Ist es in Bremen schwierig, eine Anzeige bei der Polizei aufzugeben?

Eine Bremerin berichtet über ihren Irrweg zur Anzeige

Bild: dpa | Robert Michael

Beschwerden über die Anzeigeaufnahme häufen sich. Polizeipräsident Dirk Fasse bittet in einem konkreten Fall um Entschuldigung – und kündigt Überprüfungen an.

Corinna Schach geht regelmäßig mit ihrer Hündin Selma am Werdersee spazieren. So auch Ende Mai – als plötzlich ein Radfahrer angeschossen kommt und zunächst hinter ihr Halt macht. Unvermittelt belästigt der Mann sie zuerst und schlägt sie plötzlich ins Gesicht. Schach war fassungslos.

Was dann beginnt, ist ein Irrweg durch den Bremer Süden. Noch vor Ort wählt Corinna Schach die 110 – ohne Erfolg. Sie begibt sich schließlich zur Bereitschaftspolizei an den Niedersachsendamm. Und wird von dort aus weitergeschickt an die Polizeistelle am Flughafen verwiesen. Dort wiederum wird ihr geraten, den Vorfall online anzuzeigen. Dass das gar nicht möglich ist, stellt sie schließlich fest, als sie wieder Zuhause ist.

Einzelfall oder immer wieder Alltag?

Ist das, was Corinna Schach erlebt hat ein Einzelfall oder nicht? Über die Social-Media-Kanäle von buten un binnen fragten wir nach. Wir bekamen dutzende Antworten. Ein paar Beispiele:

Ich habe vor Kurzem eine Anzeige wegen Betrugs gestellt. Ich wurde von dem Polizisten ausgelacht. Er meinte, wegen 100 Euro lohnt es sich gar nicht, eine Anzeige zu stellen

Kommentar bei Social Media

Mir wurde die Scheibe meines PKW eingeschlagen. Ich bin direkt zur nächsten Wache, um eine Anzeige aufzugeben. Dort wurde ich weggeschickt mit den Worten, dass man dafür keine Zeit habe.

Kommentar bei Social Media

Einzelfälle oder nicht? Fakt ist, dass sich die Anzahl der Wachen auf denen Anzeige erstattet werden kann, in den letzten Jahren reduziert hat – die Möglichkeit, eine Anzeige online zu stellen, ist dazu gekommen – allerdings können hier nur kleinere Delikte wie Fahrraddiebstahl gemeldet werden. Für Anzeigen wegen Körperverletzung muss man weiter zum Revier.

Polizeipräsident bittet um Entschuldigung

Bremens Polizeipräsident Dirk Fasse nahm im Interview mit buten un binnen zum Fall von Corinna Schach Stellung. Den Fall kenne er, dass sei keine gute Polizeiarbeit gewesen. "Bitte nehmen Sie meine Entschuldigung entgegen", so Fasse weiter. Es müsse sich etwas ändern. "Wir nehmen das zum Anlass, unsere Erreichbarkeit und Anzeigeannahme zu überprüfen."

Zugleich hob der Polizeipräsident hervor, dass Bremen ein vielfältiges Polizeiangebot habe. "Es gibt mehrere Möglichkeiten, Anzeigen zu erstatten. Online, auf der Wache oder per Telefon. Das ist ein positives Angebot." 70.000 Anzeigen würde Bremens Polizei pro Jahr notieren und 300.000 Anrufe führen. "Aber es gibt negative Fälle, die nehmen wir ernst", so Fasse weiter.

Auf die Frage, ob der Polizei Personal fehle, sagte Fasse: "Das Personal entwickelt sich in der Bremer Polizei. Wir sind da sehr einig mit der Politik und auch mit unserem Senator. Das wird aufwärts gehen." Ein anderes Thema sei Technik. Er wünsche sich für alle Mitarbeiter, dass sie mit Smartphones unterwegs sind und Anzeigen auch mobil entgegennehmen können. "Da können wir noch ein bisschen mehr machen."

"Keine gute Polizeiarbeit“ – Bremer Polizeipräsident entschuldigt sich

Bild: Radio Bremen

Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 14. Juni 2022, 19:30 Uhr