Nur noch Hafen-Notbesetzung: Mehrere Hundert Streikende in Bremerhaven

So läuft der 24-Stunden-Warnstreik der Hafen-Beschäftigten

Bild: Radio Bremen
  • Warnstreik legt deutsche Seehäfen vielerorts lahm.
  • Bis zu 3.500 Streikende über den Tag in Bremerhaven erwartet.
  • Gewerkschaft Verdi zufrieden mit bisheriger Teilnehmerzahl.

An vielen Stellen in den Seehäfen an der deutschen Nordseeküste ging heute nichts mehr: Die Gewerkschaft Verdi hat 12.000 Hafenarbeiter zum 24-stündigen Warnstreik aufgerufen – und zwar bis Freitagmorgen um 6 Uhr. In Hamburg gingen 4.000 Beschäftigte auf die Straße. In Bremerhaven rechnet Verdi über den Tag verteilt mit 2.500 Streikenden. Mehrere Hundert machten ihrem Unmut am Morgen vor den Hafentoren deutlich.

Wir sind mit der Beteiligung zufrieden, sagte ein Verdi-Sprecher nach Streikbeginn. Es seien nur noch Notbesetzungen an den Terminals. Die Beschäftigten der Seehäfen machten mit aktuellen Warnstreiks deutlich, dass die Angebote der Arbeitgeber völlig unzureichend seien. Der Zentralverband der deutschen Seehafenbetriebe ZDS hatte zuletzt bis zu 1,20 Euro pro Stunde mehr vorgelegt. Die vierte Tarifrunde war unter der Woche gescheitert.

Aufgeheizte Stimmung bei Hafenarbeitern

Ein Sprecher des Containerunternehmens Eurogate sagte, die Terminals in Hamburg und Wilhelmshaven stehen komplett. In Bremerhaven würde noch mit ungefähr 15 Containertransportern, so genannten Van Carriern, an Land gearbeitet. Die Abfertigung am Wasser sei ebenfalls zum Stillstand gekommen. Es sei aber an allen Terminals ein Notdienst eingerichtet worden. Gewerkschaftssekretär Markus Westermann zeigte sich nach dem Streikauftakt in Bremerhaven zufrieden.

Die Stimmung ist aufgeheizt, weil es kein Angebot der Arbeitgeber gibt. Wir sind sehr zufrieden, dass im Hafen erst mal nichts läuft. Dann gucken wir, ob die Arbeitgeber sich tatsächlich bewegen. Wenn nicht, müssen wir mit den Mitgliedern gucken, inwieweit wir weitere Streikmaßnahmen machen.

Markus Westermann, Gewerkschaftssekretär

Bekennerschreiben für Farbattacke auf BLG-Gebäude

Teilweise kamen bei den Demonstrationen in Bremerhaven und Hamburg auch Rauchtöpfe und Böller zum Einsatz – was man aus der Vergangenheit so nicht kennt. Das Bremer Hafenunternehmen BLG hatte nach der vierten Verhandlungsrunde scharf kritisiert, dass Unbekannte das Bürogebäude mit Farbbeuteln und Steinen beworfen hatten. Inzwischen gibt es ein Bekennerschreiben, in dem sich eine Gruppe mit den Hafenarbeitern solidarisiert und der BLG vorwirft, mit Transporten für Munition von Krieg und Ausbeutung zu profitieren.

Ulrike Riedel, Arbeitsdirektorin der BLG, kommentierte den Vorfall bisher nicht weiter und sprach von Vandalismus. Die Polizei ermittelt noch. Riedel forderte die Gewerkschaft Verdi dringend auf, den Druck herauszunehmen und einem Vermittlungsverfahren zuzustimmen. Das, was angeboten wurde, sei deutlich höher als das, was in anderen großen Branchen abgeschlossen wurde.

Wir sehen, dass die Inflation alle Beschäftigten trifft. Aber mit einer dauerhaften Erhöhung von bis zu 7,2 Prozent sind wir diesem Anspruch auch gerecht geworden, dass es einen Ausgleich der Inflation gibt.

Ulrike Riedel, BLG

Die Häfen seien stark betroffen von den angespannten Lieferketten, im Automobilumschlag hätten im Moment eine sehr angespannte Lage wegen fehlender Teile. Auf die Situation in den Betrieben sei Rücksicht zu nehmen, man sei deutlich über das Leistbare hinaus gegangen, so Riedel.

Zum Nachmittag seien Engpässe möglich

Laut Hafenbehörden in Bremerhaven hat der Streik bislang keine zusätzlichen Auswirkungen. Allerdings dürfte er die ohnehin angespannte Lage weiter verschärfen. Denn in der Deutschen Bucht liegen wegen der Schwierigkeiten in den Lieferketten schon gut ein Dutzend Containerschiffe in Warteposition.

Die Polizei in Bremerhaven meldet, es sei auf den Verkehrswegen in und aus den Häfen am Morgen ruhig geblieben. Eventuell sei am Nachmittag zum Schichtwechsel mit Engpässen zu rechnen.

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Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Nachrichten, 23. Juni 2022, 12 Uhr