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Lassen Sie Ihre Partei im Stich, Frau Wischhusen?

Krömer-Talk: "Lassen Sie Ihre Partei im Stich, Frau Wischhusen?"

Bild: Radio Bremen | Niklas Hons

Mit Bremens FDP-Fraktionschefin Lencke Wischhusen spricht buten-un-binnen-Moderator Felix Krömer über ihren Quereinstieg in die Politik, die Zukunft – und Gründe für ihren Rückzug.

Ende 2014 tauchte sie plötzlich in der Bremer Politik auf: Lencke Wischhusen, damals noch 29 Jahre alt und parteilos, Unternehmerin. Sie wurde von der FDP als Spitzenkandidatin für die Bürgerschaftswahl gewählt. Bei der Wahl führte sie die Partei nach vierjähriger Abwesenheit wieder ins Bremer Landesparlament – mit einem mutigen und schrillen Wahlkampf.

Wischhusen trat daraufhin in die FDP ein und ist seitdem Fraktionschefin der Liberalen in der Bürgerschaft. In einem Jahr, nach der kommenden Bürgerschaftswahl, will sich Wischhusen aus der Politik zurückziehen. Im ausführlichen buten-un-binnen-Interview spricht Felix Krömer mit Lencke Wischhusen unter anderem über ihre Oppositionsarbeit, den Grund für ihren Ausstieg aus der Politik und ihre Pläne für die Zeit danach.

1 Sieben Jahre in der Politik: "Opposition ist echt scheiße!"

Ihre gesamte politische Karriere, sieben Jahre lang, musste sich Lencke Wischhusen mit der Oppositionsrolle begnügen. Gestalten konnten andere – ein Zustand, der die Familienunternehmerin genervt hat, wie sie ab Minute 17:55 erzählt.

Das ist jetzt nicht salonfähig, was ich sage, aber ich bin mal ehrlich: Nach sieben Jahren Opposition kann ich Ihnen sagen, es ist echt scheiße.

Lencke Wischhusen im Gespräch
Lencke Wischhusen, FDP-Fraktionsvorsitzende in der Bremischen Bürgerschaft

Wischhusen berichtet aus dem harten Oppositionsalltag: "Sie sitzen da, haben total viele Ideen und alles, was Sie sagen, können Sie gleich durch den Schredder jagen." Gerade für sie als eine Person mit Unternehmerinnen-Gen sei es hart: "Ich werde verrückt."

Und trotzdem macht Wischhusen ab Minute 36:20 deutlich: "Ich bin nicht sieben Jahre gefrustet gewesen. Ich habe sieben Jahre richtig Spaß gehabt." Es habe Spaß gemacht, die Oppositionsrolle auszufüllen, im Zweifel der CDU den Rang abzulaufen und die lautere Opposition zu sein. Und einige Erfolge verbucht Wischhusen auch für sich und die Bremer FDP. Über die spricht sie ab Minute 29:45.

2 Was bleibt von der weiblichen Führung in der Bremer FDP?

Wischhusen hat die Bremer FDP – gerade in der Außendarstellung deutlich weiblicher geprägt. Doch nun wird der Spitzenkandidat für die kommende Bürgerschaftswahl wohl wieder ein Mann. Konnte Lencke Wischhusen die Bremer FDP trotzdem langfristig weiblicher machen? Sie sieht die Frauenförderung in der Politik als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der alle Parteien sich verbessern müssen.

Auch die CDU und die SPD müssen sich die Frage stellen, wie sie es schaffen, Frauen für Politik zu begeistern.

Lencke Wischhusen im Gespräch
Lencke Wischhusen, Bremer FDP-Fraktionsvorsitzende

Das erläutert die FDP-Politikerin ab Minute 12:20: "Ich muss selbstkritisch sagen: Ich als Frau habe es eben nicht geschafft, viele Frauen noch zusätzlich für uns aktiv zu begeistern", so Wischhusen. Frauen müssten sich immer die Frage stellen, wie sie es schaffen würden: "Ich habe meine Familie, ich darf mich um Kinder kümmern, ich will vielleicht noch einem Hobby nachgehen und dann noch Politik. Das ist meistens das fünfte Rad am Wagen, was dann zu kurz kommt, weil man es nicht mehr schafft."

3 Kindererziehung zwischen Telefonaten und Videocalls

Die FDP Fraktionsvorsitzende Lencke Wischhusen beim arbeiten mit ihrem Baby.
FDP-Fraktionsvorsitzende Lencke Wischhusen in der Bremischen Bürgerschaft mit ihrer Tochter. Bild: Radio Bremen

Seit zwei Jahren ist Wischhusen selbst Mutter – und erlebt die Schwierigkeiten im Spannungsfeld zwischen Kindererziehung, Arbeit und Familienleben persönlich, erzählt sie ab Minute 39:10. "Ich bin eine sehr liebende Mama und meine Tochter ist für mich die absolute Nummer eins", sagt sie. Aber auch, dass ihre Tochter mitlaufe.

Ich hatte einen Kaiserschnitt, einen Tag vorher habe ich noch Telefonate und Videocalls gemacht, dann bin ich ins Krankenhaus und fünf Tage später saß ich auch wieder am Schreibtisch – nur dann eben mit Baby im Körbchen.

Lencke Wischhusen im Gespräch
Lencke Wischhusen, FDP-Fraktionsvorsitzende in der Bremischen Bürgerschaft

Ihre Tochter sei "wirklich ein Pendelbaby, seit sie sechs Wochen alt ist, pendelt sie mit mir." Deshalb spiele ihre Tochter natürlich eine große Rolle, aber sei keine "Karriere-Bremse".

Was Wischhusen anders machen würde, wenn sie noch ein Kind bekäme, erzählt sie ab Minute 39:50.

4 Quereinstieg in den Politikbetrieb: "Habe mich nicht glattschleifen lassen."

Lencke Wischhusen hat immer wieder ihre Herkunft aus einer Unternehmerfamilie betont. Sie ist damals mit 29 Jahren als Quereinsteigerin in die Landespolitik gestartet. Über diesen Quereinstieg spricht Wischhusen ab Minute 41. Sie verrät, dass sie als Spitzenkandidatin vor der Bürgerschaftswahl das Programm der FDP nicht gelesen hatte.

Ich wusste, was ich gut finde, ich wusste, dass die FDP die meisten Schnittstellen hat. Ich wusste auch, dass ich mit der CDU Schnittmengen hatte, aber ich fand die FDP cooler, ich fand' die Leute besser.

Lencke Wischhusen im Gespräch
Lencke Wischhusen, FDP-Fraktionsvorsitzende in der Bremischen Bürgerschaft

Mit dem Vorwurf, sie sei nie richtig im Politikgeschäft angekommen, kann Wischhusen nichts anfangen: "Ich habe mich nicht glattschleifen lassen. Das heißt nicht, dass ich nicht in dem Politikbetrieb angekommen wäre."

5 Grund für den Politik-Ausstieg: "Bin ein absoluter Mittelstandsmensch"

Nach acht Jahren in der Politik wird Wischhusen im kommenden Mai nach der Bürgerschaftswahl ihr Amt als Fraktionsvorsitzende abgeben. Für sie nur konsequent, wie sie ab Minute 37:10 ausführt: "Für mich war immer klar: Ich möchte gerne Verantwortung haben, ich möchte ein Unternehmen haben, ich möchte Menschen führen, gemeinsam mit denen ein Werk umsetzen."

2018 hat die Familie das Unternehmen des Vaters verkauft. "Nichtsdestotrotz war für mich immer klar: Ich bin ein absoluter Mittelstandsmensch, lebe nur für das ganze Unternehmertum."

Und dieses Unternehmer-Gen will Wischhusen nach dem Ausstieg aus der Politik wieder stärker ausleben. Nach den Jahren in der Politik sei für Wischhusen die Zeit, zurück in die Wirtschaft zu gehen, "weil ich da vielleicht wieder stärker die Zügel in der Hand habe." Nach der Politik hat Wischhusen nach eigenen Angaben bisher nichts Neues geplant und will alles auf sich zukommen lassen, wie sie ab Minute 51 erzählt.

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 21. Mai 2022, 19:30 Uhr