Was Experten Bremen raten, um den Klimawandel jetzt zu bekämpfen

Sie sind Mitglied der Bremer Klima-Enquete-Kommission und stellen heute ihren Abschlussbericht vor. Klima-Experten verraten vorab, was sie von der Politik fordern.
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Am Freitag stellt die Enquete-Kommission in Bremen ihre Klimaschutzstrategie für das Land Bremen vor. Die Expertinnen und Experten der Runde haben buten un binnen vorab schon gesagt, was sie Bremen beim Klimaschutz empfehlen.
"Die Politik soll sich beim Klimawandel ehrlich machen"
Zwei Sachen sollte Bremen beim Klimaschutz angehen: Rad- und Nahverkehr stärken und ehrlich über den Klimawandel kommunizieren, meint Philine Gaffron von der TU Hamburg. Ginge es nach ihr, dann sollte es im öffentlichen Verkehr höhere Taktfrequenzen und ein erweitertes Streckennetz geben. Dazu müsse die Infrastruktur für E-Mobilität "wesentlich schneller ausgebaut werden." Außerdem brauche es einen ehrlichen Austausch.
Es werden tiefgreifende Veränderungen nötig sein.
Philine Gaffron, Technische Universität Hamburg
"Bremen soll öffentliche Gebäude und Plätze umgestalten"
Für den Klimaschutz fordert Cornelia Rösler (Deutsches Institut für Urbanistik) von Bremen, dass das Land Solaranlagen auf eigene Gebäude baut und Flächen entsiegelt. Bremen und Bremerhaven sollten tatkräftig als Vorbilder vorangehen. Damit würden sie Bevölkerung und Wirtschaft zeigen, dass Klimaschutz nicht nur notwendig, sondern auch machbar sei.
"Bremen muss Energieverbrauch von Alt- und Neubauten senken"
Besonders die Altbauten sollten laut Hans Ernorn vom Fraunhofer-Institut verbessert werden. Wie das gehen könnte? In der EU werde aktuell diskutiert, dass Gebäude mit einem bestimmten Energieverbrauch nicht mehr vermietet oder verkauft werden dürften. Und auch die Neubauten müssten besser werden.
Die Neubauten von heute sind die Altbauten von morgen.
Hans Erhorn, Fraunhofer-Institut für Bauphysik
"Bremen braucht mehr Nahverkehr"
Aus der Sicht von Wiebke Zimmer, Öko-Institut, müsste Bremen schnell handeln, denn die Emissionen im Verkehrssektor sollen schon bis 2030 um 60 Prozent sinken. Deshalb solle die Stadt schnell mehr in Radwege, Busse und Bahnen investieren und Strecken ausbauen.
"Bremen sollte im Kampf gegen den Klimawandel sofort anpacken"
Patrick Graichen, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, sagt, dass die Ziele nur erreicht werden können, wenn man "sofort anpackt". Darunter versteht er vor allem, dass Bremen die Strom- und Fernwärmenetze ausbaut und dass auch die Menschen ihr Verhalten umstellen, indem sie zum Beispiel Solaranlagen aufs Dach bauen oder sich ein Elektroauto kaufen.
"Mehr Ressourcenzentren in Bremen gegen den Klimawandel"
Weniger neu kaufen, dafür mehr reparieren: So könnte Bremen laut Ines Weller vom Artec Forschungszentrum an der Uni Bremen den Kampf gegen den Klimawandel gewinnen. Aus ihrer Sicht müssten mehr Ressourcenzentren mit Repair-Cafés, Bauteilbörsen und Recyclingbörsen in Bremen aufgebaut werden.
Dazu könnte ein Reparaturbonus angeboten werden, der einen Zuschuss für Reparaturmaßnahmen anbietet. Zum Beispiel bis maximal 100 Euro, wie in anderen Bundesländern.
Ines Weller, Artec Forschungszentrum Nachhaltigkeit der Universität Bremen
"Bremen sollte in Klimabildung investieren"
Aus Sicht von Jutta Günther von der Universität Bremen ist Klimabildung ein wichtiger Schlüssel, um den Klimawandel zu besiegen. Das würde jungen Menschen Perspektiven bringen. Die Klimabildung sollte dabei schon in den Kitas beginnen und in den Berufsbildenden Schulen und der akademischen Ausbildung weiter gehen. Technologien, die den Klimawandel bekämpfen, würden zwar von Forscherinnen und Forschern entwickelt, aber von Fachkräften eingesetzt. Daher sei es wichtig, dass alle Menschen in diesem Bereich gebildet werden würden.
"Bremen muss den Stahlwerken 380-Kilovolt-Leitung legen"
Die Industrie ist laut Bernhard Stoevesandt vom Fraunhofer-Institut der wichtigste Schlüssel im Kampf gegen den Klimawandel. Bremen müsse den Stahlwerken eine 380-Kilovolt-Leitung legen. Damit würden die Stahlwerke den Strom bekommen, um klimaneutral arbeiten zu können. "Es geht um lockere sieben bis acht Milliarden Euro, aber wenn Bremen das nicht tut, werden die zukünftigen Generationen das doppelt bezahlen."
"Weniger Fleisch in öffentlichen Kantinen"
Sonja Pannenbecker von der Verbraucherzentrale fordert eine nachhaltige und gesündere Ernährung in öffentlichen Kantinen. Das bedeute weniger Fleisch, weniger Lebensmittelverluste und mehr Trinkwasserbrunnen.
Der Staat sollte es allen von der Kita über die Schule bis hin zu den Kantinen in der JVA und in den Krankenhäusern ermöglichen, sich nachhaltiger zu ernähren.
Sonja Pannenbecker, Verbraucherzentrale Bremen
"Bremen sollte Klimawandel als Chance begreifen"
Damit Bremen den Klimawandel bekämpfen kann, sollte die Stadt die Klimaneutralität als Chance erkennen, findet Benjamin Wagner vom Berg von der Hochschule Bremerhaven. Durch eine klimaneutrale Lebensweise würden sich neue Wirtschaftszweige wie zum Beispiel beim Wasserstoff entwickeln. Bremen könnte davon zum Beispiel als Logistikstandort profitieren, wenn die Stadt schnell genug die Infrastruktur dafür schafft.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 17. Dezember 2021, 19:30 Uhr