So sehen Wirtschaftsexperten Bremens Steuerpläne für Krisengewinner

Bremen will Sondersteuer für kriegsbedingte Übergewinne

Bild: dpa | Waltraud Grubitzsch

Durch den Krieg in der Ukraine steigen die Preise, vor allem Ölkonzerne profitieren. Bremen will mit einer Übergewinnsteuer gegensteuern. Doch wie sinnvoll ist der Vorschlag?

Der Bremer Senat will einen Teil der überhöhten Gewinne abschöpfen, die einige Unternehmen infolge der Preisverwerfungen durch den Krieg in der Ukraine erwirtschaftet haben. Vor allem Mineralölkonzerne sollen demnach eine sogenannte Übergewinnsteuer zahlen. Den Vorschlag will Bremen im Bundesrat einbringen. Diese Steuer würde auf Gewinne anfallen, die etwa Mineralölhändler gemacht haben, weil sie selbst ihre Preise erhöht haben, obwohl die Kosten nicht im selben Maße gestiegen sind.

Ökonom: Konzerne haben in der Krise riesige Gewinne gemacht

Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel findet die Idee einer Übergewinnsteuer gut: "Unbestreitbar hat die Krise vor allem im Energiebereich Übergewinne erzeugt." Der Staat gleiche die Preistreiberei mit teuren Finanzhilfen aus. Um diese Hilfen zu bezahlen, wäre die Steuer sinnvoll. Ein Problem sieht Hickel aber darin, "normale" Gewinne von Übergewinnen zu unterscheiden, aber auch dafür gäbe seriöse Lösungen.

Der gut begründete Vorschlag des Landes Bremen verdient bundesweite Anerkennung.

Rudolf Hickel, Bremer Wirtschaftswissenschaftler

Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin sieht ebenfalls ein Problem im Begriff Übergewinn: "Grundsätzlich lässt sich das nicht sagen, ab wann Konzerne 'Übergewinne' einfahren. Eine angemessene Rendite hängt von den Risiken ab, und die sind oft nicht messbar." Klar sei aber, dass die Mineralölkonzerne in der Krise riesige Gewinne gemacht hätten.

England und Italien als Vorbilder

In Englischen Gewässern wird Öl in der Nordsee gebohrt
In England gibt es bald eine Steuer für Unternehmen, die Gas und Öl fördern (Archivbild). Bild: dpa | Danny Lawson

Deutschland wäre mit der Sondersteuer auf Gewinne der Mineralölkonzerne nicht alleine: Italien hat die Steuer eingeführt, England möchte ebenfalls Gewinner der Krise zur Kasse bitten. In Italien werden Umsatzsteigerungen bei Mineralölunternehmen von über fünf Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr mit 25 Prozent besteuert. "Kurzfristig geht das", sagt Stefan Bach vom DIW. Trotzdem könnten gerade in Italien die höheren Steuern auch dafür sorgen, dass die Unternehmen die Steuern wieder auf die Verbraucher abwälzen würden – die Preise also noch weiter steigen würden.

England will eine Steuer für die Gas- und Ölförderunternehmen einführen. Dabei würden Übergewinne bei Nordseegas mit 25 Prozent besteuert werden. Dieses Modell habe weniger Einfluss auf die Preise, weil Englische Ölförderer die Rohstoffe auf dem Weltmarkt verkaufen müssten und dort mit anderen Unternehmen konkurrieren, die diese Steuer nicht bezahlen müssten, erklärt Bach. Deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich also erstmal keine Sorgen wegen der britischen Übergewinn-Steuer machen.

Übergewinnsteuer wohl schwer umzusetzen

Das Modell zur Übergewinnsteuer in Deutschland dürfte laut Bach ähnlich wie in Italien aussehen – wenn es denn kommt. In Deutschland werde wenig Rohöl oder Gas gefördert, daher könnten hier nur die Händler besteuert werden. "Wir würden damit erfassen, wenn Konzerne zusätzliche Gewinne auf die nationalen Verbraucher abwälzen würden. Den ungleich stärkeren Anstieg der internationalen Öl- und Gaspreise würden wir damit aber nicht erfassen", sagt er.

Aus Sicht von Rudolf Hickel zeigen die Beispiele von den europäischen Nachbarn, dass diese Steuer auch in Deutschland möglich wäre. Wichtig für ihn: Mit den Steuern sollten Entlastungen für ärmere Menschen finanziert werden. Stefan Bach sieht dagegen ein grundsätzliches Problem. Er glaubt nicht, dass der Vorschlag durchkommen wird. Die Finanzverfassung sei restriktiv, Bund, Länder und Gemeinden beharren auf ihren Kompetenzen und es bräuchte eine 2/3-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat.

Es wäre wohl verfassungsrechtlich schwierig, eine Steuer nur für eine Unternehmensbranche zu erlassen: "In Deutschland legen wir Wert auf Gleichbehandlung", die könnten Gerichte verletzt sehen, wenn die Übergewinnsteuer nur für Mineralölkonzerne kommen würde, so Bach.

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 31. Mai 2022, 19:30 Uhr