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Wurde bei der Bremerhaven-Wahl 2015 getrickst?

Neue Vorwürfe gegen Selim und Patrick Öztürk in Bremerhaven: Sie sollen versucht haben, mit den Stimmen bulgarischer Zuwanderer die Kommunalwahl zu beeinflussen. Das geht aus einer Anfrage der Piratenpartei an den Bremerhavener Magistrat hervor – und die Radio-Bremen-Recherchen haben ergeben: Da könnte etwas dran sein.

Kommunalwahl 2015: Wurde in Bremerhaven getrickst?

Bild: Radio Bremen | Martin von Minden

In der Stadtverordneten-Versammlung Bremerhaven sitzen 48 Gewählte. Unter ihnen möglicherweise einige, die nicht auf demokratisch einwandfreie Art an ihr Mandat gekommen sind. Alexander Niedermeier, Einzelabgeordneter der Piratenpartei, befürchtet, dass die Wahl im Juli 2015 manipuliert wurde. Mehrere Informanten haben uns unabhängig voneinander ebenfalls von diesem Verdacht erzählt.

Was ist der Vorwurf?

Die Piratenpartei stützt ihre Vermutung auf Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss zum mutmaßlichen Sozialbetrug in Bremerhaven. Im Fokus stehen zwei Vereine und deren Verantwortliche Selim und Patrick Öztürk: Sie boten den EU-Zuwanderern Hilfe an, zum Beispiel bei Behördengängen oder Übersetzungsleistungen.

Auch sämtliche Behördenpost sollen die Vereine abgewickelt haben. Die Piratenpartei vermutet, dass das auch für die Unterlagen zur Kommunalwahl gilt. Denn als EU-Zuwanderer dürfen Bulgaren bei Kommunalwahlen auch in Deutschland ihre Stimme abgeben. So könnte möglicherweise die Wahl manipuliert worden sein.

Was soll konkret passiert sein?

Niedermeiers Anfrage an den Magistrat bezieht sich vor allem auf mögliche Auffälligkeiten bei den Briefwahlstimmen. Wie alle Behördenpost sollen die EU-Zuwanderer auch ihre Briefwahl-Unterlagen Selim Öztürk vorgelegt haben – und der soll dann dafür gesorgt haben, dass die Kreuze, zugunsten bestimmter Kandidaten und Parteien gemacht wurden.

Der Vorwurf bezieht sich aber nicht nur auf die Briefwahl. Die Piratenpartei hat nach eigener Aussage auch Hinweise darauf, dass den EU-Zuwanderern gesagt wurde, wen sie in der Wahlkabine wählen sollten. Dabei könnte es vor allem um die persönlichen Stimmen für die Kandidaten gegangen sein. Denn diese sind bei den Kommunalwahlen für das Wahlergebnis besonders wichtig. Im Stadtteil Bremerhaven-Lehe, wo besonders viele bulgarische Zuwanderer leben, haben einige Kandidaten in drei Wahllokalen tatsächlich auffällig viele persönliche Stimmen bekommen.

Wer soll davon profitiert haben?

Nach Recherchen von Radio Bremen könnte es im Vorfeld der Kommunalwahl eine geheime Absprache gegeben haben. Ihr Ziel: dem späteren Bürgerschaftsabgeordneten Patrick Öztürk zu einem Sitz in der Bürgerschaft zu verhelfen und zwei Bremerhavener SPD-Mitglieder in die Stadtverordneten-Versammlung zu bringen. Letztere wiesen gegenüber Radio Bremen die Vorwürfe zurück. Selim und Patrick Öztürk, die Verantwortlichen der beiden Vereine, haben sich bisher auf Anfrage von Radio Bremen zu den Vorwürfen nicht geäußert.

Was sind die Konsequenzen?

Zunächst einmal ist die Stadtverordneten-Versammlung gefragt. Sie muss entscheiden, wie sie mit der Anfrage von Alexander Niedermeier von der Piratenpartei umgeht. Nur wenn die Stadtverordneten-Versammlung das Thema weiterverfolgt, könnten sich daraus Konsequenzen ergeben. So oder so wird es schwierig sein, die Auswirkungen auf den Wahlausgang zweifelsfrei zu belegen.

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Autorinnen und Autoren

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 25. August 2017, 19:30 Uhr

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