Schul-Tablets im Land Bremen: Welche Lern-Apps sind sinnvoll?

Die meisten Schülerinnen und Schüler im Land Bremen haben mittlerweile ein Tablet bekommen. Doch welche Apps sollten darauf installiert werden? Antworten von Experten.
Viele Bremer Kinder und Jugendlichen haben jetzt ein iPad zuhause. Das Tablet soll den Unterricht ergänzen – und beim Distanzunterricht helfen. Doch anfangs gab es einige Schwierigkeiten mit den vorinstallierten Anwendungen. Diese werden zentral verwaltet vom Zentrum für Medien. Das bedeutet: Das Zentrum entscheidet, welche Apps auf den Tablets landen – und kann diese dann auch aufspielen. Für ganz Bremen oder für einzelne Altersstufen oder Schulen.

Der Leiter des Zentrum für Medien, Rainer Ballnus, sagt, einzelne besorgte Eltern hätten sich mit Bedenken gemeldet: Einige kritisierten, dass die Mediathek und die Audiothek der ARD verfügbar sind. Andere waren dagegen, Youtube zugänglich zu machen. In beiden Fällen hatten Eltern Sorge, dass ihre Kinder Inhalte sehen oder hören könnten, die für ihr Alter unangemessen sind.
Seitdem wurde nachgesteuert: Auf den iPads für Grundschul-Kinder ist Youtube mittlerweile nicht mehr verfügbar. Auch wird den Eltern empfohlen, den Zugang zum Internet einzuschränken. Auf die Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender wollten die Lehrkräfte allerdings nicht verzichten, so Ballnus.
Gängige Filter vorinstalliert
Die Geräte seien mit den gängigen Filtern zum Schutz von Minderjährigen ausgestattet, erklärt der Leiter des Zentrums für Medien. Sonst zeige sich eben auch hier der klassische Konflikt, den auch Eltern zuhause verhandeln müssten: Wie viel sperren, wie viel zulassen? In seinen Augen sei es ein völlig falsches Verständnis, die Geräte dicht zu machen und zu denken, dann könne auch nichts passieren.
Bestimmte Eltern neigen dazu, pädagogische Probleme und pädagogische Fragen technisch lösen zu wollen.
Rainer Ballnus, Leiter Zentrum für Medien am Landesinstitut für Schule Bremen
Medienpädagogische Erziehung bedeute aber mehr, nämlich die Kinder grundsätzlich beim Einsatz des Tablets zu begleiten: "Ich darf sie damit nicht alleine lassen", sagt Ballnus. Ein Punkt, in dem ihm der Medienpsychologe Thorsten Fehr von der Universität Bremen zustimmt.
Thorsten Fehr sieht die Anschaffung der Apple-Produkte sonst überaus kritisch. Er sagt: "Wir sollten nicht einem börsennotierten Unternehmen die Erziehung unserer Kinder überlassen." Und warnt davor, dass Daten und Lernanalysen aus den Geräten oder Apps ausgelesen werden könnten. Er fordert deshalb demokratische und politische Kontrolle bei Lern-Apps.
Gremium soll über Apps entscheiden
Mit der Forderung nach einem Gremium, das gemeinsam über die Lern-Apps entscheidet, kann auch Rainer Ballnaus etwas anfangen. Der Markt für solche Apps ist riesig – und unübersichtlich. Für den Einsatz in Bremen sei wichtig, dass Apps barrierefrei und werbefrei seien, aber auch pädagogisch wertvoll, zum Lernstoff passend – und der Datenschutz gewährleistet sei, sagt Ballnus. Ein Gremium mit verschiedenen Beteiligten sei nötig, um das zu beurteilen.

Rainer Ballnus möchte bei der Auswahl der Apps Lehrerinnen und Lehrer beteiligen, den Zentral-Eltern-Beirat, die Schülervertretung, den Personalrat der Schulen und anderes Fachpersonal. Schon in den nächsten Wochen soll es losgehen. Eine Aufgabe, auf die Ballnus sich auch freut. "Das ist etwas ganz Neues", sagt er. Und: "Das wird Schule gravierend verändern."
Tipps zur Mediennutzung in der Pandemie
Medienpsychologe Fehr hat selbst zwei schulpflichtige Söhne – und achtet streng auf feste Medienzeiten seiner Kinder. In der Pandemie hätten diese Medienzeiten sich kaum verlängert. Als Uni-Professor und auch als Lehrer für Selbstverteidigung ist er in Kontakt mit jungen Menschen. Seine Beobachtung: "Alle wollen wieder in die Präsenz. Die hungern richtig danach." Ganz grundsätzlich ersetze jede Art von Online-Unterricht die körperliche Anwesenheit nicht: "Präsenz ist immer sehr viel reichhaltiger." Für Eltern hat er einige Tipps, um ihre Kinder in der aktuellen Krise zu begleiten – egal, ob im Grundschulalter oder älter.
1 Eng begleiten
"Unbegleitet online ist im Grundschulbereich ein No-Go", sagt Medienpsychologe Fehr. Auch mit älteren Kindern sollten Eltern im Gespräch bleiben über das, was sie im Netz sehen – selbst dann, wenn es unangemessene Inhalte sind. Die meisten Lern-Apps auf den Bremer Tablets funktionieren laut Rainer Ballnus auch ohne Internet.
2 Für Bewegung sorgen

Gerade jetzt sollten Eltern die Medienzeit ihrer Kinder besonders im Auge behalten. Vom einen Bildschirm an den nächsten zu wechseln, sei besonders schädlich, sagt Fehr. Wer erst vor dem Tablet und dann vor der Spielekonsole sitze, bewege sich viel zu wenig und verlerne auch, in die Weite zu sehen, warnt der Medienpsychologe. Eltern seien deshalb besonders gefordert, viel mit ihren Kindern rauszugehen oder andere Bewegungsangebote zu machen.
3 Begegnungen ermöglichen
Thorsten Fehr merkt selbst bei seinen Studierenden, wie sehr den jungen Menschen die persönliche Begegnung fehlt. Wo immer möglich, sollten Kinder und Jugendliche deshalb weiterhin persönliche Kontakte haben. Therapeutische Angebote wie Therapeutisches Reiten seien auch in Pandemie-Zeiten oft noch möglich.
Digitales Lernen: Darum läuft in Bremen vieles besser als anderswo
Dieses Thema im Programm: Bremen Next, Next am Morgen, 4. Februar 2021, 7:50 Uhr