Interview

"Schafft keine Seite allein": Bremer Mieterverein fordert Entlastung

Eine Frau liegt mit Decke auf dem Sofa und überprüft ihre Heizung (Symbolbild)
Auch eine Drosselung der Heizung ist für den DMB Mieterverein Bremen in Absprache mit allen Beteiligten denkbar. (Symbolbild) Bild: dpa | Christin Klose

Gaspreis-Deckel und Kündigungsschutz soll zahlungsunfähigen Mietern helfen. Doch auch einige Vermieter würden so geschützt, sagt die Geschäftsführerin des Mietervereins.

Wegen der Preisexplosion bei Energie fordert der Deutsche Mieterbund die Bundesregierung zu einem Entlastungspaket für Mieterinnen und Mieter auf. Das unterstützt auch der DMB Mieterverein Bremen. Niemandem dürfe gekündigt werden, weil er wegen stark gestiegener Heizkosten seine Nebenkostenabrechnung oder hohe Preisanpassungen nicht fristgerecht bezahlen könne. Und ein gesetztlich festgeschriebener Gaspreisdeckel soll zudem ausschließen, dass die Preise für die Mieter ins Unermessliche steigen. In Bremen will man dadurch auch einen Teil der Vermieter schützen. Warum und wie das zusammenhängt hat Kornelia Ahlring, Geschäftsführerin vom Mieterverein Bremen, buten un binnen erklärt.

Frau Ahlring, eine Gaspreis-Deckelung und speziellen Kündigungsschutz, wenn Mieter die Energiepreise nicht zahlen können, fordert der Mieterbund in Deutschland. Stimmen Sie hier in Bremen dem uneingeschränkt zu?

Natürlich stimmen wir dieser Forderung uneingeschränkt zu. Wir gehen davon aus, dass die Energiekosten durchaus das Dreifache betragen können als normalerweise. Wenn man eine Heizkostenabrechnung von 1.000 Euro hat, dann ist man wahrscheinliche schnell bei 3.000 Euro. Es muss also etwas passieren.

Kornelia Ahlring vom DMB Mieterverein Bremen e. V.
Kornelia Ahlring, Geschäftsführerin des DMB Mietervereins Bremen, sieht nur eine gemeinsame Lösung von Mietern und Vermietern. Bild: DMB Mieterverein Bremen e. V.

Wann darf ein Vermieter überhaupt die Wohnung kündigen, wenn Mieter ihre Nebenkosten nicht bezahlen können?

Da gibt es keine eindeutige Rechtssprechung. Miete und Nebenkosten bilden zusammen den Mietpreis. Das heißt, die Abrechnungsergebnisse aus den Nebenkosten zählen dazu. Wenn es zu hohen Nachzahlungs-Forderungen kommt, kann das also unter Umständen dazu führen, dass dies als Mietrückstand gewertet wird. Dann wäre eine Kündigung ab dem zweiten Monat, in dem nicht gezahlt wird, erlaubt. Aber nicht jedes Amtsgericht, das für solche Fälle zuständig ist, entscheidet auch so, nur, weil eine Nachzahlung offen ist. Aber weil die Rechtssprechung nicht eindeutig ist, sehen wir da ein Problem und fordern deshalb eine Kündigungsschutz.

Wie realistisch ist das aus Ihrer Sicht, dass es ein Kündigungs-Moratorium wirklich geben wird? Dass Mietern wegen der offenen Nebenkosten also nicht gekündigt werden darf?

Das halte ich für sehr realistisch. Das hatten wir ja schon während des ersten Jahres der Corona-Pandemie, als Mieter durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit nicht zahlen konnten. Für die Dauer von drei Monaten im April, Mai und Juni galt das Kündigungs-Moratorium. Wer in diesem Zeitraum in Zahlungsschwierigkeiten geriet, die Miete also nicht zahlen konnte, konnte nicht gekündigt werden. Insofern kann ich mir das hier auch vorstellen, dass, wenn Zahlungen in großer Höhe ausstehen, eine Kündigung nicht möglich ist. Für welche Dauer und welchen Zeitraum muss dann noch geklärt werden.

Aber irgendwann müssen Mieter ja zahlen. Wie sollen sie das – zum Beispiel – nach drei Monaten stemmen?

Wir wissen alle schon jetzt, was auf uns zukommt, man kann die Augen ja auch nicht verschließen. Deshalb sollten diejenigen, die es können, die Vorauszahlungen schon jetzt anheben. Und wer das nicht kann, sollte es dem Vermieter rechtzeitig sagen, also schon jetzt ankündigen, dass es zu Zahlungschwierigkeiten kommen kann. Dann kann man zum Beispiel eine Ratenzahlung vereinbaren. Ein frühes Gespräch ist auch deshalb wichtig, weil das Thema Energiekosten auch für viele Vermieter in Bremen nicht einfach zu wuppen ist. Denn nicht alle haben wie die Gewoba oder anderen Gesellschaften riesige Wohnungs-Kontingente. Viele Vermieter, besonders in Bremen, haben nur ein, zwei oder drei Wohnnparteien – und sie gehen mit den Energiekosten ja in Vorleistung. Deshalb fordern wir als Mieterbund auch einen Gaspreisdeckel, der natürlich für alle gilt: für Mieter und für die Vermieter.

Wer soll das dann bezahlen?

Die Finanzierung steht auf einem anderen Blatt. Aber ab einer bestimmten Größenordnung muss gesagt werden: Hier ist Schluss! Die Weitergabe der Energiekosten von den Energieversorgern an die Vermieter und die Mieter muss dann gestoppt werden.

Ihre Bundeschefin hat auch die Vermieter aufgefordert, Lösungen zu finden. Welche können das sein?

Die Vermieter sollten in der Pflicht stehen, dass sie die Anlagen regelmäßig warten, den hydraulischen Abgleich machen, sodass die Wärme gleichmäßig überall ankommt. Da kann man auch sparen. Und Vermieter sollten sich auch bemühen, mit ihren Mietern in Kontakt zu bleiben. Sie könnten zum Beispiel ein Infoblatt machen, mit Tipps zum Sparen. Und ihre Mieter fragen, ob sie auf ein Grad Wärme verzichten würden – ob 20 Grad Zimmertemperatur für sie ausreichen würde statt 21 Grad. Das gilt auch fürs Duschen, wenn das warme Wasser über die Heizung erwärmt wird. Dann könnten sie die Heizung drosseln.

Aktuell ist das Drosseln nur nachts erlaubt. Diese Nachtabsenkung wird sowieso angeraten, auch außerhalb von Krisenzeiten, dass die Heizungsleistung nachts auf 17 oder 18 Grad reduziert wird. Tagsüber ist das nicht erlaubt. Wir raten unseren Mitgliedern zu schauen, wo sie selbst einsparen können. Dass Mieter heute mit dem Wissen die Heizung einfach laufen lassen, denke ich ohnehin nicht. Das ist ein Miteinander; eine Seite alleine schafft das sowieso nicht, das können wir nur alle zusammen.

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Bild: Radio Bremen
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