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Windkraft-Konferenz in Bremerhaven: Endlich Aufwind für die Branche?

Die Windenergie-Firmen hoffen auf einen Aufschwung durch die ehrgeizigen Ausbauziele des Bundes. In Bremerhaven läuft der Branchentreff Windforce. So ist die Stimmung.

Windkraftanlagen auf dem Meer waren einmal die ganz große Zukunft – nicht nur für die Energiegewinnung, sondern auch für die Wirtschaft. Die notwendige Industriebranche siedelte sich so nah an der Küste an wie möglich. Doch auslaufende oder fehlende Förderung ebenso das Problem des Transports des Stroms führten zu Insolvenzen – nicht nur in Bremerhaven. Aber jetzt will die Bundesregierung den Windkraft-Turbo anschmeißen – damit Deutschland schneller unabhängiger wird von russischer Energie. In Bremerhaven tagen nun 250 Experten aus der Windkraftbranche dazu, wie es weitergehen soll mit der neuen Energie.

Wie ist denn die Stimmungslage in der Branche

Hört man sich in der Branche um, ist Aufbruchstimmung zu spüren. Es erinnert fast ein bisschen an einige Jahre zuvor, als hier noch richtige Goldgräberstimmung herrschte und alle auf Windkraft gesetzt haben. Vor allem setzen die Unternehmen auf einen deutlichen Schub durch die Förderung des Bundes für mehr Windkraft. Die Branche geht davon aus, dass sich die Zahl der Beschäftigten in Deutschland auf 40.000 verdoppeln wird.

Doch zurzeit hat der Standort Bremerhaven hauptsächlich Einrichtungen rund um die Forschung von Windenergieanlagen – zum Beispiel das Fraunhofer-Institut für Windenergie. Was fehlt sind die Produktionswerke – die machten in den vergangenen Jahren alle nach und nach dicht. An der Stelle müsste schnell sehr viel passieren – fraglich, ob das aufgeht.

In Bremerhaven gab es den jahrelangen Streit, ob ein neuer Hafen für die Windkraft-Industrie gebaut werden soll. Das Projekt scheiterte vor Gericht, weil aus Sicht der Richter der Bedarf fehlte. Wie beurteilt das die Branche?

Da hießt es: Fehlentscheidung. Nun werde der fehlende Hafen deutlich, denn Unternehmen, die sich ansiedeln wollen, benötigten eine starke Hafenanbindung. Hoffnung setzt der Branchenverband Windenergieagentur WAB  aus Bremerhaven auf das Gelände der Lloyd Werft. Dort gibt es mit der Stahlbaugruppe Rönner und der Zech-Gruppe neue Eigentümer. Die gehen davon aus, dass sich in der Hinsicht viel auf dem Gelände entwickeln kann. Ohne einen neuen Hafen für die Windkraft-Industrie würden wieder viele Chancen verpasst, meint zumindest die Chefin der WAB, Heike Winkler.

Wie steht es um das Konfliktpotenzial zwischen Industrie und Umweltschutz?

Rund um die Britischen Inseln stehen Windkraftanlagen in Sichtweite der Küsten. Die Wege für den erzeugten Strom an Land sind also kürzer und billiger. In Deutschland haben sich Umweltschützer und Tourismusinteressen durchgesetzt. Die Anlagen wurden weit aufs Meer verbannt.

Die Forderungen der Industrie sind klar: Man müsse mehr Anlagen und weitere Flächen für den Bau ausweisen. Und das auch im küstennahen Gewässer. Dabei geht es darum, die Naturschutzvorgaben herunterzufahren, um das Tempo beim Ausbau zu beschleunigen. Umweltschutzverbände hingegen warnen, bei den neuen Projekten würden die Auswirkungen auf das sensible und streng geschützte Wattenmeer ausgeblendet. Das sei nicht mit Nationalpark und Weltnaturerbe zu vereinbaren. Das zeigt: Konfliktpotenzial ist da – es wird nicht leichter.

Führt die Energiekrise jetzt zu einer Renaissance der Offshore-Windkraft in Deutschland?

Die Chancen dafür stehen gut, sagt auch die Windenergieagentur WAB. Allerdings ist das eine echte Herausforderung. Es gebe einen Investitionsbedarf von 150 Milliarden Euro bis 2045, heißt es aus der Industrie. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat vor wenigen Tagen das Bremerhavener Klimahaus besucht. Er sagte, es sei eine große Tragik der deutschen Industriepolitik, dass die ganze Infrastruktur, die schon da war, wieder eingestampft worden sei. Die besten Standorte würden sich durchsetzen, sagte Habeck.

Das benachbarte Cuxhaven mag da schon bessere Ausgangslagen haben, denn hier hatte sich der Siemens-Konzern mit seinem Windkraftwerk angesiedelt. Und die Produktion läuft. Am Ende bleibt die Frage, was kann und was muss sich Deutschland leisten, um nicht im Kalten und im Dunkeln zu sitzen. Es wird immer mehr um die Abwägung gehen. Der Druck wird immer größer. Das sieht man ja jetzt auch an der Entscheidung der Bundesregierung, die Kohlekraftwerke erst mal wieder hochzufahren.

Windbranche hofft auf großes Windenergie-Zeitalter in Deutschland

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Nachmittag, 20. Juni 2022, 17:40 Uhr