Ärger am Bremer Osterdeich: Wildpinkler oder freier Panoramablick?

Die Kriminalität steigt, Anwohner berichten von aggressiven Deich-Besuchern. Auch die Wildpinkler im Vorgarten sind ein Ärgernis. Mehr Toiletten sind nicht für alle die Lösung.

Sieben Uhr morgens am Osterdeich. Wer gerade die Sielwall-Fähre verlässt, dem fällt sofort etwas auf: Direkt gegenüber, oben, zwischen dem Kies- und Fahrradweg am Straßenrand, steht ein Container. Dort, wo einmal eine Sitzbank stand. Es ist nicht irgendein Container. Nein, einer, der hier Sinn und Zweck erfüllen soll. Ein Container mit Toiletten. Damit soll dem Wildpinkeln in den Vorgärten der Deich-Anwohnern ein Riegel vorgeschoben werden. Doch die sind auch nicht begeistert von dem Container, der nun fast vor ihrer Tür steht.

Neue öffentliche Toilette am Osterdeich an der Sielwallfähre
Deichanwohner hätten sich den Container unten direkt vor dem Fährhäuschen gewünscht. Bild: Radio Bremen | Necla Süre

"Wir sind hier voll betroffen. Der Lärm der Straße, das Pinkeln in unseren Vorhöfen und nun auch noch dieser Kasten, der uns die Sicht auf den Osterdeich und die Weser versperrt", beklagt sich ein Anwohner bei Bettina Hohmann von der Bremer Stadtreinigung (DBS). Die ist nämlich zuständig für die öffentlichen Toiletten in der Stadt.

Bettina Hohmann versucht den Anwohner zu verstehen. "Bestimmt zahlt er viel Geld für die schöne Aussicht hier. Aber, wo hätte ich den Container sonst hinstellen sollen?", fragt sie. Denn hier steht das Fährhäuschen von Hal Höver. Von der Fahrgastschifffahrt GmbH bekommt sie Wasser und Strom für die Toiletten.

Alle wollen Toiletten haben, aber keiner will sie vor seiner eigenen Haustür, vor seiner Aussicht, vor seinem Schaufenster haben.

Bettina Hohmann von der Bremer Stadtreinigung

Die Nachfrage nach öffentlichen Toiletten sei groß. Das Problem: Den richtigen Platz zu finden. "Alle wollen Toiletten haben, aber keiner will sie vor seiner eigenen Haustür, vor seiner Aussicht, vor seinem Schaufenster haben. Ganz nach dem Motto, wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass", sagt Hohmann. Dieses Problem hätte sie auch schon bei dem öffentlichen Sanitärcontainer, der nun auf dem Hanseatenhof im Stadtzentrum steht. Da habe man auch ewig und drei Tage gesucht, um einen Platz zu finden.

Wildpinkler oder freier Panoramablick?

Toilettencontainer wird am am Osterdeich von einem Krank platziert.
Erst kürzlich aufgestellt: Der Container passt manchem Anwohner aber nicht ins Bild. Bild: Radio Bremen | Necla Süre

Der neue Sanitärcontainer ist von Mittwoch bis Sonntag kostenlos zugänglich, immer zwischen 14 Uhr und zwei Uhr nachts. Bis Ende September wird er am Osterdeich stehen. Er soll vor allem die Lage am Wasser etwas entspannen. Laut Innenressort hat sich die Situation mit dem Wildpinkeln am Osterdeich zugespitzt. Seitdem die 7-Tage-Inzidenz stark gesunken ist und Kontaktbeschränkungen gelockert wurden, gingen vermehrt Beschwerden von Anwohner und Anwohnerinnen beim Ordnungsamt ein: Weil viele Menschen, die sich bei gutem Wetter am Osterdeich versammeln, in ihren Vorgärten pinkeln.

Auch Anwohnerin Lisa B. ist von dem Problem betroffen. Im Sommer würden Leute jeden Tag an ihrer Hauswand urinieren und das mehrmals am Tag. An den warmen Sommerabenden seien einfach zu viele Menschen an der Weser unterwegs und es stünden zu wenige Toiletten zur Verfügung, so die 30-Jährige. Container und Dixi-Toiletten würden aber aus ihrer Sicht den Promenadenblick und das schöne Flair zerstören.

Die Bremer Stadtreinigung versucht, das Problem vor allem mit Dixi-Toiletten zu lösen. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie wurden von Bremen Nord bis Rablinghausen 16 Dixi-Klos aufgestellt, drei an der Weser. Unter anderem, weil die vielen stillen Örtchen im Projekt "Nette Toilette" während des Lockdowns geschlossen hatten. "Die Kleincontainer wurden im Laufe der Pandemie aufgestellt, um auf die vielen geschlossenen Betriebe und damit eingeschränkten Angebote der öffentlichen Toilette zu reagieren. Dazu zählt auch der bis Ende des Jahres aufgestellte WC-Container auf dem Hanseatenhof", so Torben Kapp, Pressesprecher DBS.

Öffentliche Toiletten in Bremen

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Bei den Passanten und Spaziergängern aber kommt der Sanitärcontainer gut an. Anders als Dixi-Klos werden sie während der Öffnungszeiten bewacht und täglich mehrmals gereinigt. Das gefällt auch der jungen FSJ-lerin Matai, die täglich mit der Sielwallfähre fährt und im Sommer oft mit ihren Freunden auf der Wiese am Osterdeich chillt.

Ich finde die Containertoiletten mega nice. Man hat hier gar keine Möglichkeiten, auf Toilette zu gehen. Die einzige Möglichkeit sind diese Dixi-Klos, die immer vollgepisst und vollgeschissen sind. Ich frage mich, warum die Containertoiletten erst jetzt kommen.

Matai, FSJ-lerin

Das fragt sich auch der Anwohner, der sich noch vor einer Stunde über den Container aufgeregt hat. "Ich will nicht derjenige sein, der sagt, 'not in my backyard'. Aber man hätte den Container auch unten vor das Fährhäuschen stellen können. Denn die Maßnahme finde ich politisch richtig. Die hätte sogar früher kommen müssen." 

Autorin

  • Necla Süre
    Necla Süre

Dieses Thema im Programm: Bremen Vier, 15. Juli 2021, 15:15 Uhr