Können die Bremer Parteien mit den sozialen Medien umgehen?

Nein, sagt der Politikwissenschaftler Andreas Klee. In seinen Augen sind die Parteien von der strategischen Nutzung der Plattformen noch Lichtjahre entfernt.

Bild: Radio Bremen

Im Wahlkampf für die Bremer Landtagswahl sind soziale Medien aus politikwissenschaftlicher Sicht für die meisten Parteien kein starkes Instrument. "Ich habe nicht den Eindruck, dass die sozialen Medien eine wichtige Komponente im Wahlkampf sind bezüglich der Mobilisierung der Wählerinnen und Wähler", sagt der Direktor des Zentrums für Arbeit und Politik an der Universität Bremen, Andreas Klee. Dabei gäbe es in Klees Augen "schon Möglichkeiten, Zielgruppen zu definieren und das viel strategischer zu machen." Davon seien die Parteien im Bremer Wahlkampf allerdings "Lichtjahre weit entfernt".

"Bei SPD und Grünen wirkt es wie eine Pflichtübung." Die Beiträge seien stark an die eigene Gruppe gerichtet. Beim CDU-Spitzenkandidaten Carsten Meyer-Heder wirke es strategischer, dennoch gelinge es ihm über Facebook nicht, eine große Menge von Menschen zu begeistern. Rund 3.000 Abonnenten sind Klee zufolge ein Zeichen für einen eher geringen Bekanntheitsgrad.

Die Bremer Parteien halten soziale Medien wie Facebook nach eigenen Angaben für wichtig im Wahlkampf. Ziel sei, mit Menschen in Kontakt zu kommen, über Politik zu informieren und zu diskutieren, sagte der Landesgeschäftsführer der Bremer SPD, Roland Pahl. Die CDU sieht das ähnlich und verweist auf einen weiteren Vorteil. "Spannende und ungewöhnliche politische Kommunikation kann auch dazu beitragen, die Wahlbeteiligung zu erhöhen", sagte Sprecherin Rebekka Grupe.

Die Grünen nutzen Facebook eigenen Angaben zufolge, um über ihre politischen Inhalte zu informieren, auf Missstände aufmerksam zu machen und Alternativen aufzuzeigen. "Ebenso ist es uns wichtig, mit den Usern in einen Austausch zu kommen" sagte Sprecherin Linda Neddermann.

Im Partei-Vergleich ist die AfD auf Facebook besonders erfolgreich

Besonders aktiv in den sozialen Medien ist die AfD. "Sie sehen das Internet als Kampfgebiet", sagt Klee. Dort wolle die Partei ihre Sicht der Wirklichkeit darstellen. "Über Social-Media erzielen wir unter allen Parteien die größte Reichweite", sagt der AfD-Vize im Land Bremen, Thomas Jürgewitz. Dass AfD-Mitglieder und AfD-nahe Menschen soziale Medien zur Vernetzung nutzen, zeigt sich Klee zufolge auch im kleinsten Bundesland. "Gerade in der bremischen Gesellschaft ist es nicht unbedingt einfach, sich öffentlich zur AfD zu bekennen. Deshalb bieten sich die sozialen Medien an."

Und das scheint zu funktionieren: Unter den Bremer Parteien hat die AfD mit rund 14.000 Abonnenten auf Facebook die meisten Fans. Welche Reichweite die Partei haben kann, zeigt ein Video des AfD-Spitzenkandidaten Frank Magnitz vom 8. Mai, das mehr als 100.000 Mal aufgerufen wurde. Die Linke in Bremen hat rund 5.000 Abonnenten, die FDP etwa 4.400 und die Grünen rund 3.000. Die Bremer CDU zählt auf Facebook etwa 2.400 Abonnenten, die Regierungspartei SPD rund 2.100. Damit hat die Partei, die seit mehr als 70 Jahren im kleinsten Bundesland den Regierungschef stellt, auf Facebook im Parteienvergleich die wenigsten Anhänger.

Lencke Steiner hat die meisten Facebook-Fans

Unter den Spitzenkandidatinnen und -kandidaten hat die 33-jährige Lencke Steiner von der FDP mit Abstand die meisten Follower. Mehr als 19.200 Menschen haben ihren Facebook-Auftritt abonniert. Besonders oft gesehen wurde ein Video, in dem sie aus ihrem Bett heraus einen Angriff auf den AfD-Politiker Magnitz kommentiert. Mehr als 43.000 Mal wurde es aufgerufen und bundesweit in Medien kommentiert. Die Bürgermeister-Seite von Sieling hat rund 6.600 Abonnenten.

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 22. Mai 2019, 19:30 Uhr

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