So will Bürgermeister Bovenschulte Bremen zu mehr Geld verhelfen

Ein Schuldenfond soll Bremen finanziell entlasten. Bovenschultes Idee findet auch die Opposition gut. Wenn so viel Einigkeit herrscht, kommt der Fonds dann sicher?

Ein Fächer aus verschiedenen Geldscheinen am Marktplatz vor dem Bremer Rathaus.
Ächzt unter einer drückenden Zinslast: Bremen. Bild: Radio Bremen | Arne Helms, Martin von Minden, Montage

Für anstehenden Haushaltsverhandlungen hat Andreas Bovenschulte (SPD) "Enttäuschungen" angekündigt. Bremen könne nicht alles zugleich finanzieren. Allerdings hat er eine Idee, wie der Zwei-Städte-Staat auf lange Sicht seinen Handlungsspielraum erweitern könnte: mithilfe eines zentralen Altschuldenfonds.

In diesem Jahr werden das Land Bremen sowie die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven zusammen mehr als 600 Millionen Euro für Zinsen ausgeben. Jeder Euro, den wir hier sparen könnten, würde helfen.

Andreas Bovenschulte, Bürgermeister Bremen

Das ist die Idee: Bündelten alle Kommunen, Länder und der Bund ihre Schulden in einem großen Fonds, so hätte dieser Fonds eine enorme Marktmacht. Er könnte günstigere Zinsen aushandeln als es den einzelnen Ländern und Kommunen möglich ist. Die Ersparnis wäre immens, glaubt der Regierungschef.

Konkrete Zahlen nennt er zwar nicht, sagt aber: "In diesem Jahr werden das Land Bremen sowie die Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven zusammen mehr als 600 Millionen Euro für Zinsen ausgeben. Jeder Euro, den wir hier sparen könnten, würde helfen."

Zuspruch aus der Koalition – und von der Oppostion

Mit dieser Einschätzung steht Bovenschulte keinesfalls allein dar. "Nicht falsch" sei, was der Bürgermeister da vorhabe, sagt Björn Fecker, Fraktionsvorsitzender der Bremer Grünen. Auch Klaus-Rainer Rupp, finanz- und haushaltspolitischer Sprecher der Bremer Linksfraktion begrüßt den Vorschlag des Bürgermeisters.

Einen Altschuldenfonds hatte die CDU Bremen schon 2013 vorgeschlagen.

Jens Eckhoff, finanzpolitischer Sprecher CDU Bremen

Sogar aus der Oppostion erfährt Bovenschulte Zuspruch. Thore Schäck, finanzpolitischer Sprecher der FDP, hält "die Idee eines Altschuldenfonds für praktikabel und denkbar". Jens Eckhoff, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, sagt: "Einen Altschuldenfond hatte die CDU Bremen schon 2013 vorgeschlagen."

Lediglich der AFD-Abgeordnete Thomas Jürgewitz lehnt den Vorschlag ab: "Letztlich macht sich Herr Bovenschulte und seine SPD frei von einer völlig verfehlten Verschuldungspolitik der letzten Jahrzehnte." Das sei unseriös, sagt Jürgewitz.

Bayerns Ministerpräsident spottete über früheren Vorstoß

Trotz des breiten Zuspruchs in der Bremischen Bürgerschaft bleibt fraglich, ob es je zu Bovenschultes Altenschuldenfonds kommen wird. Die Schlüsselfrage lautet, wie der Fonds aussehen müsste, damit er nicht nur in Bremen, sondern auch im Bund und bei den reichen Bundesländern auf Zustimmung stieße.

Denn dort ist Bovenschulte schon einmal mit der Idee von einem Altschuldenfonds abgeblitzt. Im Jahr 2013 veröffentlichte die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung einen Aufsatz mit dem Titel: "Ein Fonds zur Tilgung der Altschulden der Länder und Kommunen – den Finanzföderalismus solidarisch und nachhaltig gestalten". Die Autoren des Beitrags hießen: Andreas Bovenschulte, Erster Gemeinderat der Gemeinde Weyhe, Carsten Sieling, Mitglied des Deutschen Bundestages sowie Rudolf Hickel, Professor für Wirtschaftswissenschaft mit Schwerpunkt Finanzwissenschaft der Universität Bremen.

Prof. Rudolf Hickel
Unterstützt Andreas Bovenschulte bei seinem Vorstoß, einen Altschuldenfonds einzurichten: Rudolf Hickel. Bild: Radio Bremen

"Vor allem die Kommunen und klammen Länder sollten von Altschulden entlastet werden", beschreibt Hickel den Grundgedanken hinter dem Aufsatz. Doch das Bremer Modell sei mit den anderen Ländern nicht machbar gewesen. Insbesondere Markus Söder (CSU), damals Finanzminister in Bayern, habe gegen den Vorschlag polemisiert, zumal gegen die Idee, den Fonds aus Mitteln des Solidarpakts zu finanzieren: "Der Soli ist kein Selbstbedienungsladen für SPD-Länder", soll Söder damals gespottet haben.

Bovenschulte sieht zurecht Handlungsbedarf.

Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel

Zwar ist der Länderfinanzausgleich inzwischen mit Wirkung zum Jahr 2020 neu geregelt worden. Dennoch glauben Bovenschulte und Hickel weiterhin, dass es sinnvoll wäre, alle Schulden der Gebietskörperschaften in einen Topf zu legen: "Das erhöht die Handlungsmacht auf den Kapitalmärkten und kann zu besseren Zinskonditionen führen", erläutert der Ökonom.

Kommunen in der Bredouille

Wobei Hickel gegenwärtig eher die Kommunen in der Bredouille sieht als die Bundesländer. Er betont, dass Bremen und das Saarland zum Ausgleich für ihre hohe Schuldenlast jährlich 400 Millionen Euro vom Bund bekämen, die auch zur Schuldentilgung gedacht seien. "Für die Altschuldenlast der Kommunen gibt es jedoch keine Regelung", sagt der Wissenschaftler.

Dabei stelle die Überschuldung vieler Kommunen schon jetzt ein Problem dar, wie man etwa an Lilienthal und Worpswede sehe. "Wenn die Zinsen wieder steigen, wird die Last kaum verkraftbar", prognostiziert Hickel und fordert daher "eine dauerhafte Lösung der Altschulden der Gebietskörperschaften." Der Fiskus müsse einen Beitrag leisten, um einheitliche Lebensverhältnisse herzustellen.

In Anlehnung an Bovenschulte schlägt Hickel daher vor: "Gegründet wird ein Altlastenfonds, und der wird aus Steuermitteln bezogen auf die Zinslasten finanziert. Dies bringt auch Entlastung bei der Schuldenbremse."

Ob sich Bund und Länder aber auf einen derartigen Altlastenfonds einlassen, bleibt ungewiss. Thore Schäck aus der Bremer FDP-Fraktion vermutet, "dass es eine nette Idee bleibt."

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Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Tag, 6. September 2019, 23:30 Uhr

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