Interview

Bremer Epidemiologe rechnet mit jährlichen Wiederholungsimpfungen

In Bremen und Bremerhaven können sich auch Menschen unter 70 Jahren zum vierten Mal impfen lassen. Wann die Auffrischungsimpfung Sinn macht, erklärt Forscher Hajo Zeeb.

In Bremen und Bremerhaven können sich auch Menschen unter 70 Jahren eine zweite Auffrischungsimpfung gegen das Coronavirus abholen – entgegen der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko). Aber ist auch für junge Menschen eine vierte Impfung sinnvoll? Der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie erklärt, für wen die erneute Spritze jetzt schon geeignet ist und was auf uns zukommen könnte.

Sollten auch jüngere Menschen sich eine zweite Auffrischungsimpfung gegen das Corona-Virus geben lassen?

Alle, auch Jüngere, sollten erst einmal überlegen, wie lange die letzte Impfung zurückliegt. Und ob sie zwischendurch eine Infektion mit Corona durchgemacht haben. Wenn die Antwort auf Frage eins "mehr als sechs Monate" ist, und auf Frage zwei "nein", dann kann eine weitere Impfung sinnvoll sein – auch für Menschen unter 70. Das liegt an den deutlichen Hinweisen darauf, dass die Effektivität der Impfung unter Omikron-Bedingungen mit zunehmender Zeit nachlässt.

Für wen ist es besonders sinnvoll, sich zum vierten Mal gegen das Coronavirus impfen zu lassen?

Besonders sinnvoll bleibt es für alle Menschen mit Vorerkrankungen und schwächerem Immunsystem, denn die können auch bei der allgemein milderen Omikron-Variante schwer erkranken. Alle älteren Menschen sollten sich sowieso erneut impfen lassen. Wenn jemand häufig an Erkältungskrankheiten leidet, kann dies ein Hinweis sein, dass die Immunität nicht so gut ist, also bietet sich eine Impfung an.

Alle älteren Menschen sollten sich sowieso erneut impfen lassen.

Hajo Zeeb, Epidemiologe am Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen, spricht in seinem Büro
Epidemiologe Hajo Zeeb

Ist die Stiko-Empfehlung schon veraltet? Immerhin hatten viele Menschen unter 70 bereits vor fünf oder mehr Monaten ihre dritte Impfung.

Die Stiko-Empfehlung wird sicherlich zeitnah geprüft und überarbeitet, vor dem Herbst oder Winter wird es vermutlich eine Aktualisierung geben.

Bedeutet das auch, dass wir in Zukunft immer wieder Auffrischungsimpfungen machen lassen müssen?

Das ist denkbar, insbesondere wenn es so bleibt, dass die Immunität nach Impfung mit der Zeit nachlässt – selbst wenn die Vakzine eventuell angepasst werden können. Ich persönlich rechne mit Wiederholungsimpfungen etwa im jährlichen Rhythmus. Aber ich weiß natürlich auch noch nicht, ob nicht doch eine ausreichende Immunität auf Basis von Impfung und Infektion entsteht, die nicht immer wieder angeregt werden muss.

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau am Morgen, 3. Mai 2022, 7 Uhr