Wegen des Krieges werden jetzt diese Alltagswaren in Bremen knapper

Bild: Imago | Rene Traut

Der Krieg in der Ukraine blockiert den Import von Weizen, Speiseöl und anderen Vorprodukten. Was das für die Einkäufe von Bremerinnen und Bremern bedeutet, erklären wir hier.

Die Konsequenzen der russischen Invasion in die Ukraine sind längst auch für Bremer Verbraucher spürbar. Vor allem Sonnenblumenöl ist bei Hamsterkäufern gefragt. Welche Folgen das hat, erklären wir hier.

1 Supermärkte: Sonnenblumenöl und Mehl knapp

Der Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID) hat schon zu Kriegsbeginn gewarnt, dass Blockaden und Sanktionen "spürbare Einflüsse auf Verfügbarkeit und Preise von Ölsaaten und deren Produkten" haben würden – also vor allem bei Sonnenblumen, Lein und Soja. Deutschland, das seinen Bedarf an Sonnenblumenöl zu 94 Prozent über Importe abdeckt, bekommt dies jetzt zu spüren. Denn die Ukraine und Russland beliefern rund 60 Prozent des Weltmarkts. Auch in Bremens Supermärkten gibt es Engpässe, teilen Supermarktbetreiber buten un binnen mit.

Dies gilt für Speiseöle, aber zum Teil auch für Mehl. Einschränkungen von Verkäufen sind allerdings bislang nur in Einzelfällen vorgekommen, und auch bislang nicht in Bremen. So hat Aldi Süd an manchen Tagen Sonnenblumenöl – konkret seine Eigenmarke – im Verkauf auf höchstens vier Flaschen pro Kunde eingeschränkt. Und Edeka appelliert an alle Kunden, sich solidarisch mit den anderen Kunden zu verhalten. Im Prinzip gäbe es aber eine "stabile Versorgungslage", so ein Edeka-Sprecher gegenüber buten un binnen.

Grund zur Sorge gibt es nach Einschätzung von Dirk Köckler, Chef von Deutschlands zweitgrößtem Agrarhändler Agravis kurzfristig nicht. Der Grund: Lieferverträge für Ölsaaten und Weizen würden mit Industrie und Landwirtschaft überwiegend langfristig abgeschlossen. Zudem könnten wegbrechende Einfuhren von Sonnenblumenöl aus der Ukraine beispielsweise mit Rapsöl aufgefangen werden.

2 Bäckereien: Brot und Brötchen werden wohl bald teurer

Ein Müller verschließt einen abgefüllten Weizenmehlsack (Archivbild)
Bäcker zahlen heute fast doppelt soviel für Weizenmehl wie vor einem Jahr. Bild: Imago | Joker/Petra Steuer

Auch Bremens Bäckereien sind vom Brötchen bis zum Weizenbrot auf Getreideimporte aus der Ukraine angewiesen. Zahlten Bäcker vor einem Jahr noch rund 35 Euro für einen Doppelzentner – also 100 Kilogramm – Weizenmehl, seien es mittlerweile rund 65 Euro, sagt der Branchenkenner Arne Struß, der als Betriebsberater rund 200 Bäckereien berät, darunter viele in Bremen und Niedersachsen. Auch Ölsaaten würden von Bäckereien gebraucht.

Seit dem Krieg sind die Preise nochmal deutlich gestiegen und ein Ende ist nicht in Sicht.

Arne Struß, Betriebsberater für Bäckereien

Die Verträge, die Bäckereien und Mühlen miteinander schlössen, würden in der Regel zwischen einem halben und dreiviertel Jahr laufen, sagt Struß. "Mittelfristig wird es daher Preissteigerungen geben." In Branchenforen habe er gelesen, dass bis Ende des Jahres in backenden Betrieben von 10 bis 15 Prozent Preiserhöhung ausgegangen werde, sagt Struß. "Aktuell würde allein die Steigerungen der Weizenpreise bis zu fünf Prozent ausmachen", sagt er. Darüber hinaus kämen andere Faktoren hinzu: gestiegene Energiepreise, Personalkosten im Zuge der geplanten Mindestlohnerhöhung, höhere Kosten für Papier und teurere Milchprodukte. Dass die Butter oder die Mehlpreise zwischenzeitlich mal stark angestiegen waren, sei immer mal wieder vorgekommen, sagt Struß. "Das Besondere jetzt ist allerdings, dass alles gleichzeitig geschieht."

3 Baumärkte: Nach Holz kostet nun wohl auch Dünger mehr

Die durch den Ukraine-Krieg bedingten Preiserhöhungen für Weizen und Ölsaat wirkten sich nicht nur auf zahlreiche Produkte im Lebensmitteleinzelhandel aus, sagt Jan König, Geschäftsführer des Handelsverbands Nordwest. "Engpässe gibt es derzeit aber auch bei Dünger." Der globale Düngemittelmarkt hatte nach der Invasion Russlands in der Ukraine mit einem Preissprung reagiert. Denn Russland war zuletzt der weltgrößte Exporteur von Stickstoffprodukten, die für Düngemittel gebraucht werden.

Das wird sich nicht nur auf die Landwirtschaft auswirken, sondern auch auf die Düngemittelpreise in Baumärkten. "Dort hatte man sich angesichts der stark gestiegenen Holzpreise in diesem Jahr eigentlich Besserung erhofft", sagt König. Jetzt würden die Frachtketten jedoch weiterhin nicht wieder in Schwung kommen.

4 Apotheken: Run auf Jod-Tabletten

Betroffen vom Ukraine-Krieg und den damit verknüpften atomaren Drohungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin sind auch die Apotheken. So ist die Nachfrage nach Jodtabletten geradezu explodiert. Dem Marktforschungsunternehmens Insight Health zufolge hat sich der Absatz im Vergleich zum Vorjahr zuletzt vervierfacht. Demnach wurden in der Woche vor dem Ukraine-Krieg 28.600 Einheiten verkauft. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar stieg die Nachfrage sprunghaft an: Zwischen 23. Februar und 1. März wurden 62.100 Packungen abgegeben, in der Woche bis zum 8. März sogar 120.500 Packungen.

Bremens Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) teilte angesichts der Hamsterkäufer vieler Bremerinnen und Bremern bereits mit, dass es in Bremen ausreichend hochdosierte Jod-Tabletten gebe, um im Falle der radioaktiven Belastung die Bevölkerung damit zu versorgen. Eine Verteilung sei im Fall des Falles über Apotheken sichergestellt. "Diese Verteilpläne werden aktuell auch nochmals aktualisiert", ergänzte Bernhard und warnte: "Eine frühzeitige Einnahme von viel zu niedrig dosiertem Jod hat keine positive Wirkung. Gleichzeitig werden Jod-Tabletten zur Therapie von Schilddrüsenerkrankungen weiterhin benötigt."

Bremer Experte zu Hamsterkäufen: "Typisches Steinzeit-Verhalten"

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 14. März 2022, 19:30 Uhr