Bremerhavener Experten: Für Offshore-Windenergie fehlen Fachkräfte
- In der Branche arbeiten nur rund 21.400 Vollzeitkräfte.
- Für Ausbauziele werden aber mehr als 40.000 benötigt.
- Branchenvertreter fordern Qualifizierungs- und Ausbildungsoffensive.
Um die Ausbauziele der Bundesregierung im Bereich Offshore-Windenergie zu erreichen, fehlt es in Deutschland an Fachkräften. Das ist das Ergebnis einer Studie des Marktforschungsinstituts Windresearch, das die Windenergie-Agentur Bremerhaven (WAB) am Mittwoch gemeinsam mit Vertretern der Branche vorgestellt hat. Die Zahl der Vollzeitkräfte ist laut Studie seit Ende 2018 deutschlandweit um 3.000 Beschäftige auf nun rund 21.400 gesunken. Der Umsatz der Branche sei in Deutschland innerhalb dieser Zeit von 9,8 auf 7,4 Milliarden Euro zurückgegangen.

Die Branchenvertreter fordern deshalb eine politisch unterstützte Qualifizierungs- und Ausbildungsoffensive. "Der Ausbau auf mindestens 70 Gigawatt Offshore-Wind bis 2045 kann nur gelingen, wenn jetzt in Sachen Beschäftigung und maritime Industrie die richtigen Weichen gestellt werden. Es geht um Investitionen, die den ambitionierten Zielen gerecht werden", sagte WAB-Geschäftsführerin Heike Winkler. Für die Realisierung der derzeitigen Ausbauziele müssen laut Studie bis 2040 insgesamt mehr als 40.000 Beschäftigte in der Offshore-Windenergiebranche tätig sein.
Wir brauchen eine Gesamtanstrengung der Wind- und maritimen Industrie mit einer Qualifizierungs- und Ausbildungsoffensive.
Heike Winkler, WAB-Geschäftsführerin
Winkler sagte zu buten un binnen, dass Bremerhaven diese Chance nutzen solle, um sich wieder als Windkraftstandort zu etablieren. Es gebe nach wie vor kompetente Offshore-Unternehmen in der Stadt. Und auch bei der Produktion von Wasserstoff aus Windenergie gebe es in Bremerhaven Potenzial.
Nicht nur Fachkräfte fehlen
Aber nicht nur an Personal fehle es, die Bundesregierung müsse auch in die notwendige Infrastruktur investieren, unter anderem im Bereich der Häfen und Werften, so die WAB. Um schnell effizient Strom und grünen Wasserstoff auf See produzieren zu können, müsse Deutschland zudem vermehrt mit anderen Ländern zusammenarbeiten, fordert Winkler.
Auch mit den erhöhten Ausbauzielen bleibe die Situation der deutschen Lieferkette aufgrund der aktuellen Auftragsflaute zunächst angespannt, teilte die WAB weiter mit. Seit Mitte 2020 wurden in Deutschland überhaupt keine neuen Offshore-Windanlagen mehr aufgebaut.
Branche kämpft mit Lieferengpässen
Laut der Studie sind derzeit deutschlandweit 862 Firmen im Bereich der Windenergie tätig, darunter 23,8 Prozent ausschließlich im Bereich Offshore-Windenergie. Die Zahl der Unternehmen in der Branche sei zwar gestiegen, die Zulieferkette sei jedoch nicht mehr vollständig, da einige Firmen Insolvenz angemeldet oder sich auf andere Bereiche spezialisiert hätten. Es fehlen laut Studie Unternehmen in den Bereichen Turm- und Plattformbau, Installationslogistik und Spezialschiffbau. Engpässe gebe es unter anderem in den Bereichen Sensorik und Halbleiter.
Die Bundesregierung will die Erzeugungskapazität auf See bis 2030 auf 30 Gigawatt (GW) und bis 2045 auf mindestens 70 GW steigern. Derzeit sind Anlagen mit einer Leistung von knapp 7,8 GW in Betrieb, 6,7 GW davon in der Nordsee, weitere 1,1 GW in der Ostsee.
Ausbau der Offshore-Windkraft: Ist das bis 2030 überhaupt realistisch?
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 30. März 2022, 15 Uhr