So läuft der Umzug der Bremer Philharmoniker ins Tabakquartier
Die Bremer Philharmoniker ziehen ins Tabakquartier nach Woltmershausen. Ein dreiviertel Jahr Planung steckt hinter dem Umzug.
In den Räumen der Plantage 11 wird gebohrt, geschoben und geschleppt. Laute Zurufe tönen durch die fast leere Halle, und das Dröhnen der Werkzeuge schallt nach draußen. Eine Gruppe von sechs Männern entfernt Podeste, zerlegt Regale und schiebt meterhohe Kisten auf Rollen hinaus – darin: Musikinstrumente. Hier handelt es sich nicht einfach um einen gewöhnlichen Umzug, sondern um den Umzug der Bremer Philharmoniker.
Für den Transport werden Stage Manager und Bühnenbauer engagiert

Von der Plantage in das Tabakquartier in Woltmershausen ziehen unter anderem zehn Kontrabässe, zwei Klaviere, drei Harfen und 65 Notenpulte. Insgesamt sind es rund 300 Instrumente, die ihren Standort wechseln. "Normale" Möbelpacker werden dabei nicht eingesetzt. Stattdessen packen Arvid Haye und seine Crew ordentlich an: "Offiziell bin ich Stage Manager. Wir sind ganzjährig unterwegs auf Tourneen und Konzerten. Wir übernehmen alle möglichen Tätigkeiten von der Organisation bis zum Aufbau", erklärt er. Durch die Erfahrung kennen die Experten die Instrumente, wissen, wie ein Podest aufgebaut wird und können so einen unfallfreien Umzug ermöglichen.
Drei Wochen lang hat Haye das ganze Vorhaben geplant. Die Philharmoniker selbst sind schon seit einem dreiviertel Jahr bei der Vorbereitung. Schließlich muss der Umzug auch terminlich mit Konzerten und Proben koordiniert werden.
Für einige Musikinstrumente gibt es speziell hergestellte Boxen. Für die Harfe zum Beispiel oder die Kontrabässe. Alle anderen werden vorsichtig und fachmännisch in geeignete Kisten verpackt. Nur die Flügel müssen von einem weiteren speziell ausgebildeten Klavierträger transportiert werden. Durch das enorme Gewicht eines Flügels ist der Transport selbst für erfahrene Bühnenbauer wie Arvid Hayes Truppe zu gefährlich.
Das Tabakquartier bietet sogar Raum für Konzerte

Aber warum dieser ganze Aufwand? Das liege unter anderem daran, dass der Hauptspielort der Philharmoniker, die Glocke, kaum vergleichbar mit den vor den Aufführungen genutzten Probenräumen in der Plantage ist. "Es gab immer wieder Dirigenten, die meinten, dass hier die Akustik ganz anders sei, die Stücke klingen dann anders", erklärt die Pressesprecherin der Bremer Philharmoniker, Barbara Klein. "Im Tabakquartier ist nicht nur die Akustik besser, sondern auch die Bühne genauso groß wie in der Glocke, sodass wirklich effektiv geprobt werden kann."
Doch nur als Probenraum soll der neue Standort nicht genutzt werden. Auf einer fast doppelt so großen Fläche wie bisher sollen zukünftig auch Konzerte im Tabakquartier stattfinden. Fast 400 Plätze hat die neu gebaute Zuschauertribüne zu bieten.
Voller Vorfreude blickt Intendant Christian Kötter-Lixfeld auf die kommende Zeit in Woltmershausen: "Vor nicht mal drei Jahren gab es die ersten Gespräche, die längste Zeit war dann die architektonische Planung." Neben dem Konzertsaal beziehungsweise Probenraum finden sich Stimmräume, ein Notenarchiv, ein Foyer und Aufenthaltsräume für die Zuschauer sowie eine Musikwerkstatt für Kinder und Familien in der ehemaligen Fabrik. "Wir haben hier sämtliche technischen Möglichkeiten und bringen Kultur in den Alltag. Der Trend geht weg von extra gebauten Konzerthäusern. Hier sind wir nah an den Anwohnern und können die Kultur in den Alltag integrieren", so der Intendant. Das Gebäude zeige teilweise noch die Relikte der alten Industrie, als die Halle zur Lagerung von Tabakfässern genutzt wurde. Noch ist es alles eine große Baustelle, doch in Zukunft sollen Stücke für Familien, besondere Kammermusik, aber auch spezielle Vorführungen, wie Lesungen oder Projekte mit Schulen und Kitas stattfinden.
Einige Monate noch bis zum ersten Konzert
Ganz ohne Probleme läuft der Umzug allerdings nicht: Der Klaviertransporter für den Flügel fällt beim Umzug wegen der Corona-Pandemie aus, Verzögerungen, die wegen der aktuellen Situation zusammen mit Lieferengpässen immer wieder auftreten.
Alle anderen Teile laden Arvid Haye und seine Mitarbeiter allerdings schon in den Laster. Zwischendurch erfreuen sie sich immer wieder an kuriosen Musikinstrumenten, die in ihren Händen landen. Wann wohl wieder ein Stück mit einem Nebelhorn gespielt wird oder mit holländischen Holzschuhen? Und wo? Neben der Glocke wird nun ja auch Woltmershausen zum Konzertort. Sicher ist nur: In der Plantage verstummen die Orchesterklänge ab jetzt.
Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 13. April 2022, 19:30