Interview

Dieser Bremer schickt mit SpaceX einen Satelliten ins All

Bild: Niklas Voigt

Niklas Voigt hat in Florida den in Bremen mitgebauten Umweltsatelliten EnMAP für den Start vorbereitet. Heute brachte eine Rakete den Satelliten in die Erdumlaufbahn.

Der Systemingenieur des Bremer Raumfahrtunternehmens OHB fragt sich schon seit fast einem Monat: "Was ist das denn für ein Arbeitsplatz?". Niklas Voigt ist in Florida, auf der "Cape Canaveral Space Force Station", einem Raketenstartgelände der US-Airforce. Dort hat er den deutschen Umweltsatelliten EnMAP für den Start vorbereitet. An diesem Freitag, dem 1. April 2022, brachte eine Falcon-9-Rakete des US-Konzerns SpaceX von Elon Musk den Satelliten schließlich in die Erdumlaufbahn. EnMaps Mission: Er soll aus 650 Kilometern Höhe Daten zu Klimaveränderungen liefern. Wie der junge Wissenschaftler die Zeit erlebt, hat er buten un binnen erzählt.

Herr Voigt, "Cape Canaveral" – das kennen die meisten ja nur von den Raketenstarts aus dem Fernsehen. Wie ist es dort wirklich?

Erst mal gibt es ganz viel Wasser, Sumpf, Mangroven und überall Krokodile. Wir dürfen ja nicht selbst über das Raketenstartgelände, dem "Air Force Space" der US-Airforce fahren. Also haben wir einen Busfahrer und er zeigt uns immer: 'Schau mal, da ist ein Alligator und da auch.' Außerdem hat man uns vor dem Risiko gewarnt, dass ein Alligator um die Ecke kommt, wenn wir draußen etwas essen. Aber bis jetzt haben wir es alle unverletzt überstanden.

Ein Alligator schwimmt in einem Gewässer
Alligatoren rund um dem Arbeitsplatz von OHB-Ingenieur Niklas Voigt. Bild: Niklas Voigt

Und wie können wir uns Ihre Arbeit dort vorstellen? Ich meine, Sie arbeiten mit dem US-Raumfahrtunternehmen SpaceX von Elon Musk zusammen, das in den Medien sehr präsent ist.

Mit SpaceX arbeite ich schon seit längerem zusammen, auch für eine andere Mission. Aber klar: Das Unternehmen ist oft in den Medien. Es ist superspannend, zu sehen, wie das bei denen läuft. Man muss sich vorstellen: Die starten eigentlich jede Woche Starlink-Satelliten (Satelliten, die Internetzugang ermöglichen, Anm. d.Redaktion) und andere Missionen. Wir haben auch schon mehrere Starts gesehen. Der Hammer! Und sowieso: Wenn man hier über das Gelände fährt, sieht man überall links und rechts die ganzen Startrampen auch von den anderen Raketen. Aus der Entfernung können wir sogar die NASA-Mondrakete am Kennedycenter sehen. Wir in unserem Team schauen uns immer an und denken: "Was ist das denn für ein Arbeitsplatz?"

Sie und Ihr Team bereiten ja gerade Deutschlands ersten sogenannten hyperspektralen Erdbeobachtungssatelliten vor. Damit fliegt ja wieder ein Stück Bremen ins All?

Der Satellit wurde von OHB an beiden Standorten, also in Bremen und Oberpfaffenhofen bei München gebaut. Denn so ein Satellit besteht aus zwei Teilen: Dem Instrument und dem sogenannten Bus. Das "Hyperspektralinstrument" kommt aus Süddeutschland und die Bremer haben den "Satellitenbus" gebaut. Dieser steuert das Instrument, versorgt es mit Strom und richtet den Satelliten zum Beispiel im Orbit aus.

Eine Straße mit Palmen mit dem Hinweisschild US Space Force
Kennt man nur aus dem Fernsehen: Cape Canavarel der US-Airforce. Bild: Niklas Voigt

Das Hyperspektralinstrument hört sich abgefahren an. Was kann das?

Das Instrument von EnMAP ist etwas ganz Besonderes. Meine Kollegen sagten: "An die Grenzen der Physik und der Optik gebaut." EnMAP steht ja für "Environmental Mapping and Analysis Program".  Es geht also darum, die Umwelt zu vermessen. Der Satellit ist auf einer Wissenschaftsmission.

Dieses Hyperspektralinstrument kann zum Beispiel von seiner Erdumlaufbahn in 650 Kilometern Höhe messen, ob Felder zu trocken sind oder ob Nährstoffe fehlen. Es kann zeigen, wie es den Wäldern geht. Und weil der Satellit immer wieder über die gleichen Stellen fliegt für mindestens fünf Jahre, bekommen wir ultrawichtige neue Informationen, wie und wo sich etwas verändert. Damit können wir den Klimawandel besser verstehen.

Das EnMAP Team vor dem Spacex Gebäude
Das EnMap-Team in Florida fiebert dem Start entgegen. Bild: OHB

Und wo sind Sie, wenn der Satellit startet?

Dann bin ich im "Launch Landing Control Room". Das ist ein fensterloser Raum mit ein paar Bildschirmen. Da verfolgen wir sechs Stunden lang den SpaceX-Countdown. Die SpaceX-Verantwortlichen haben regelmäßig Wetterbriefings, schicken Ballons hoch und sagen: "Ja, sieht gut aus." Und wir geben die Infos an das Bodensegment vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen weiter.

Mein Job ist übrigens beendet mit der Separation, der Trennung des Satelliten von der Rakete. Dann übernehmen die Kollegen und ich kann Urlaub machen.

Autorin

  • Anna-Lena Borchert
    Anna-Lena Borchert Autorin

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 1. April 2022, 19:30 Uhr