Fragen & Antworten

Bremerhaven testet ungewöhnliche Shopping-Methode gegen Leerstand

Immer mehr Läden stehen leer. Viele shoppen lieber online. Die Hochschule Bremerhaven will den stationären Handel nun mit einer überraschenden Idee retten.

"R3 - Resilient, Regional, Retail in der Metropolregion Nordwest" heißt das Forschungsprojekt der Hochschule Bremerhaven, das sich mit Möglichkeiten befasst, wie der stationäre mit dem Onlinehandel verschmelzen und so wettbewerbsfähiger gemacht werden kann. Eine Idee sind sogenannte "Allgemeinläden". Zwei davon gibt es schon in Bremerhaven.

Wie sieht die Idee der Hochschule aus?

In Schaufenstern von leer stehenden Läden können Geschäftsleute ihre Produkte ausstellen. Daneben hängen QR-Codes. Wem ein Produkt gefällt, der kann den QR-Code mit dem Smartphone scannen und landet im besten Fall direkt im Online-Shop des Anbieters. Alternativ öffnet sich eine Plattform, die mehr Infos liefert, etwa, aus welchem Laden das Produkt kommt und wann der Laden geöffnet ist. Die Idee: Auch nach Ladenschluss ist ein Schaufensterbummel möglich und man kann einkaufen, obwohl die Läden geschlossen sind.

Die "Allgemeinläden" sollen eine Ergänzung sein zu Online-Shopping und dem stationären Handel. Letztendlich sei auch das übergeordnete Ziel, eine Shopping-Plattform für regionale Händler zu schaffen, sagt Benjamin Wagner vom Berg, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Leiter des Projektes. Zukünftig sollen eine Bestell- und Bezahlmöglichkeit sowie die Option der regionalen Lieferung mit Lastenrädern integriert werden. Die "Allgemeinläden" gibt es bisher in Bremerhaven am Theodor-Heuss-Platz in der Innenstadt und in der "Wunderwerft" in der Hafenstraße sowie in Elsfleth und in Brake.

Wie zufrieden sind die Initiatoren?

Dem Ziel, eine lokale Einkaufsplattform zu schaffen, komme man so schneller näher, sagt Wagner vom Berg. Es habe schon mehrfach Versuche gegeben, eine solche Plattform zu integrieren, die seien aber am mangelnden Interesse der Geschäftsleute gescheitert. "Es ist einfacher, Einzelhändler anzusprechen mit einer Schaufensterfläche, an der sie partizipieren können, als ihnen zu sagen: Ihr könnt auf diese Plattform kommen", schildert er.

Auch Miriam Gieseking von der Quartiermeisterei Lehe, die mit für die "Wunderwerft" verantwortlich ist, sieht diesen Vorteil: "Unser Ziel mit der 'Wunderwerft' ist es, die Gewerbetreibenden auf der Hafenstraße umfassend zu unterstützen. Dabei haben wir festgestellt, dass viele lokale Geschäfte noch wenig oder gar nicht digital präsent sind", sagt sie. Gieseking hofft, dass der "Allgemeinladen" für einige der Einstieg in eine eigene Homepage oder einen eigenen Shop wird.

Es ist einfacher, Einzelhändler anzusprechen mit einer Schaufensterfläche, an der sie partizipieren können, als ihnen zu sagen: Ihr könnt auf diese Plattform kommen.

Eine Porträtaufnahme von Benjamin Wagner vom Berg, Experte für die Enquete-Kommission
Benjamin Wagner vom Berg, Leiter des Projektes der Hochschule Bremerhaven

Was sagen die Händler?

Bei dem ersten Versuch im Dezember am Theodor-Heuss-Platz haben nur drei Geschäftsleute mitgemacht. Jetzt gibt es den zweiten Versuch in der Hafenstraße in der "Wunderwerft", da sind es immerhin zwölf Händler. Eine Teilnehmerin ist Anne von Bestenbostel mit ihrer Buchhandlung "Memminger". Sie sagt, es sei einen Versuch wert, schließlich koste die Teilnahme nichts. "Man weiß eigentlich vorher nie genau, was dabei raus kommt. Aber ich finde, alles was den Einzelhandel stützt oder was sich gut entwickeln kann, sollte man erstmal ausprobieren."

Sie sagt aber auch, dass sie erstmal nicht viel erwarte. Beim ersten Versuch etwa sei das Schaufenster nicht attraktiv dekoriert gewesen. Wagner vom Berg sagt dazu, dass es hier auch auf das Engagement der Einzelhändler ankomme. Nur wenn die mit anpacken würden und das Schaufenster ansprechend gestalten würden, könne das Projekt ein Erfolg werden.

Autorinnen

Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Das Wochenende aus Bremerhaven, 27. Februar 2022, 11:40 Uhr