
Hat es doch geknallt, dann immer erst die drei W's bedenken: Warnblinker an, Warnweste an und dann den Wagen verlassen, um das Warndreieck hundert Schritte hinter dem Autos aufzustellen. Den Wildunfall meldet man umgehend unter der Notrufnummer 110. Und zwar ganz gleich, ob das Tier tot, verletzt oder geflohen ist, so Stadtjäger Tempelmann: "In jedem Fall muss man die Polizei rufen und den Wildunfall melden. Das braucht auch die Versicherung." In der Regel informiert die Polizei dann den Revierpächter, der nach dem verletzten Wild suchen kann.
Keinesfalls darf ein verletztes Tier angefasst werden, da es unberechenbar reagieren kann, sagt Stadtjäger Tempelmann. Und ein verletztes oder auch totes Tier ins Auto packen und mitnehmen? Auf keinen Fall. "Das ist streng verboten, das ist Wilderei", warnt Tempelmann. Das tote Tier darf auch nicht verwertet werden, sondern muss "entsorgt" werden. Es sei ohnehin nicht mehr zum Essen geeignet, da das Fleisch durch den Zusammenstoß meist stark beschädigt sei.
Die Unfallbescheinigung der Polizei und des zuständigen Jägers benötigt man später nebst Fotos für die Voll- oder Teilkaskoversicherung. "Schäden am eigenen Fahrzeug, die durch Haarwild wie Rehe und Wildschweine verursacht werden, begleicht die Voll- beziehungsweise Teilkaskoversicherung", so der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Auch hat ein Wildunfall laut GDV keinen Einfluss auf die individuelle Schadensfreiheit, die beim Versicherungsnehmer zu Rabatten führen kann. Ein Schaden an der Straße oder der Leitplanke wird durch die Kfz-Haftpflichtversicherung abgedeckt.
Dieses Thema im Programm: Bremen Vier, Bremen Vier läuft, 30. September 2021, 17:15 Uhr