Interview

Bremens "Shakespeare im Park" startet wieder mit Nähe und Küssen

Sechs Aufführungen ohne Corona-Einschränkungen bietet die Bremer Shakespeare Company dieses Jahr im Bürgerpark. Los geht's heute Abend mit der Komödie "Maß für Maß".

Nach zwei Jahren Pandemie lädt die Bremer Shakespeare Company diese Woche von Mittwoch bis Sonntag wieder in den Bürgerpark. Unter freiem Himmel wird das fünftägige Theaterfestival mit großer Bühne, romantischer Beleuchtung, Eingangszelt, Würstchengrill und Bierstand begangen. Was die Zuschauerinnen und Zuschauer auf der Bühne erwartet, erzählt uns Renate Heitmann. Sie ist die Vorsitzende des Bremer Shakespeare Company.

Frau Heitmann, wie froh sind Sie, dass Sie wieder ohne Corona-Maßnahmen im Bürgerpark auftreten?

Wir sind wirklich sehr sehr glücklich. Wir merken, dass wir uns unglaublich auf die Aufführungen freuen. Wir merken auch, dass das Publikum sich anmeldet. Es ist einfach eine große Vorfreude auf das, was wir zuletzt im Jahr 2019 im Bürgerpark gemacht haben.

Und das bedeutet?

Wir können die Stücke wieder in voller Länge und mit voller Besetzung in den Park bringen. Unter Corona-Auflagen haben wir die Stücke sehr gekürzt. Wir haben auch selber auf Abstand gespielt und es waren nur 100 Zuschauerinnen und Zuschauer pro Aufführung zugelassen. Dieses Jahr erwarten wir wieder mehr Zuschauerinnen und Zuschauer. Und wenn zum Beispiel die Paare sich auf der Bühne lieben, dann küssen sie sich auch wieder. Auf der Bühne findet also wieder das Menschliche statt, so wie wir es uns wünschen und ersehnen.

Die Pandemie ist aber noch nicht weg, wir haben eine Corona-Sommerwelle und einige Menschen sind noch etwas zögerlich unter Menschen zu gehen. Mit wie vielen Menschen rechnen sie denn dieses Jahr?

Der Vorverkauf läuft gut. Wir erwarten 300 bis 800 Zuschauerinnen und Zuschauer pro Aufführung. 800 haben wir jetzt schon beim Sommernachtstraum erreicht. Wir sind froh, dass wir unter freiem Himmel sind. Und wir hoffen, dass die Menschen in den letzten zwei Jahren dazu gelernt haben und dass sie von sich aus zum Beispiel Abstand halten. Dass sie selbst im Hinterkopf haben, dass das Virus noch unter uns ist, auch wenn wir nicht eingeschränkt werden, was die Freude am Theaterzuschauen oder Theaterspielen betrifft.

Ein fünftägiges Festival – "so viel Shakespeare war selten" steht auf der Seite der Shakespeare Company…

Ja, wenn sie ins Programm der Bremer Shakespeare Company gucken, dann haben wir zwar ein Repertoire mit Shakespeare-Stücken, aber auch viele andere Stücke. Aber dieses Mal ist es selbst für die Bremer Shakespeare Company ein besonderes Fest und eine besondere Verdichtung von Stücken von Shakespeare. Zum Beispiel beginnen wir Freitagabend um 19 Uhr mit dem Stück "Wie es euch gefällt" und später in der Nacht um 22.30 Uhr kommt noch das Stück "Macbeth" dazu. Eine Doppelvorstellung von Shakespeare gibt es selbst bei uns im Hause nicht.

Und warum in der Nacht noch Macbeth – Was ist das Besondere an Macbeth?

Macbeth – das berühmte schottische Stück, in dem die Hexen auftreten und den Macbeth zum richtig bösen verführen, spielt sich am besten in der späten Nacht, wenn sich der schottische Nebel aufzieht.

Ist das das Stück, worauf sich die Besucherinnen und Besucher besonders freuen dürfen?

Auch, aber es ist wirklich für jeden etwas dabei. Wir fangen mit "Maß für Maß" an, da geht es um die Bigotterie der Herrschaft. Bei "Richard III" kann man sich schon wundern, was Shakespeare damals von so bösen Herrschern wie Putin heute gehalten hat. Freitag gibt es etwas Lustiges mit der Komödie "Wie es euch gefällt", gefolgt in der Nacht vom etwas blutigen Stück mit "Macbeth". Am Samstag geht es mit der Komödie "Sommernachtstraum" weiter, eine romantische Variante von Shakespeare. Darin geht es um Liebe, Wald und Verzauberung. Und am Sonntag wird "King Charles III" aufgeführt. King Charles ist ein zeitgenössisches Stück. Kein Stück von Shakespeare, sondern eins von Mike Bartlett, der sich dem aktuellen britischen Königshaus gewidmet hat.

Warum dieses Stück von Mike Bartlett?

Man wundert sich doch immer wieder, wie groß das Interesse am britischen Königshaus ist. Es ist ein Stück von Mike Bartlett, der das Königshaus so genau studiert und von Shakespeare gelernt, das er es in ein zeitgenössisches Königsdrama übertragen hat. Die Königin ist tot und King Charles, wie der Titel sagt, ist eigentlich der Thronfolger, aber es gibt die ein oder andere Figur, die dagegen ist. Entsprechend kommen in Mike Bartletts Drama Eifersüchteleien, Machtkämpfe und Rufschädigungen zum Zuge.

Zum Schluss noch: Was ist das Besondere an Shakespeare im Park?

Das Besondere ist, dass wir mit unseren Stücken auf die Melcherswiese können. Die Stücke, die wir im Bürgerpark spielen, erfahren eine neue Interpretation. Dort spielen alle Elemente mit, ob es der Wind ist, ob es die Tiere sind, die im Tiergehege Geräusche machen. Das ist das große Erlebnis: unter freiem Himmelszelt und vor Hunderten Leuten zu spielen. Das ist eine ganz andere Stimmung als wenn wir im geschlossenen Haus sind. Man kann den Sommer feiern und gleichzeitig die Stücke von Shakespeare genießen.

"Maß für Maß" in Bremen: "Auch Shakespeares Welt war sehr chaotisch"

Bild: Radio Bremen

Autorin

  • Necla Süre
    Necla Süre

Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 7. Juli 2022, 8.20 Uhr