Kommentar

Platanen-Streit: "Unverantwortliches Vorgehen der Linken"

Die Platanen an der kleinen Weser in Bremen.
Das Verhalten des Linken-Parteivorstandes sorgt koalitionsintern für Ärger. (Symbolbild) Bild: Radio Bremen

Nicht nur Bausentorin Schaefer von den Grünen ist vom Verhalten der Linken irritiert, auch unser Kommentator Torben Ostermann kann es nicht nachvollziehen.

Sichere Deiche schützen vor Sturmfluten – logisch. Und weil Bremen bereits jetzt regelmäßig von heftigen Sturmfluten betroffen ist und das Problem künftig eher größer als kleiner wird, muss der Deich in der Neustadt schnellstmöglich erhöht werden. Dumm nur, dass diese existentielle Frage nun zum Gegenstand von Parteipolitik geworden ist. Kann das wahr sein?

Dass den Linken die Platanen in der Neustadt wichtig sind, war schon bei den Koalitionsverhandlungen 2019 mit der SPD und den Grünen deutlich zu spüren. Es soll in dieser Sache, sagen wir, durchaus stimmungsvoll zugegangen sein, als die drei Partner darüber berieten, wie es in puncto Hochwasserschutz links der Weser weitergehen soll, hört man. Und das ist auch okay so. Es gibt wahrscheinlich kaum jemanden in Bremen, der die vielen alten und sehr ansehnlichen Bäume ohne größere Not fällen lassen würde.

130.000 Menschen müssen geschützt werden

Doch die Not ist groß. Große Wassermengen drücken regelmäßig gegen den völlig veralteten Deich, der an mehreren Stellen bereits von Weserwasser unterspült ist. Der zuständige Deichverband mahnt seit vielen Jahren eindringlich, dass Bremen endlich tätig werden muss – zwingend müsse ein sicheres Bollwerk her, um die 130.000 hinter dem Deich lebenden Menschen und ihr Hab und Gut zu schützen. So weit, so klar, so vernünftig.

Viele Bäume in einer Reihe direkt am Wasser.
Der Deich ist berits an vielen Stellen von der Weser unterspült. Bild: Radio Bremen

Doch während entlang von Weser und Elbe quasi ausnahmslos Deiche erhöht werden, steht ausgerechnet mitten im dicht bewohnten Bremen ein Deich-Provisorium. Ausgerechnet, weil hier die Schwankungen zwischen Hoch- und Niedrigwasser besonders groß sind. Trotzdem hat das Ressort die Anliegen der Bürgerinitiative zur Rettung der Platanen ernst genommen, deren Vorschläge eingehend geprüft, einen Runden Tisch einberufen, viel Zeit und Personal eingesetzt. Am Ende dieses langjährigen Prozesses kamen die zuständige Senatorin Maike Schaefer (Grüne) und ihre Mannschaft allerdings zu dem Ergebnis, dass vorher bereits plausibel erschien: Die Platanen müssen weg, um den Deich. Leider.

Nach Jahren der Auseinandersetzungen könnte man nun meinen: Alles klar, lasset die Planungen beginnen. Doch denkste! Und damit sind wir bei den Bremer Linken. Deren Landesvorstand hat nun entschieden, beim Thema Hochwasserschutz nicht mehr mitspielen zu wollen. Ein Senatsbeschluss, über den abgestimmt werden sollte, ist auf unbestimmte Zeit verschoben worden – auf un-be-stimm-te Zeit. Denn: legt ein Koalitionspartner sein Veto ein, geht’s nicht weiter. So will es die Geschäftsordnung der Koalition. Und so kämpft Die Linke nun Seite an Seite mit der Bürgerinitiative für die Bäume und damit gegen die eigenen Koalitionspartner SPD und Grüne. Deren Stimmung bewegt sich irgendwo zwischen sehr irritiert und stark verärgert.

Unverantwortlich nennt die zuständige Senatorin Maike Schaefer das Vorgehen der Linken und das ist es auch. Es ist unvernünftig, angesichts der mehr und höher werdenden Hochwasser und Sturmfluten, auch in Bremen. Zuletzt im Februar. Es ist unvernünftig angesichts des miserablen Zustands, in dem sich der Deich derzeit befindet. Und vor allem ist es unvernünftig, diese Angelegenheit zu einem wahltaktischen Thema zu machen, um potentielle Wähler für sich zu begeistern.

Dem Vernehmen nach sind nicht mal alle führenden Bremer Linken von dem Vorstoß ihres eigenen Landesvorstands überzeugt. Und das ist kein Wunder. Als gäbe es gerade jetzt nicht Themen, die die Partei mit noch größerem Nachdruck bespielen könnte: Maßnahmen gegen die steigenden Preise überall, Ideen für eine sozial gerechte Verkehrswende und so weiter.

Doch stattdessen nun die Rolle rückwärts beim Hochwasserschutz. Die Koalitionspartner verärgert, Teile der Öffentlichkeit mindestens irritiert. Viel wichtiger aber: Ein für die Sicherheit eines ganzen Stadtteils relevanter Vorgang wird ausgebremst, weil eine Partei auf populistischen Stimmenfang geht.

Autor

  • Torben Ostermann
    Torben Ostermann Autor

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau am Nachmittag, 28. Juni 2022, 16 Uhr