"Absolut nicht ausreichend": Bremer Senatorin kritisiert Corona-Pläne

  • Bundesregierung will Corona-Maßnahmen zurückfahren.
  • Bernhard kritisiert vor allem das Ende der Maskenpflicht.
  • Bovenschulte hält Pläne für "vertretbar".

Bremens Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Die Linke) hat angesichts hoher Infektionszahlen die geplanten Corona-Maßnahmen der Bundesregierung als "absolut nicht ausreichend" bezeichnet. "Wir sehen in ganz Deutschland wieder steigende Fallzahlen, und dann gibt es nicht einmal die Möglichkeit über die Maskenpflicht grundsätzlich in Innenräumen zu entscheiden?", sagte sie buten un binnen.

Seit gut einer Woche steigen die Zahlen wieder. Am Donnerstag meldete das Robert-Koch-Institut (RKI) eine Rekordzahl von 262.752 gemeldeten Fällen binnen 24 Stunden, die Inzidenz kletterte deutlich auf 1388,5. Binnen 24 Stunden wurden den neuen Angaben zufolge 259 Todesfälle verzeichnet.

Bernhard fordert Maskenpflicht als eine Basismaßnahme

Dem Entwurf der rot-grün-gelben Regierung in Berlin zufolge sollen trotzdem bundesweit nach dem 20. März nur noch Maskenpflichten in Pflegeheimen, Kliniken und öffentlichem Nahverkehr möglich sein sowie Testpflichten in Pflegeheimen und Schulen. Bleiben soll außerdem die Maskenpflicht in Fernzügen und Flugzeugen. Wenn sich in einem Bezirk, einem Ort oder einer Region die Corona-Lage zuspitzt, sollen dort einige schärfere Auflagen verhängt werden können: Maskenpflichten, Abstandsgebote, Hygienekonzepte sowie Impf-, Genesenen- oder Testnachweise (3G/2G/2G plus) – aber nur, wenn sich vorher das jeweilige Landesparlament damit befasst hat. 

"Mindestens die Maskenpflicht muss eine der Basismaßnahmen sein, die den Ländern zur Verfügung stehen muss", fordert Gesundheitssenatorin Bernhard. "Insgesamt wären das Instrument der Kontaktbeschränkung und konkrete Kriterien für Hotspots hilfreich, sonst wird eine Umsetzung mehr als schwierig."

Ich erwarte außerdem, dass es auch eine Verlängerung der kostenfreien Testangebote gibt. Das Infektionsschutzgesetz sieht weiterhin Testverpflichtungen als Zugang zu verschiedenen Bereichen vor. Dann muss es auch für alle die Möglichkeit der Tests geben, das halte ich für unabdingbar.

Eine Frau, Claudia Bernhard, blickt in eine Kamera.
Bremens Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Die Linke)

Bernhard geht mit ihrer Kritik in Opposition zu Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte. Der SPD-Politiker hält die geplanten Lockerungen für angemessen. "In der gegenwärtigen Lage halte ich das für eine verantwortbare Regelung", sagte er zu buten un binnen. "Sollte sich das Pandemiegeschehen künftig allerdings grundlegend ändern und eine flächendeckende Überlastung des Gesundheitswesens drohen, müsste der Bundesgesetzgeber noch einmal nachbessern", fügt Bovenschulte hinzu.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte sich hingegen kritisch zu den Beschlüssen der Berliner Regierungskoalition geäußert. "Man wirft doch den Feuerlöscher nicht weg, wenn es noch brennt", sagte er. Auch aus Baden-Württemberg und Bayern kam Kritik.

Bremer FDP lobt Pläne aus Berlin

Die Bremer CDU fordert, dass sich die Landesregierung enger mit Niedersachsen abstimmen müsse. "Niemand will, dass wir zu Ostern nicht ins Café oder Restaurant gehen können. Deswegen sollten wir jetzt lieber vorsichtiger bleiben und uns eng mit den Niedersachsen abstimmen", sagte der Vorsitzende der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Heiko Strohmann. Die Bremer FDP ist eher auf Linie von Bürgermeister Bovenschulte. "Mit der neuen Untervariante von Omikron lässt sich die weitere Öffnung vertreten, wenn ein Basisschutz möglich bleibt. Dazu hat die Bundesregierung einen Vorschlag gemacht, den wir gut finden", sagte Magnus Buhlert von der FDP.

Es hat sich ergeben, dass Corona inzwischen zum Alltag gehört.

Magnus Buhlert der stellvertretender Vorsitzender der Fraktion der FDP in Bremen im Interview
Magnus Buhlert, FDP-Bürgerschaftsabgeordneter

Generell hat in Deutschland nach Ansicht von Experten die Aufmerksamkeit für Corona nachgelassen. Bei vielen herrsche ein "Corona-ist-vorbei"-Gefühl, sagte Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Man erlaube sich wieder mehr, treffe sich wieder in größeren Gruppen. "Das macht es dem Virus natürlich leichter, wieder mehr Menschen anzustecken." Berechnungen zufolge ist der Scheitelpunkt der Ansteckungskurve erst im April erreicht. Danach sollen die Inzidenzen nur langsam sinken. "Einstellige Inzidenzen bekommen wir diesen Sommer nicht", sagt Watzl.

Der Bioinformatiker Lars Kaderali von der Universität Greifswald hält die angekündigten Lockerungen aufgrund der entspannten Lage in den Kliniken trotzdem für vertretbar. "Man sollte aber nur vorsichtig lockern und nur mit der Option, wieder zurückzugehen, wenn man merkt, dass das zu viel wird." Im privaten Bereich sei hinsichtlich der Schutzmaßnahmen auch gesunder Menschenverstand gefragt, betont Immunologe Watzl. "Es ist ein Unterschied, ob sich junge, gesunde Leute in größerer Gruppe treffen, oder ob ich zur Familienfeier mit Oma und Opa fahre."

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Rundschau am Morgen, 11. März 2022, 8 Uhr