Expedition mit Bremerhavener Forschern findet legendäres Wrack

Bremerhavener Forscher finden "Endurance"-Wrack in der Antarktis

Bild: Radio Bremen

Vor mehr als 100 Jahren sank die "Endurance" im Südpolarmeer. Eine Expedition mit AWI-Forschern machte sich Anfang Februar auf den Weg, es zu suchen. Mit Erfolg.

Das Forschungsschiff "Endurance" wurde nicht mehr gesehen, seit es 1915 im Weddel-Meer vom Eis zerdrückt wurde und sank – bis jetzt. Denn nun hat eine internationale Expedition unter Beteiligung des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts (AWI) das legendäre Wrack wiederentdeckt. Sir Ernest Shackleton wollte 1914 als Erster die Antarktis auf einer Länge von 2.900 Kilometern durchqueren. Der britische Entdecker und sein 27-köpfiges Team erreichten nicht einmal die antarktische Küste. Ihr Schiff blieb im Packeis stecken. Nach acht Monaten wurde es von gewaltigen Eisschollen zermalmt. Die Mannschaft konnte sich in einer abenteuerlichen Aktion schließlich ans Festland retten. Alle überlebten, ein Mythos war geboren.

Die Endurance sitzt fest im Packeis.
Eine historische Aufnahme zeigt die im Packeis festsitzende "Endurance". Bild: Frank Hurley

Rund 100 Jahre nach dem Tod Shackletons machten sich Anfang Februar dieses Jahres vier Forschende vom AWI zusammen mit einem britischen Team auf den Weg in die Antarktis, um das Wrack aufzuspüren – jetzt haben sie es gefunden. Dank moderner Technik und damaliger Aufzeichnungen wusste die Gruppe, wo sie suchen musste und konnte die "Endurance" schließlich in 3.008 Metern Tiefe aufspüren. Fündig wurden sie dabei in einem zuvor definierten Gebiet, etwa drei Kilometer von der damals durch den Kapitän festgehaltenen Position des Schiffs. Shackleton schilderte, die "Endurance" sei "im schlimmsten Teil des schlimmsten Meeres der Welt" untergegangen. Bis heute zählt der Ort zu den am schwierigsten zu befahrenden Meeresgebieten der Welt.

Spezialisten aus Bremen an Expedition beteiligt

Unter den Teilnehmenden aus Deutschland war neben dem AWI auch die auf Eis-Navigation spezialisierte Firma Drift & Noise aus Bremen und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Neben der Suche nach dem Wrack hatte die Expedition weitere Forschungsaufgaben zum Ziel. AWI-Meereisphysikern Stefanie Arndt etwa half den besten Weg durchs Eis zu finden und nutzte die Fahrt gleichzeitig für ihre Klimaforschung. Dabei konnte sie auch auf ihre Erfahrung als Teilnehmerin der einjährigen Mosaic-Expedition in der Arktis zurückgreifen.

Grafik zeigt die Stationen Shackleton Expedition mit der Endurance von 1914 bis 1916
Die Stationen der Shackleton-Expedition von 1914 bis 1916. Bild: Encyclopedia Britanica

Die "Endurance" nun gefunden zu haben, bezeichnete der britische Meeresarchäologe und Expeditionsleiter Mensun Bound als Meilenstein der Polargeschichte. Es ginge jedoch nicht nur um die Vergangenheit, sondern auch darum mit der abenteuerlichen Geschichte Shackletons und der Entdeckung des Wracks die nächste Generation zu begeistern – an ihr sei der Schutz der Polarregionen und des Planeten. Mit dem Fund der "Endurance" sei die weltweit herausforderndste Suche nach einem Wrack abgeschlossen, sagte Expeditionsleiter John Shears. Zusätzlich habe man wichtige Forschung in einem Teil der Erde betreiben können, der das globale Klima und die Umwelt direkt betreffe.

Wir sind überwältigt von unserem Glück, die 'Endurance' geortet und Bilder von ihr gemacht zu haben. Das ist bei weitem das beste hölzerne Schiffswrack, das ich je gesehen habe.

Mensun Bound, Expeditionsleiter

Bremerhavener Experte nennt Fund außergewöhnlich

Als absolute Besonderheit ordnet das Ereignis auch der Schiffsarchäologe vom Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven (DSM), Frederic Theis, ein. "Das ist tatsächlich ein sehr außergewöhnlicher Fund, dass man dieses Polarforschungsschiff jetzt wiederhat", so Theis. "Und wie es ausschaut in einem ausgesprochen guten Erhaltungszustand, den man so vielleicht gar nicht erwartet hätte." Außergewöhnlich deshalb, weil das Phänomen, dass Polarschiffe im Eis gefangen und zerpresst werden, an sich nicht selten seien, sie wiederzufinden hingegen schon. Mit der "Endurance" gebe es jetzt quasi eine Brücke in die Gegenwart. Nun könne man sich recht gut vorstellen, was mit Schiffen passiere, wenn sie im Eis zerdrückt und dann auf dem Meeresgrund versinken würden.

Unterwasseraufnahme des gefundenen Wracks der Endurance.
So fand das Forschungsteam das legendäre Wrack nun in rund 3.000 Metern Tiefe vor. Bild: Falklands Maritime Heritage Trust and Nick Birtwistle

Mittlerweile befindet sich die vom Falklands Maritime Heritage Trust finanzierte Expedition auf der Rückreise nach Kapstadt. Die Feier des Erfolgs seien durch das aktuelle Weltgeschehen getrübt, hieß es in einer Mitteilung zum Fund der "Endurance". Man sei gedanklich bei den davon Betroffenen. Das Wrack ist durch den Antarktis-Vertrag als historisches Monument geschützt und muss bei der weiteren Forschung unversehrt bleiben. Im Herbst soll weltweit eine Dokumentation der Expedition erscheinen.

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Nachrichten, 9. März 2022, 11 Uhr