Banksy-Ausstellung in Bremen: Das Rätsel hinter seiner Anonymität

Bild: Dominik Gruss

Banksy sorgt weltweit mit seinen Kunstaktionen für Aufsehen. Nun wird sein Werk in Bremen in einer multimedialen Wanderausstellung gezeigt.

Seine Kunst soll provozieren, politische Botschaften verständlich vermitteln und der Gesellschaft einen Spiegel vorhalten: Banksy ist wohl der bekannteste Street-Art- Künstler weltweit. Seine Werke werden für Millionen versteigert. Aber wer er ist, bleibt weiterhin ein Geheimnis. In Bremen zeigt die neue Ausstellung "The Mystery of Banksy" im BLG-Forum seine Kunst. Die Wanderausstellung soll seine Absichten und Ziele für alle erlebbar machen.

Wer ist Banksy?

Banksy ist zwar seit den 90ern aktiv, bis jetzt bleibt er für die Öffentlichkeit allerdings ein Mysterium. Seine Anonymität hält er von Beginn an strikt ein. Auch wenn immer wieder verschiedene Vermutungen über seine wahre Identität auftauchten, weiß selbst Historiker und Banksy-Experte Ulrich Blanché nur: "Laut meiner Forschung ist er weder der Massive Attack Frontman noch ein Frauen-Kollektiv, sondern ein einzelner weißer Brite, der bald 50 wird." Und das, obwohl Banksys Werke zu den teuersten der Gegenwart zählen und auf Auktionen für Millionen ersteigert werden.

Wenn niemand weiß, wer er ist – wie verkauft er seine Bilder?

Hier stellt sich natürlich die Frage, wie das alles funktionieren soll: Verkauf und Autorisierung seiner Werke – ja sogar Ausstellungen wie jetzt in Bremen, ohne dass jemand den Künstler je gesehen hat? Könnte sich nicht jeder als Banksy ausgeben und so Millionen scheffeln? Ganz ohne Menschen, die ihn kennen, geht es dann eben doch nicht: Banksy arbeitet mit Mittelsmännern zusammen, die alle verschwiegen bleiben. Also Personen, die ihn kennen, mit ihm in Kontakt stehen und die organisatorischen Tätigkeiten übernehmen.

Auch die Ausstellung wurde über eine Stiftung autorisiert. So ist sich die Kuratorin der Ausstellung, Virginia Jean, sicher: "Banksy weiß von dieser Ausstellung, aber ein Feedback werden wir nicht bekommen."

Exponate der Ausstellung "The Mystery of Banksy",u.a. ein Klavierflügel
Die Hotellobby von Banksys Hotel in Bethlehem mit der "schlechtesten Aussicht der Welt" auf die Sperranlage zwischen Westjordanland und Israel. Bild: Dominik Gruss

Warum diese Anonymität?

Dass Banksy anonym bleibt, hat seinen Sinn. Die Themen, die er anspricht, sind kontrovers. Laut Kuratorin Jean sei die Anonymität ein wichtiger Faktor, um weiter seine provokanten Aussagen deutlich machen zu können. "Banksy meint, wenn man wirklich ehrlich bei diesen Themen sein möchte, muss man eine Maske tragen." Für seine Bekanntheit war dieses Mysterium allerdings auch ein ordentlicher Schub.

So zitiert Banksy-Experte Blanché den Street-Artist: "Banksy hat sich auf diese Frage hin mal mit Charlie Chaplin verglichen, dessen Figur auch nach der Stummfilmära in Filmen kaum sprach. Wenn Banksy aus der Anonymität kommen würde, würde er wie jeder andere Comedian werden."

Was zeichnet seine Arbeit aus?

Eine kritische Perspektive auf Konflikte, den Kapitalismus und das Weltgeschehen, das ist es, was die Werke thematisch vermitteln. Doch auch, was die Technik angeht, hob sich Banksy zunächst von anderen Sprayern ab: Eines seiner Markenzeichen ist nämlich die Arbeit mit sogenannten Stencels, also Schablonen. Ein Weg, den andere Graffiti-Artists zunächst kritisierten, da das kein großes Können erfordert. Aber so konnte Banksy immer schnell vor Ort detaillierte Bilder sprayen. Schließlich ist Graffiti auch immer ein Risiko: "Sein Trick, um ungesehen irgendwo hinzukommen, ist es, eine Warnweste anzuziehen. Sowas klappt wohl leichter, als man denkt, die Menschen fragen dann nicht mehr nach."

Inzwischen werden die Aktionen allerdings immer größer und zeigen sich nicht mehr nur als Bilder. Das viele Geld, das er verdient, findet sich auch in den Ausmaßen wieder: So kaufte und designte er beispielsweise ein Rettungsschiff für Geflüchtete, das seitdem im Mittelmeer zum Einsatz kommt, oder betreibt ein Hotel in Betlehem, das den Nah-Ost-Konflikt thematisiert.

Exponate der Ausstellung "The Mystery of Banksy", Wandgemälde und U-Bahn Waggon
Die Werke sollen möglichst realitätsgetreu dargestellt werden. Bild: Dominik Gruss

Wie kann Graffiti oder "Street Art" ausgestellt werden?

Banksys Werke beziehen sich meistens auf den Ort, an dem sie gesprayt wurden. Für eine Ausstellung erstmal ungeeignet, schließlich sind die Bilder weltweit verteilt an Hauswänden oder Mauern zu finden. Deshalb arbeitet "The Mystery of Banksy" in Bremen mit Replikaten: "Wir wollen vor allem die Botschaft von Banksy vermitteln. Außerdem wollen wir uns nicht an dem Kunstraub beteiligen, der teilweise mit Banksys Werken stattfindet. Sie werden aus Hauswänden rausgerissen und teuer verkauft – das ist sicherlich nicht in seinem Sinne", erklärt die Kuratorin.

Um die Kunst möglichst authentisch zu replizieren, wurden lokale Graffiti-Künstlerinnen und Künstler engagiert, die mit der Spraydose aktiv waren. "Manchmal habe ich auch Stunden im Internet verbracht, um eine britische Kloschüssel zu finden, damit ich eines seiner Fotos nachbauen kann." Die Gäste laufen dann durch mehrere thematisch abgestimmte Räume, die Banksys größte Projekte zusammenbringen. Mit dabei: der Nachbau der Lobby von Banksys Hotel in Bethlehem oder ein kleines Stück U-Bahn.

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 8. April 2022, 19:30 Uhr