6 Spitzenkandidaten, 3 Topthemen: Hitziger Showdown vor Bremen-Wahl

Wahl-Mobil aus der Aladin Music Hall: Wer kann Bremens Probleme lösen?

Bild: Radio Bremen

Moderator Felix Krömer hat mit Bremens Spitzenkandidaten zu Themen wie Bildung, Verkehr und Sicherheit getalkt – die Debatte verlief feurig und überraschend.

Kurz vor der Bürgerschaftswahl am kommenden Sonntag, 14. Mai, haben sich die Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten noch einmal den wichtigsten Wahlkampf-Fragen gestellt. Durch die Sendung im Bremer Tivoli führte Moderator Felix Krömer von buten un binnen.

Wahlmobil-Sendung im Bremer Aladin mit vielen Zuschauenden
Beim Wahl-Mobil-Talk im Tivoli in der Aladin Music Hall traten die Spitzenkandidatinnen und -kanditaten der Bremer Parteien gegeneinander an. Bild: Radio Bremen

Er stellte den Talk-Gästen Frank Imhoff (CDU), Andreas Bovenschulte (SPD), Maike Schaefer (Grüne), Kristina Vogt (Linke), Thore Schäck (FDP) und Piet Leidreiter (Bürger in Wut) dabei zahlreiche Fragen der Zuschauer von buten un binnen, der Radio-Bremen-Meinungsmelder und der Nutzerinnen von butenunbinnen.de.

Die drei Kernthemen des Abends waren jene, die in der jüngsten, repräsentativen Umfrage "Bremen-Trend Mai 2023" von Infratest dimap von den Bremerinnen und Bremern als wichtigste Probleme im Land Bremen genannt worden sind: Bildung, Verkehr und Sicherheit.

1 Bildung: Streit um Schulnoten und Fachkräftemangel

Schon die Zuschauerfrage, wie Bremen die im Bundesvergleich auftretenden Leistungsdefizite der Schülerinnen und Schüler aufholen will, führte zu einer hitzigen Debatte. Schnell ging es dabei um die Vergabe von Schulnoten. Während Maike Schaefer (Grüne) und Kristina Vogt (Linke) sich gegen Schulnoten positionierten, sprachen sich Frank Imhoff (CDU), Thore Schäck (FDP) und Piet Leidreiter (BiW) klar für die Benotung von Schülern spätestens ab der dritten Klasse aus.

Der FDP-Spitzenkandidat Thore Schäck während der Diskussion im Aladin
Der FDP-Spitzenkandidat Thore Schäck während der Diskussion im Aladin. Bild: Radio Bremen

"Das klingt alles total nett", sagte Thore Schäck zu den Ausführungen der Grünen-Spitzenkandidatin Maike Schaefer. Die Abkehr vom Leistungsprinzip sei allerdings der Grund, weshalb Bremen seit Jahren bei den Vergleichstest hinterherhinke. "Ich finde es nicht schlimm, wenn man Kindern klar aufzeigt, wo bist du gut und wo bist du schlecht", sagte Schäck. SPD-Spitzenkandidat Bovenschulte sprach sich hingegen dafür aus, die Schulen selbst entscheiden zu lassen, ob sie Noten vergeben.

Kritik an schwachen Bildungstests

Kritik an den vergleichsweise schwachen Ergebnissen Bremer Schülerinnen und Schüler wurde Bovenschulte und der SPD im Talk nicht nur von der FDP, sondern auch von den Bürgern in Wut entgegengebracht. "Wenn man zwanzig Jahre bei Pisa auf Platz 16 ist, dann muss man erkennen, dass etwas verkehrt ist", sagte BiW-Spitzenkandidat Leidreiter. Er forderte eine Abkehr vom Konzept der Einheitsschule, wie es in Bremen mit den Oberschulen verfolgt werde. Außerdem sprach er sich für das Sitzenbleiben aus.

Bovenschulte wiederum warb für eine "differenzierte Betrachtung" der Situation. So sei der Anteil der Schülerinnen und Schüler, die aus einem Haushalt kämen, in denen Deutsch nicht als Muttersprache gesprochen werde, in Bremen erheblich höher sei als beispielsweise in Bayern.

Mehr Geld für Fachkräfte

Der BiW-Spitzenkandidat Piet Leidreiter führt im Wahl-Mobil seine Ansichten aus
Der BiW-Spitzenkandidat Piet Leidreiter führt im Wahl-Mobil seine Ansichten aus. Bild: Radio Bremen

Auch für die Bekämpfung des Fachkräftemangels im Bildungssektor hatten die Talk-Gäste manchen Vorschlag parat. BiW-Kandidat Leidreiter forderte beispielsweise eine bessere Langfristplanung, CDU-Politiker Imhoff mehr Ausbildungskapazitäten an der Uni und eine höhere Zahl an Referendariatsplätzen für angehende Lehrkräfte. Grünen-Spitzenkandidatin Schaefer sprach sich für geringere Hürden bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen aus, Linken-Politikerin Vogt betonte die Bedeutung einer bezahlten Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher. Und SPD-Kandidat Bovenschulte wies darauf hin, dass die Regierung die Bezüge für Grundschullehrerinnen und -lehrer bereits auf die Gehaltsstufe A13 erhöht habe, um im Wettbewerb um Lehrkräfte mit anderen Bundesländern mithalten zu können.

2 Verkehr: Wie sinnvoll sind Ausbau von ÖPNV und Ladeinfratruktur?

Beim Thema Mobilität spielten die Streitthemen der vergangenen Jahre und Monate wie die Verkehrsversuche an der Martinistraße und der Bau der Radpremiumroute am Wall im Talk eine untergeordnete Rolle. Moderator Felix Krömer lenkte die Diskussion vor allem auf zwei Themen, die im Vorfeld unter anderem von den Radio-Bremen-Meinungsmeldern thematisiert worden waren.

Die Linke-Spitzenkandidatin Kristina Vogt in der Diskussion
Die Linke-Spitzenkandidatin Kristina Vogt in der Diskussion mit den anderen Spitzenkandidaten und -kandidatinnen. Bild: Radio Bremen

So fragte er seine Gäste nach deren Haltung zu einem "kostenlosen ÖPNV". Wobei schnell deutlich wurde, dass keine der Kandidatinnen und Kandidaten diesen im Wortsinne unterstützen. "Von der Idee her finde ich das eigentlich ganz gut", sagte beispielsweise Piet Leidreiter (BiW). Man dürfe dann allerdings nicht von "kostenlos", sondern müsse von "steuerfinanziert" sprechen.

"Das überrascht mich jetzt", entgegnete Thore Schäck (FDP) angesichts dieser Aussage des BiW-Politikers. Schäck wiederum betonte, dass vor allem der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs wichtig sei, nicht ausschließlich günstige Tarife. Hier vertrat der FDP-Politiker eine ähnliche Ansicht wie Grünen-Verkehrssenatorin Maike Schaefer – an diesem Abend eher ein seltener Moment.

Statt von "kostenlosem" ÖPNV wollte auch Linken-Spitzenkandidatin Kristina Vogt lieber von einem "ticketlosen" Personennahverkehr sprechen, der am Ende auch finanziert werden müsse.

Uneinigkeit über Elektromobilität

Ein weiteres vom Publikum angesprochenes Thema war darüber hinaus die Elektromobilität. Hier ging es zum Beispiel um die Frage, wo die vielen Ladesäulen herkommen sollen, die im Zuge der Umstellung auf die Verkehrswende gebraucht würden.

Andreas Bovenschulte während der Wahlmobil-Debatte
Auf vier Säulen möchte SPD-Spitzenkandidat Andreas Bovenschulte künftig die Ladeinfrastruktur von Elektroautos in Bremen stellen. Bild: Radio Bremen

SPD-Spitzenkandidat Andreas Bovenschulte verwies auf das Konzept der bisherigen Regierung, bei der Ladeinfrastruktur – neben privaten Wallboxen – nicht nur auf Ladesäulen im öffentlichen Raum zu setzen, sondern zusätzlich auch den halböffentlichen Raum zu erschließen. "Da sprechen wir zum Beispiel von Supermarktparkplätzen", sagte Bovenschulte. Aber auch die Parkplätze von betrieblichen Arbeitsstätten ließen sich als Standorte nutzen.

"E-Mobilität finde ich super", ergänzte Maike Schaefer. Es werde allerdings das Problem mit der Mobilität nicht lösen. Weshalb Konzepte wie Carsharing, bei dem in Bremen in Carsharing-Fahrzeug 16 Autos ersetze, vorangetrieben werden müssten.

Dies wiederum nahm Thore Schäck von der FDP zum Anlass, "diese Hau-Ruck-Politik gegen das Auto" scharf zu kritisieren. Eine schnelle Umstellung auf E-Mobilität sah er ebenfalls kritisch. "Das werde nicht funktionieren", sagte der Freidemokrat. Daher werde es auch in Zukunft in den unterschiedlichen Ausprägungen Verbrenner geben. Hier pflichtete ihm Piet Leidreiter als Kandidat der Bürger in Wut bei. "Wir finden Elektroautos gut, aber nur als Zwischenlösung. Wir setzen klar auf Wasserstoff."

Hitzige Debatte um aufgesetztes Parken

Hitzig wurde die Debatte, als die Diskussion hin zum aufgesetzten Parken schwenkte. "Wir haben 300.000 Autos in Bremen", sagte ein erregter Thore Schäck (FDP) zur Frage, wo die Autos hinsollten. "Sagen Sie das den Rollstuhlfahrern", entgegnete Maike Schaefer (Grüne), bevor Moderator Felix Krömer die Gemüter wieder etwas beruhigte.

3 Sicherheit: Brennpunkt Hauptbahnhof

Die Situation am Bremer Hauptbahnhof prägte die Debatte bei diesem Thema. Wobei es dem Publikum vor allem um die wahrgenommene Kriminalität und die Drogenszene ging.

CDU-Spitzenkandidat Frank Imhoff während der Diskussion im Aladin.
CDU-Spitzenkandidat Frank Imhoff erklärte, dass die Arbeit von Polizei und Justiz durch Digitalisierung beschleunigt werden solle. Bild: Radio Bremen

CDU-Spitzenkandidat Frank Imhoff betonte, dass seine Partei die Zahl der Polizisten auf 3.000 erhöhen und durch Digitalisierung die Arbeit von Polizei und Justiz beschleunigen wolle. Damit vertrat er allerdings keine kontroverse Meinung. Selbst Linken-Politikerin Kristina Vogt wünschte sich "eine schnellere Ansprechbarkeit und mehr Präsenz der Polizei vor Ort".

Der Spitzenkandidat der Bürger in Wut, Piet Leidreiter, warb hingegen dafür, dass "Intensivstraftäter im Notfall in geschlossenen pädagogischen Heimen untergebracht werden." Dabei müssten die Freiheitsinteressen der jugendlichen Straftäter und der älteren Menschen abgewogen werden, so der BiW-Politiker.

Keine einfachen Lösungen für den Hauptbahnhof

SPD-Spitzenkandidat Andreas Bovenschulte betonte, dass es am Bahnhof in den vergangenen drei Monaten massive Verbesserungen gegeben habe, gerade weil die Polizei dort ihre Präsenz inzwischen deutlich erhöht habe.

Grüne-Spitzenkandidatin Maike Schaefer mit Mikrofon während einer Debatte
Hitziger wurde die Debatte zwischen der Grüne-Spitzemkandidatin Maike Schaefer und Thore Schäck (FDP). Bild: Radio Bremen

Bei der Drogenpolitik sei die Devise seiner Partei: "Härte für Dealer, Hilfe für Drogenabhängige", so Bovenschulte. Wer glaube, dafür gebe es einfache Lösungen, der sei schief gewickelt. Linken-Spitzenkandidatin Kristina Vogt betonte in diesem Zusammenhang die Bedeutung, drogenabhängigen Menschen alternative Räume bereitzustellen. Denn würde dies nicht geschehen, verlagerte sich das Geschehen einfach nur. "Wir brauchen daher immer sowohl therapeutische Angebote als auch Aufenthaltsplätze", so Vogt.

Kontroverse Debatte um Alkoholverbot

Kontrovers diskutierten die Kandidatinnen und Kandidaten zuletzt um ein Alkoholverbot am Hauptbahnhof, wofür die CDU jüngst einen Antrag in der Bürgerschaft gestellt hatte. "Ich halte das für Quatsch", sagte Thore Schäck (FDP). Denn ein Verbot sei immer nur so gut, wie man es auch kontrollieren könne. Ähnlich äußerte sich auch Kristina Vogt (Linke): "Man sollte nichts versprechen, von dem man weiß, dass man es nicht durchsetzen kann." Und Andreas Bovenschulte wies darauf hin, dass es schwierig sei, ein Alkoholverbot rechtssicher und praktikabel durchzusetzen. An den Haltestellen sei es aber sinnvoll, so der SPD-Politiker.

"Alkoholverbote vor Ort bringen nichts", sagte Maike Schaefer (Grüne) und warb stattdessen für Platzverbote für alkoholisierte und drogensüchtige Menschen.

Nur Piet Leidreiter von den Bürgern in Wut sprach sich für ein generelles Alkohol- und Drogenverbot aus.

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Bild: Radio Bremen

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Dieses Thema im Programm: buten un binnen, 9. Mai 2023, 19:30 Uhr