Palmen-Automat: Wie ein Norddeutscher einen kuriosen Coup landete

In immer mehr Städten stehen Automaten für Palmen- und Bananen-Saatgut. Angefangen hat alles in Sandkrug bei Oldenburg. Die schräge Geschichte eines Palmen-Liebhabers.

Palmen in Bremen und umzu – aus dem Kaugummi-Automaten

Bild: Radio Bremen | Sonja Klanke

Kaugummiautomaten scheinen aus der Mode zu sein, man sieht sie kaum noch im Stadtbild. Vorbei die Zeit, in der Kinder für einen Groschen bunte Süßigkeiten aus dem Ausgabeschacht fischten. Seit kurzem gibt es in Norddeutschland jedoch vermehrt neue Automaten mit Münzeinwurf – mit überraschendem Inhalt. Für etwas Kleingeld kommen hier Gartenfreunde und Botaniker auf ihre Kosten. Verschiedene Sorten Palmen- und Bananen-Saatgut stecken in den Apparaten – je ein Euro pro Kapsel. Anbei eine Keimanleitung und für 20 Cent zusätzlich passender Dünger. Im Schnitt werden die Automaten alle drei Monate mit neuem Sortiment befüllt.

Hinter der kuriosen Geschichte steckt der 39-jährige Florian Faust aus Sandkrug. Alles begann, als er vor 15 Jahren mit seiner Freundin in zusammenzog. Und er bemerkte, dass er einen grünen Daumen hat.

Ich habe zu ihr gesagt, ich möchte als erstes eine große Pflanze haben – eine Palme. Weil unsere gut gewachsen ist, habe ich im Internet recherchiert.

Florian Faust

Palmenexperte: erst Berufung, dann Beruf

Eine Plastikkapsel mit Saatgut wird in einer offenen Handfläche gehalten
Karibik-Feeling zum selber machen: In solchen Plastikkapseln steckt Palmen- und Bananen-Saatgut. Derzeit wird nach einer nachhaltigeren Lösung gesucht. Bild: Radio Bremen | Sonja Klanke

Eins kam zum anderen und Faust lernte Leute kennen, bei denen er seitdem im Urlaub in der Schweiz neues Saatgut erntet. Mittlerweile wachsen 20 große Palmen in seinem Garten und weitere 15.000 Pflanzen in seinem Gewächshaus, darunter Oliven- und Zitruspflanzen. Auch die beiden Facebook-Präsenzen des Sandkrugers gedeihen prächtig: Seine Seite hat derzeit über 5.500 Abonnenten, in seiner Gruppe tauschen sich aktuell fast 14.000 Palmen-Fans zur Pflege und dem Umgang mit mediterranen Pflanzen aus. Auf die Idee mit den Saatgut-Automaten reagierte die Community mit großer Nachfrage. Jahrelang betrieb der gelernte Milchlagerist die Palmenzucht ausschließlich als Hobby, vor vier Jahren meldete Faust ein Gewerbe an. Ein Freund brachte ihn auf die Automaten-Idee. "Ein Kumpel ist im August 2018 im Urlaub gewesen und hat mir ein Bild von einem Automaten geschickt", sagt Faust. "Ich kenne jemanden, der alte Kaugummiautomaten vertrieben hat, den habe ich dann angeschrieben."

Der Prototyp kam gleich gut an

Drei Samen und ein Beipackzettel liegen neben einer geöffneten Plastikkapsel
Neben weiteren Automaten sind auch Saatgut-Adventskalender geplant. Bild: Radio Bremen | Sonja Klanke

Der 39-Jährige lackierte und baute ein Exemplar um, beschriftete es und postete das Resultat in dem sozialen Netzwerk. "Dann kamen gleich hundert Anfragen, wo ich den Automaten aufstellen will." Inzwischen ist das Angebot auf 13 Stück angewachsen und erstreckt sich von der Wesermarsch über Bremen bis nach Gütersloh. Doch Norddeutschland reicht dem Gründer nicht, künftig will er die Automaten auch in Frankreich, der Schweiz und Österreich aufstellen, vielleicht sogar in Dänemark. Und der Züchter hat noch mehr Ideen. "Ab August fangen wir mit unserem Saatgut-Adventskalender an", freut sich Faust. 24 Sorten sorgen dann für exotische Überraschungen.

Derzeit ist er auf der Suche nach ökologischen Alternativen zu den Plastikkapseln. Dass die karibischen anmutenden Pflanzen im Norden wachsen, liegt übrigens nicht etwa am Klimawandel. Es gibt sogar Palmen-Arten, die Frost vertragen können. Sorge, es könnte sich bei seiner Idee um einen flüchtigen Trend handeln, hat er nicht: "Ich sage mal so, Palmen machen süchtig. Das ist wirklich so. Es gibt so viele Leute, die das ausprobieren möchten. Das ist schon eine tolle Sache."

Autorinnen und Autoren

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Sonntag aus Bremerhaven, 14. Juli 2019, 14:45 Uhr

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