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Warum Bremen noch keinen Hitzeschutzplan für die Bevölkerung hat

Die Temperaturen steigen wieder. Doch einen Hitzeaktionsplan gibt es im Land Bremen noch nicht, obwohl er angekündigt wurde. Wann er kommt und wie er helfen soll.

Hitzewellen treten seit Jahren immer häufiger auf. Das gleiche gilt für Forderungen nach entsprechenden Hitzeaktionsplänen für die Bevölkerung. Schon 2017 legte das Umweltbundesamt Handlungsempfehlungen für die Erstellung solcher Pläne vor. Und auch die Bundesärztekammer fordert sie für Länder und Kommunen ein – erst vor drei Wochen auch auf dem Ärztetag in Bremen.

Neu ist die Forderung also nicht. Und in Bremen wird ein entsprechender Plan sogar seit längerem vorbereitet. Das Problem: Seit 2020 verstauben die Projektakten in den Schubladen der Gesundheitsbehörde. "In den vergangenen zweieinhalb Jahren konnte daran nicht wie gewünscht gearbeitet werden, weil die personellen Ressourcen im Gesundheitsressort zur Bewältigung der Pandemie eingesetzt werden mussten", sagt Gesundheitsressort-Sprecherin Diana Schlee gegenüber buten un binnen.

Hitzeaktionsplan in Bremen ab 2023

Die Fertigstellung des Bremer Hitzeaktionsplans plant das Ressort nun bis spätestens 2023. Vor allem gefährdete Gruppen sollen künftig besser an heißen Sommertagen geschützt und informiert werden. Dazu zählen beispielsweise ältere, isoliert lebende und pflegebedürftige Menschen, die sich nicht gut selbst mit genügend Trinkwasser versorgen können. Bei null starte Bremen dabei allerdings auch nicht. "Unsere beiden Gesundheitsämter Bremen und Bremerhaven leisten bereits jetzt viel Beratungsarbeit für die Bevölkerung, um auf richtiges Verhalten in Hitzeperioden hinzuweisen", so Schlee.

Website und App informieren schon jetzt

Ein Obdachloser sitzt im Sommer in einer Fußgängerzone und hält den Hut auf.
Menschen, die sich nicht leicht selbst mit Wasser und Kühlung versorgen können, gelten bei Hitzewellen als besonders gefährdet. Bild: dpa | Friso Gentsch

Joachim Dullin, beim Gesundheitsamt Bremen verantwortlich für umweltbezogenen Gesundheitsschutz, verweist beispielsweise auf die verschiedene Informationsangebote, die Bremen schon jetzt im Netz bereitstellt. Dazu zählen Verhaltensinformationen zum Thema Essen und Trinken bei Hitze ebenso wie Verweise zu bestehenden Maßnahmen, zum Beispiel Refill-Angebote und Trinkwasserbrunnen in Bremen. Von letzteren gibt es im Bremer Stadtgebiet mittlerweile acht – vom Elefantendenkmal am Hauptbahnhof bis zur Vegesacker Fußgängerzone.

Auch die Wetterwarn-App des Deutschen Wetterdienstes empfiehlt Dullin Bremerinnen und Bremern, die zu einer der Risikogruppen zählen. Dort wird nicht nur vor heißen Sommertagen, sondern auch vor anderen Gefahren wie beispielsweise Unwettern oder hoher UV-Belastung gewarnt.

Nebelduschen zur Abkühlung?

Welche zusätzlichen Angebote es in den Bremer Hitzeaktionsplan schaffen, werde nun erörtert. "Wir werden in Bremen das Rad aber nicht neu erfinden", sagt Dullin. Seine Behörde schaue sich daher auch Maßnahmen in anderen Städten an. In Städten wie Wien oder Paris gibt es beispielsweise Nebelduschen, die eine schnelle Kühlung versprechen. Auch das sei in Bremen schon Thema gewesen, aber nicht weiterverfolgt worden.

Der Grund: In Bremen gab es im Herbst 2015 und im Frühjahr 2016 zwei größere Legionellenausbrüche, die zu Lungenentzündungen führen können. Daran erkrankten 45 Menschen in Bremen, drei vorerkrankte und ältere Personen starben. Auch weil sich Legionellen in warmen Wasser besonders vermehren und Nebelduschen als ein Übertragungsort daher nicht auszuschließen sind, hat sich Bremen bislang dagegen entschieden, solche Sprühanlagen bei großer Hitze im Stadtgebiet einzusetzen.

Tabellarische Darstellung des Temperaturanstieges in einem Auto 22° 20° 26° 24° 30° 28° 34° 32° 36° 40° 38° 27° 26° 32° 29° 36° 34° 40° 38° 42° 46° 44° 31° 29° 35° 33° 38° 37° 42° 40° 44° 48° 46° 40° 38° 44° 42° 48° 46° 52° 50° 54° 58° 56° 50° 46° 57° 54° 62° 60° 67° 64° 69° 73° 71° Außen- temperatur 5 Minuten Temperatur im geparkten Auto nach jeweils Auto parkt in der Sonne, alle 4 Scheiben sind ca. 4cm weiter heruntergelassen. 10 Minuten 30 Minuten 60 Minuten
Bild: Radio Bremen / lupologic

Hilfe für Risikogruppen im Fokus

Im Mittelpunkt der Vorbereitungen der Gesundheitsbehörde auf mögliche Hitzewellen stehen in Bremen auch eher die besonders vulnerablen, also gefährdeten Menschen, für die eine gefüllte Flasche mit Trinkwasser und Schatten wichtiger ist. "Hier könnten künftig Konzepte zur Nachbarschaftshilfe oder eine Zusammenarbeit mit Wohlfahrtsverbänden in den Hitzeaktionsplan einfließen", sagt Dullin.

Eine Frau gibt ihrem Hund Wasser aus einer Flasche zu trinken
Auch Tiere sollten bei einer Hitzewelle genügend Wasser und Kühlung bekommen. Bild: dpa | Robert Guenther

Ein Ansatz, den auch Ärzte für sinnvoll halten. "Grundsätzlich müssen wir vor allem auf Personengruppen Acht geben, die sich per se sich nicht komplett eigenständig versorgen können – da sprechen wir von älteren Personen mit Einschränkungen, aber auch von Kindern", sagt Jonas Boelsen, Chefarzt im Bremer Klinikum Links der Weser. Auch auf Tiere müsse geachtet werden.

Boelsen empfiehlt gezielte Schulungen von Pflegepersonal oder Angehörigen. Auch Hausärzten und Krankenkassen, die bereits über Risikofälle informiert seien, müssten in den Hitzeschutz eingebunden werden, indem sie die Betroffenen anriefen oder per Schreiben informierten.

Auch Boelsen rät zudem dazu, von anderen zu lernen. Es gebe ja Gebiete, die mit Hitze schon sehr lange leben. "Was für uns völlig fremd ist, ist zum Beispiel die Siesta", sagt er. Dabei sei sie in Ländern, wo es mittags zu heiß sei, um sich zu bewegen, selbstverständlich. Dafür sei das Leben dort in den Abendstunden aktiver. "Wenn es wirklich eine Hitzewelle gibt, dann könnte sich manches Unternehmen davon vielleicht im Büro inspirieren lassen."

Tee gegen Hitze

Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Morgen, 24. Juni 2022, 6:40 Uhr