Schafferinnen: Wann fällt Bremens große Männerdomäne?

Maximal vier Frauen sind bei der traditionellen Schaffermahlzeit zugelassen. Und auch nur als Gäste. Das könnte sich bald ändern.
Mit den Stimmen der Bremer Kauf- und Seemannsleute und der Mitglieder der Stiftung Haus Seefahrt könnte eine jahrhundertealte Bremer Tradition kippen, keine Frauen als Schaffer zuzulassen. Immer kurz vor der Schaffermahlzeit findet die Generalversammlung statt, bei der die Regularien besprochen werden und die künftigen Schaffer gewählt werden.
Heute geht es auch um die Frage, ob künftig mehr weibliche Gäste eingeladen werden dürfen und auch Schafferinnen in Zukunft nominiert werden können. Ob es tatsächlich so kommt, entscheidet die Spitze des Hauses Seefahrt im Herbst. Die Diskussion um Bremens Männerdomänen nahm nochmal Fahrt auf, nachdem Bürgermeisterin Karoline Linnert beim Eiswettfest als Frau ausgeschlossen worden war.
Die Chance, neue Weichen zu stellen

Die Stimmung im Schaffermahlzeit-Umfeld sei bisher zumindest so weit erkennbar, dass mehr weibliche Gäste zugelassen werden könnten, erklärt der Verwaltende Vorsteher der Stiftung Haus Seefahrt, Matthias Claussen. Immer öfter äußerten die Kaufleute den Wunsch, weibliche Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur mitbringen zu dürfen. Bisher sind aber nur maximal vier vorgesehen, unter rund 300 jährlich anwesenden Männern.
Unternehmer Claussen will nun auf der Generalversammlung ein Meinungsbild einholen. Schon das wäre ein enormer Fortschritt für die Herrenrunde. Doch viel entscheidender ist, ob absehbar auch Bremer Unternehmerinnen in Zukunft Schafferinnen werden dürfen, also das Mahl im Rathaus mit ausrichten und bezahlen. Claussen selbst will diese Frage allerdings nicht stellen. Er schließt aber nicht aus, dass sie dieses Mal aus den Reihen der Mitglieder kommt.
Fotomontage brachte Schwung in die Diskussion
Es war ein Fotoalbum, das einige Schaffer und Männer im Haus Seefahrt vor ein paar Jahren allmählich zum Grübeln brachte. Das Recht auf Gleichberechtigung von Frauen oder die Wertschätzung von erfolgreichen Unternehmerinnen waren lange kein Anlass für ein Umdenken, Frauen teilnehmen zu lassen.
Eine Fotomontage mit Fotomodells machte es möglich: Frauen in langen schwarzen Kleidern oder Hosenanzügen wurden inmitten der Herren in Frack und Kapitänsuniform montiert. Die Fotos sollten belegen, dass Frauen in schwarzer Abendgarderobe durchaus der strengen Kleiderordnung genügen und in die Runde passen können. Denn eine der größten Sorgen der Kauf- und Seeleute war und ist offenbar, dass die Form nicht gewahrt werden könnte und das Ambiente aus einem Meer von schwarzen Fracks etwa durch bunte Ballkleider der Frauen zerstört werden würde. Das Fotoalbum kreiste im Jahr 2014 in Schafferkreisen. Mit Folgen.
Maximal vier Frauen erlaubt
2015 wurden schließlich drei weibliche Gäste und ein weiblicher Ehrengast zugelassen. Mehr erfolgreiche Frauen aus Wirtschaft, Politik und Kultur wollen die rund 350 kauf- und seemännischen Stiftungsmitglieder bis heute aber nicht beim Fest neben sich dulden. Seitdem herrscht erneut Stillstand an der Front zwischen Bremens Männerbünden und den Frauen, die auch erfolgreich sind, aber von solchen Treffen der Wirtschafts- und Politikelite wie dem Eiswettfest, der Schaffermahlzeit und dem Tabak Collegium weitestgehend ausgeschossen werden.
Das Tabak Collegium wurde einst als weitere Männerrunde von Bremer Kaufleuten gegründet, um "vertrauliche, aber liberale Gespräch über Themen des Zeitgeschehens" zu führen und die hanseatische, insbesondere auch bremische Kultur und Tradition zu pflegen. Frauen sind auch hier nicht erwünscht. Aber immerhin akzeptierte der Herrenclub im Jahr 2007 Bürgermeisterin Karoline Linnert als Vertretung für den damaligen Bürgermeister Jens Böhrnsen, der verhindert war.
Lauer Wind für Frauen
Die Bremer Herren tun sich offensichtlich schwer, ihre über Jahrhunderte gepflegten, elitären Kreise für Frauen zu öffnen. Sie fühlten sich der Tradition verpflichtet, sagen sie. Und die ist nun mal ohne Frauen geschrieben worden. Doch der Gegenwind im Haus Seefahrt weht stärker und kommt aus den eigenen Reihen.
Es gebe zwei Lager, erklären Mitglieder: Da sind die Traditionalisten, die am liebsten alles beim alten und die Männer unter sich belassen würden. Und da sind die sogenannten Reformer, die modern eingestellten Kauf- und Seemannsleute, die durchaus Frauen an ihrer Seite akzeptieren könnten. Doch selbst sie beschwichtigen eher und bitten um Verständnis für das Beharren der Männer. So auch Vorsteher Matthias Claussen: Veränderungen müssten behutsam eingeführt werden, erklärt er. Der Bremer lenkt derzeit die Geschicke der Stiftung, zusammen mit vier weiteren Unternehmern als Vorsteher: Heiner Dettmer, Ingo Kramer, Henry Lamotte und Friedrich Lürßen.
Neue Präses setzt Schaffer unter Druck
Nach dem heutigen Treffen von aktuellen und ehemaligen Schaffern könnten neue Zeiten für die Schaffermahlzeit anbrechen. Der Druck auf die Bremer Männerbünde jedenfalls wächst. Sollte sich eine Mehrheit für mehr weibliche Gäste oder sogar für Schafferinnen aussprechen, wäre dies ein klares Signal. Allerdings: Was daraus dann folgt, haben nicht die einfachen Mitglieder der Stiftung in der Hand. Es ist das Gremium aus den verwaltenden Kaufleuten und Seemännern sowie den aktuell nominierten Schaffern, die das Sagen hat. Sie entscheiden im Herbst, wie es mit der Schaffermahlzeit und den Frauen weitergehen wird.
Mit der neuen Präses der Handelskammer Bremen, Janina Marahrens-Hashagen, könnte sich aber bald die Frage, ob Schafferinnen oder nicht, erledigen. Noch wird die Unternehmerin aus Bremen-Nord in diesem Jahr erstmal als Gast eingeladen. Doch ihre männlichen Vorgänger waren in der Regel Schaffer. Und sie selbst lässt wissen, dass es in Zukunft auch Schafferinnen geben sollte.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 5. Januar 2019, 19:30 Uhr