Personalengpass bei der Feuerwehr: Wie sicher ist Bremen im Brandfall?

Normalerweise wäre die Berufsfeuerwehr Bremen mit rund 75 Kräften besetzt. In den vergangenen Tagen waren es im Schnitt 55 Feuerwehrleute. Welche Folgen hat das?

"Stell' dir vor, es brennt und keiner kommt", ist ein Werbespruch der Freiwilligen Feuerwehr. In Bremen kommt wohl ein ähnliches Bild in den Kopf, wenn man hört, dass in den vergangenen Tagen bei der Bremer Berufsfeuerwehr jeweils rund 20 Schichten gefehlt haben. Normalerweise wäre die Bremer Feuerwehr mit 75 Feuerwehrleuten besetzt. Aktuell sind es nur rund 55 Kräfte.

Besonders an heißen Tagen arbeitet die Bremer Feuerwehr laut Sprecher Michael Richartz am Limit: "An normalen Tagen hat die Bremer Feuerwehr 250 Einsätze, am Mittwoch waren es aufgrund der Hitze ungefähr 100 Einsätze mehr." Und er erzählt, dass es am Mittwochabend zwei Brände gegeben habe, "beim dritten Feuer wäre es schwierig geworden." In der Situation hätte man dann nicht mehr aus dem Vollen schöpfen können.

Allerdings sei die Situation laut Richartz im Alltag ähnlich, wenn viel zu tun sei: "Die Ressourcen sind endlich." Richartz sagt jedenfalls, die Versorgung in Bremen sei "uneingeschränkt sicher". Die Feuerwehr versuche mit verschiedenen Plänen den Personalnotstand auszugleichen. Die oberste Priorität dabei: "Der Rettungsdienst muss funktionieren." Dafür werde auch Personal flexibel verschoben. Zusätzlich gebe es die Freiwillige Feuerwehr in der Hinterhand, die insbesondere bei längeren Einsätzen helfe.

Die Berufsfeuerwehren stellen den Grundschutz sicher, aber wir sind in einer schwierigen Situation. Alles andere wäre gelogen.

Der Sprecher der bremer Feuerwehr, Michael Richartz
Michael Richartz, Sprecher Feuerwehr Bremen

Fahrzeuge zum Teil nicht fest besetzt

Michael Richartz stellt klar: "Wir besetzen eigentlich alles, was gefordert wird." Allerdings zu einem gewissen Preis: "Statt mit sechs Leuten rücken wir dann zum Beispiel mit vier Einsatzkräften aus." Fahrzeuge, die sonst regulär besetzt werden würden und nicht dringend gebraucht werden, werden laut dem Sprecher der Bremer Feuerwehr aktuell nicht fest besetzt: "Die Fahrzeuge werden dann nur bei Einsätzen besetzt, wenn sie gebraucht werden."

Für den akuten Personalmangel sieht Richartz zwei Gründe: "Wir haben die Haupturlaubszeit und einen hohen Krankenstand, der mit Corona zusammenhängt." Gerade könnten 22 Feuerwehrleute wegen Corona nicht eingesetzt werden.

Feuerwehr-Gewerkschafter: Bremen spart durch Mehrarbeit Geld und Personal

René Dreimann, Sprecher der Deutschen Feuerwehrgewerkschaft in Bremen, sieht aber auch hausgemachte Probleme bei der Bremer Feuerwehr. Im EU-Recht ist geregelt, dass die 48-Stunden-Woche auch bei Bereitschaftsdiensten nicht überschritten werden darf. In Bremen gibt es aber eine Sonderregel, dass die Beamten freiwillig bis zu 56 Stunden arbeiten dürfen. "Viele arbeiten freiwillig 56 Stunden. Die meisten machen das gerne. Bremen spart dadurch aber Personal und Geld ein", sagt Dreimann. Und so habe Bremen ohnehin eine relativ dünne Personaldecke, die dann bei Krankheit und Urlaub anfälliger wird.

Auch Dreimann bestätigt die Darstellung des Bremer Feuerwehrsprechers: Der Rettungsdienst in Bremen sei zu keiner Zeit gefährdet. "Trotz immenser Unterbesetzung in Bremen wird da sehr drauf geachtet." Es könne im Zweifel sein, dass die Leute in ihrer Schicht aus dem Brandschutz raus genommen werden.

Und trotzdem werde der Rettungsdienst aktuell "über dem Limit gefahren", sagt Dreimann. Grund sei auch der Personalmangel in Krankenhäusern: "Es muss für alles ein Rettungswagen raus geschickt werden, so sind die Rechtsgrundlagen. Wenn dann die Krankenhausbetten alle belegt sind, müssen die Menschen trotzdem 'qualifiziert übergeben' werden. Die können ja nicht einfach auf den Fußboden gelegt werden." So seien Krankenwagen teilweise eine Stunde dadurch gebunden, dass sie am Krankenhaus warten müssen, bis sich die Krankenhäuser um die Patienten kümmern können.

Der Innenbehörde ist die Situation nach eigener Aussage bekannt. Es sind auch Änderungen geplant. Allerdings rechnet man erst im kommenden Jahr mit einer Entspannung der Personallage.

Schichten in Bremerhaven besetzt

In Bremerhaven ist die Situation laut Gewerkschafter Dreimann und Bremerhavens Feuerwehr-Sprecher Michael Ehrholdt anders. Auch das liegt laut Dreimann an der 48-Stunden-Woche, die in Bremerhaven, anders als in Bremen, als Maximum vorgeschrieben ist. Die Wachstärke sei in Bremerhaven auf jeden Fall gesichert, erklärt Ehrholdt: "Trotz der Urlaubssaison sorgen die Feuerwehrleute in Bremerhaven mit viel Engagement und mit Mehrarbeit dafür, dass Schichten immer besetzt werden können." Allerdings bedeute das Engagement auch, dass bei der Bremerhavener Feuerwehr in letzter Zeit viele Überstunden angefallen seien.

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Bild: dpa | Bernd Weißbrod

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Nachmittag, 22. Juli 2022, 14:13 Uhr