Interview

Warum dieser Biologe gegen die "Gärten des Grauens" kämpft

Ulf Soltau ist Biologe und Herr der "Gärten des Grauens". In der Radio-Bremen-Talkshow 3nach9 erklärt er, warum Schottergärten problematisch sind.

Sattes olive, saftiges grasgrün oder leuchtendes smaragd sucht man auf den Social-Media-Kanälen von Ulf Soltau vergebens. Stattdessen reihen sich Fotos von aschfahlen Kiesbeeten und betongrauen Vorgärten auf seinen Facebook- und Instagram-Accounts "Gärten des Grauens" aneinander.

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Mit seiner Bilder-Sammlung spärlich bepflanzter Schottergärten will er niemandem schlechten Geschmack vorwerfen, sondern darauf aufmerksam machen, wie schädlich dieser triste Gartentrend für die Biodiversität ist, sagt der Berliner Botaniker. Bei 3nach9 erklärt Soltau, warum die Steinlandschaften viel mehr Arbeit machen als gedacht.

Was denken Sie, was bewegt Menschen dazu, ihren Garten in eine Schotterlandschaft zu verwandeln?

Das ist das Versprechen der Anbieter, dass diese Gärten pflegeleicht seien. Es wird ein Unkrautvlies verlegt, bevor die Steine aufgeschichtet werden. Für die ersten Jahre funktioniert das. Im Herbst weht allerdings Laub in die Steinbeete, es bildet sich Humus und irgendwann kommt Flugsaat. Schon hat man Unkraut.
Und wer setzt sich schon kniend in seinen Schotter und zupft auf den erhitzten Steinen Unkraut? Dann wird häufig Gift wie Glyphosat gespritzt, was auf solchen Flächen verboten ist.

Ulf Soltau im Studio von 3nach9
Liebt naturnahe Gärten: Biologe Ulf Soltau. Bild: Radio Bremen/Matthias Hornung

Warum sind Beete aus Kies und Stein schlecht?

Unter dem Schotter ist ein Plastikgewebe. Der Boden darunter ist unbelebt, es gibt keine Pflanzenwurzeln, Regenwürmer oder andere Organismen. Der Boden wird verdichtet, das Wasser kann nicht mehr einsickern.
Unsere Städte und Kommunen sind bei der Landwirtschaft, wie wir sie derzeit betreiben, die Rückzugsorte der Natur. Unsere Landwirtschaft ist unser größtes Problem beim Naturschutz. Deshalb sind vielfältig bepflanzte Gärten und unversiegelte Flächen so wichtig.

Gäste der Talkshow 3nach9 sitzen an einem Tisch
Giovanni di Lorenzo (Mitte) und seine Gäste. Bild: Radio Bremen/ Matthias Hornung

Wie ist die Resonanz auf die Aktion "Gärten des Grauens"? Gab es schon Anzeigen gegen Sie, weil Sie Bilder von fremden Gärten veröffentlichen?

Anfeindungen gab es, Anzeigen allerdings nicht. Es sind Bilder, die vom öffentlichen Grund aus aufgenommen wurden. Adressen oder Namen der Gartenbesitzer veröffentliche ich nicht.
Ich will Privatmenschen nicht pathologisieren. Mir geht es um die Ökologie. Ich will dieses Phänomen zu fassen bekommen. In den letzten Jahren hab ich mit meinen Facebook- und Instagram-Seiten wirklich ein Problembewusstsein geschaffen. Ich bekomme oft Mails, in denen es heißt: "Sie haben mir die Augen geöffnet.“ Politisch konnte ich mit der Aktion schon viel bewirken. Einige Gemeinden verbieten mittlerweile solche Schottergärten. In Bundesländern wie Bremen, Hamburg und Baden-Württemberg sind sie nicht mehr erlaubt.

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Autorin

Dieses Thema im Programm: NDR/Radio Bremen Fernsehen, 3nach9, 8. Juli 2022, 22.30 Uhr