Fragen & Antworten

Bund und Länder streiten um 9-Euro-Ticket: Das sind die Knackpunkte

Ein stark vergünstigtes ÖPNV-Ticket soll auch Bremerinnen und Bremer für drei Monate finanziell entlasten. So lautet der Plan. Doch nun hakt es gewaltig bei der Umsetzung.

Mehr mit Bussen und Bahnen fahren, weniger mit dem Auto. Das geplante 9-Euro-Ticket soll auch einen Beitrag zur Verkehrswende leisten. Bis es aber losgehen kann, sind noch ziemlich viele Fragen offen. Das sind die wichtigsten Streitpunkte.

Wann soll das Ticket kommen?

Ab Anfang Juni bis Ende August sollen Fahrgäste bundesweit für 9 Euro pro Monat im Nah- und Regionalverkehr fahren können. Drei Monate Nahverkehr in Deutschland kosten dann also insgesamt 27 Euro. Das ist deutlich günstiger als übliche Monatstickets. Abonnentinnen und Abonnenten von Monatskarten sollen sich um nichts kümmern müssen. Das 9-Euro-Ticket soll mit den bisherigen Zeittickets verrechnet werden. Menschen, die bisher nicht den Nahverkehr genutzt haben, soll das günstige Ticket die Nutzung von Bussen und Bahnen schmackhaft machen.

Was will die Bundesregierung insgesamt für die günstigeren Tickets bezahlen?

Der Bund hat zugesagt, den Ländern, die für den Nahverkehr zuständig sind, Geld in Höhe von 2,5 Milliarden Euro zu erstatten. Durch das günstigere Ticket rechnen die Länder nämlich in der Zeit mit deutlich weniger Einnahmen im Nahverkehr. Dazu will die Bundesregierung den Nahverkehr in ganz Deutschland mit 1,2 Milliarden Euro untersützen. Das Geld soll die höheren Kosten abfedern, die der Nahverkehr in der Pandemie hatte. Die andere Hälfte davon übernehmen die Länder. Sie hatten aber eigentlich 1,6 Milliarden vom Bund gefordert. Bundesverkehrsminister Volker Wissing argumentiert: Im Zeitraum des 9-Euro-Tickets würden die Verkehrsbetriebe keine Verluste durch die Pandemie machen. Deswegen gibt der Bund nur 1,2 Milliarden Euro – macht insgesamt 3,7 Milliarden Euro vom Bund für die Länder.

Worüber streiten Bund und Länder?

Es gibt zwei große Knackpunkte: Zum einen warnte die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz der Länder, Bremens Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne), das Risiko beim 9-Euro-Ticket dürfe nicht bei den Ländern liegen. Falls die Verkehrsbetriebe noch höhere Kosten haben, die die 3,7 Milliarden Euro übersteigen, müsse dafür notfalls der Bund aufkommen. Schaefer will also, dass der Bund im Zweifel Geld "nachschießt", falls es nicht ausreichen sollte, um die Kosten für das Ticket zu decken.

Die Länder wollen also quasi einen Blankoscheck, den Wissing bisher nicht bereit ist auszustellen. Die Länder hätten im Gegensatz zum Bund gewollt, dass das Ticket bundesweit gilt und müssten nur für einen reibungslosen Verkehr sorgen – sprich: Sie müssten im Falle von überfüllten Zügen auf beliebten Strecken möglicherweise mehr Wagen einsetzen oder höhere Takte fahren.

Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig kritisiert, der Bund versuche, Kosten teilweise auf die Länder abzuwälzen und mit dem Corona-Rettungsschirm zu verrechnen.

Wer bestellt, muss auch zahlen.

Martin Dulig (SPD), Sachsens Verkehrsminister

Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter sagte: "Wenn, wie erwartet, viele Menschen das Ticket nutzen wollen und dafür zusätzliche Züge und Busse bereitgestellt werden müssen, will der Bund das Geld dafür nicht aufbringen." Der Streit könnte noch wichtig werden, denn bevor das Ticket eingeführt wird, muss der Bundesrat dem Ganzen zustimmen. Die Länder haben also noch ein gewichtiges Wort mitzureden.

Was fordern die Länder noch?

Der andere Knackpunkt: Die Länder wollen 2022 zusätzliches Geld in Höhe von 1,5 Milliarden Euro für den Nahverkehr. Damit wollen sie die Inflation bei Energie-, Bau- und Personalkosten ausgleichen. Maike Schaefer befürchtet, dass Verkehrsunternehmen sonst ihre Ticketpreise erhöhen oder einen niedrigeren Takt anbieten oder Strecken streichen müsste. "Beides ist nicht kompatibel mit der Idee und dem Ziel der dreimonatigen 9-Euro-Ticketaktion, mit der aktuell eine Weichenstellung für die Verkehrs- und Mobilitätswende erfolgen soll", schreibt Schaefer in einem Brief an Bundesminister und Fraktionschefs im Bundestag.

Obwohl auch SPD und Grüne im Bund in Teilen für Schaefers Forderung sind, lehnt Bundesverkehrsminister Wissing (FDP) den Vorschlag ab. Er verweist darauf, dass auch die Länder und der Nahverkehr von Entlastungen profitierten, beispielsweise davon, dass der Bund die Energiesteuer auf Kraftstoffe zeitweise senkt.

Wie geht es weiter?

Die deutschen Verkehrsunternehmen, zu denen zum Beispiel auch die BSAG gehört, haben Bund und Länder am Dienstag aufgefordert, offene Fragen nach der Finanzierung dringend zu klären. Die Verkehrsbetriebe seien in Vorleistung gegangen. Sie haben zum Beispiel schon eine digitale und bundesweite Ticketplattform für das 9-Euro-Ticket aufgebaut. Es sei aber offen, welche Kosten beim 9-Euro-Ticket tatsächlich auf die Verkehrsunternehmen zukommen werden.

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 12. April 2022, 15:40 Uhr